Tender Bar
– Steve und Nixon. »Noch die Statue von Secretariat könnte die Pferde hier schlagen«, sagte Cager und zeigte auf die Stelle, an der sich Secretariat vom übrigen Feld abgesetzt hatte. Im Geiste sah ich, wie das Pferd mehrere Footballfelder zwischen sich und dem Rest legte. Ich hörte die Menge und spürte tausend Augenpaare, die auf ein kämpfendes galoppierendes Tier gerichtet waren. »Den Leuten standen Tränen in den Augen«, sagte Cager mit Tränen in den Augen. »An der Ziellinie lag er einunddreißig Längen vorn! Einunddreißig. Er war hier – der Rest dort hinten. Was für eine Leistung. Immer wenn sich ein Athlet von der Meute absetzt, verspüre ich fast einen Schauder. Dieser Mut.«
Mir fiel auf, wie Cager das Wort Mut betonte, und mir wurde klar, dass Mut einiges wettmachen kann. All die Einzelheiten beim Pferderennen – Geschwindigkeit und Talent und Gewicht und Wetter – all die Faktoren, die über Sieg oder Niederlage entscheiden, waren nichts verglichen mit Mut. Ich wünschte mir den Mut eines Secretariat. Natürlich war es lächerlich, ein Pferd zu beneiden, aber dennoch wäre es schön, von einem Mann wie Cager respektiert zu werden. Musste ich ein Gewinner sein, um das zu erreichen? Oder ging es eher darum, sich von der Meute abzusetzen?
Beim letzten Rennen hatten McGraw und ich unser gesamtes Geld verloren. »Ihr wolltet genug für Irland gewinnen«, sagte Cager. »Und jetzt reicht es nicht mal für einen Irish Coffee. So ist das beim Pferderennen, Jungs.«
»Aber für eine heiße Brezel reicht es noch«, sagte McGraw stolz und hielt drei zerknitterte Dollarscheine hoch. Am Brezelstand draußen vor der Rennbahn wandte sich McGraw zu mir. »Die da sieht verbrannt aus«, sagte er und zeigte auf eine qualmende Brezel. »Willst du nicht die Times anrufen?«
»Aua«, sagte Cager.
Später am Abend, nach der Sperrstunde, versuchten McGraw und ich im Publicans, einen Teil unseres Geldes beim Liars’ Poker zurückzugewinnen. Die anderen Spieler waren Cager, Colt, Don, Fast Eddy, Jimbo und Peter, der Thekendienst hatte. »Wie läuft’s mit dem Schreiben?«, fragte mich Peter.
»Besser denn je.«
»Wirklich?«
»Nein-aber wir spielen Liars’ Poker. Kapiert?«
Er und McGraw sahen mich voller Mitleid an.
Onkel Charlie nahm einen Schein vom Stapel und klebte ihn sich an die Stirn wie Johnny Carson in seiner Rolle als Carnac the Magnificent.
»Ohne hinzusehen«, meinte er, »sage ich drei Vieren an.« Dann starrten wir auf den Schein und zündeten ein Streichholz an, um etwas zu sehen, denn in der Bar waren alle Lichter aus.
»Vier Fünfen.«
»Fünf Achten.«
»Zeigen.«
Im Morgengrauen hielt der Milchwagen am Hintereingang. »Letzte Runde«, sagte Cager. McGraw und ich gaben Peter ein Trinkgeld, zählten unser Geld und stellten fest, dass wir die großen Gewinner waren. Für Irland reichte es nicht, aber wir hatten genug, um wieder nach Belmont zu gehen. Auf dem Heimweg trug ich unseren Gewinn, hunderte Eindollarscheine, wie einen Haufen toter Blätter. Ich betrachtete den Mond. Der Mond ist wunderschön, sagte ich zu McGraw. Auch egal, sagte er. Wir müssen dem Mond ein Trinkgeld geben, weil er so schön ist, sagte ich und warf sämtliche Geldscheine in die Luft, schleuderte sie so hoch ich konnte in den Himmel und stand dann mitten auf der Plandome Road, die Arme ausgebreitet, und drehte mich im Kreis, während sie herabregneten.
»Was verdammt soll das?«, sagte McGraw, rannte im Kreis um mich und sammelte die Scheine auf. Als er einem Dollar hinterher jagte, der auf dem gelben Doppelstreifen davonflatterte, wäre er fast vom Milchwagen überfahren worden. »McGraw von Milchwagen überfahren«, sagte ich. »Also, wenn das kein Witz ist.«
Ein paar Stunden später kam McGraw zu mir, als ich auf der hinteren Treppe saß, einen Kaffee trank und mir den Kopf hielt. »Mann«, sagte er und zündete sich eine Zigarette an, »so betrunken hab ich dich noch nie erlebt.«
Dann hatte er offenbar noch nicht viel erlebt.
41 | HUGO
Als Tante Ruth ihre Pläne durch unser nächtliches Verstecken im Publicans vereitelt sah, eröffnete sie eine zweite Front. Sie fing an, sich bei ihrer Arbeit als Empfangsdame in der City krank zu melden. Jetzt konnte sie McGraw den ganzen Vormittag und Nachmittag anbrüllen. McGraw flehte sie an, ihn in Ruhe zu lassen, aber sie versprach, erst Ruhe zu geben, wenn er sich an der Schulter operieren lassen und weiter Baseball spielen würde. McGraw
Weitere Kostenlose Bücher