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Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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krummen Holzpfosten und Flechtwerk dazwischen. In einem Winkel lag ein verrottender, stark miefender kleiner Misthaufen. Keine Scheune, kein Schuppen. Offenbar wurden die Tiere über den Winter im Haus gehalten.
    Meine Familie hatte ein altes Haus oben in Clearwater bewohnt, das diesem ähnlich gewesen war, bevor wir ein besseres bezogen hatten. Ein Kuhstall in einer Hälfte, die Familie in der anderen, getrennt durch eine Wand. Ich fragte mich, ob dieses ärmliche Haus eine Trennwand besaß. Ich schätzte seine Maße ab. Vielleicht zwanzig Schritte lang, zwölf breit. Mit dem eingetieften Boden vielleicht hoch genug für eine Schlafplattform unter dem Dach. Das würde ausreichend Raum für eine Familie schaffen. Vielleicht gab es Kinder.
    Wenn es so war, dann wurden sie sehr ruhig gehalten.
    Wir durchwateten den Fluss und versuchten nicht daran zu denken, wie das kalte, saure Moorwasser auf den Stahl an unseren Beinen wirkte. Oder dass die Möglichkeit eines Hinterhaltes bestand. Es war nicht auszuschließen, dass der Mann drei oder vier Armbrüste hatte, dazu vielleicht zwei oder drei Schützen. So viele Leben würde er in der Hand haben und Raol würde das seine als Erster geben müssen. Ich gelobte, dass seine Hütte brennen und er darin geröstet werden sollte, wenn er es versuchte.
      Aber es gab keine Schwierigkeiten. Wir erreichten den Pferch, hielten an und tauschten unbehagliche Blicke. Das Gesicht des Grafen spiegelte Missvergnügen, die Lippen waren zusammengepresst und blutleer, die Augen zusammengekniffen. Nun, für ihn war es sicherlich eine Demütigung, um Erlaubnis fragen zu müssen, bevor er zur Tür einer armseligen Bauernkate ging. Andererseits war er es gewohnt, um Erlaubnis zu bitten, wobei es freilich einen Unterschied machte, ob er es mit seinem Lehnsherrn Nathan oder einem gewöhnlichen Bauern zu tun hatte.
    Bald wurde uns klar, warum der Bauer uns beim Pferch hatte halten lassen. Seine Haustür öffnete sich zu uns, und er konnte ihr massives Holz als Schutzschild zwischen uns und ihm selbst benutzen. Er schaute mit einer Körperhälfte dahinter hervor.
    Ein großer, kräftiger Mann, viel größer als ich. Eine ungekämmte, wirre blonde Mähne, von der Sonne gebleicht. Aber die Waffe, die er in den Händen hielt, fesselte meine Aufmerksamkeit mehr. Eine Armbrust mit einem dicken, kurzen Bogen aus brüniertem Stahl und mit einem eisernen Bolzen in der Rinne. Und der Kolben bestand gleichfalls aus Metall, nicht aus Holz. Ein Klinkenrad und zwei Spannhebel, die abwechselnd arbeiteten, um den Bogen neu zu spannen. Wenigstens hielt er sie aufrecht.
    Aber ich hätte schwören mögen, dass dieses Ding das Werk von Kobolden war. Auch Schwester Winterridge beobachtete ihn, und ihre Miene verriet zunehmenden Schrecken.
    Wenn er ihre Empfindungen teilte, ließ er es sich nicht anmerken. Er grinste ihr zu; weiße Zähne blitzten im buschigen Dickicht seines Bartes.
    »Einen schönen guten Tag, edle Dame«, sagte er, und wieder fiel mir seine seltsame Betonung der Vokale auf. Vielleicht übertrieb er sie um der Wirkung willen. Ihre Züge waren aufs Äußerste gespannt. Sie sagte etwas, leise, in einer mir unbekannten Sprache.
      Er antwortete in der gleichen Sprache, fuhr dann aber mit einer uns alle einschließenden Gebärde fort: »Es ist am besten, wenn jeder das Gespräch versteht. Ich heiße Sie in Frieden willkommen.« Ohne den Blick von uns zu wenden, wandte er den Kopf und rief ins Haus: »Bier und Brot. Und Käse.«
    Keine Antwort von drinnen. Er hob das Kinn und grinste noch breiter. »Beweg dich, Frau. Wir haben Gäste.«
    »Vielleicht wäre es am besten, guter Mann, wenn wir in Frieden unserer Wege gingen, ohne Sie weiter zu stören. Wir würden Ihre Nahrung nicht annehmen, obwohl wir Ihnen danken.«
    Ruane sagte es steif und förmlich, mit einer angedeuteten Verbeugung. Wirklich vornehm.
    »Er hat es eilig, weiterzukommen«, murmelte ich Silvus aus dem Mundwinkel zu. Er zuckte die Achseln.
    Wir nahmen das Haus genauer in Augenschein. Die offene Tür zeigte, wie dick die Wände waren, wie solide das Dach. Nicht leicht zu erstürmen, wenn der Eingang entschlossen verteidigt wurde, und auch nicht leicht in Brand zu setzen. Die Söldner kratzten sich und dachten anscheinend an nichts. Wir anderen warteten ab, dankbar für die Unterbrechung, die unsere Gedanken mit etwas anderem als dem wundgeriebenen Sitzfleisch beschäftigte.
    Nur Schwester Winterridge machte eine Ausnahme. Sie hatte dem Haus

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