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Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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und seinem Bewohner den Rücken gekehrt und starrte an mir vorbei über den Fluss, als könnte sie beides, den Mann und sein Haus, mit einer Willensanstrengung ins Nichts befördern. Aber der hünenhafte Mann war wirklich genug.
    »Sie bereiten uns keine Umstände, Herr Ritter«, sagte er unbekümmert. »Ich möchte mir nicht nachsagen lassen, dass ich die ersten Reisenden, die in drei Jahren hier vorbeigekommen sind, ungastlich behandelt hätte. Es ist genug da, und mehr als genug. Es war ein gutes Jahr. Ah!«
    Eine kleine Frau in verblichenem grobem Wollstoff kam wie der Kuckuck aus der Uhr plötzlich zur Tür heraus, sie war klein und rundlich, trug ein Kopftuch gegen den kalten Wind und hielt den Kopf über ein Tablett gesenkt, auf dem ein Brotlaib ruhte. Eine weitere Gestalt, vermutlich eine ältere Tochter, schmächtiger, auch mit einem Kopftuch, aber nicht so eingewickelt wie die Mutter, folgte mit einem Krug schäumenden Bieres und drei Krügen, die wahrscheinlich alles waren, was das Haus besaß.
    Man konnte das Gesicht des Mädchens unter dem Kopftuch sehen, aber nicht mehr von ihr. Die Natur hatte sie nicht mit Schönheit begünstigt. Sie war klein, von dunkler Gesichtsfarbe und scharfen Zügen und trug ihr mausfarbenes Haar in einem Zopf, der ihr auf den Rücken herabhing. Aber sie war jung und unleugbar weiblich, und ich glaube, dass ich unwillkürlich eine aufrechtere Haltung einnahm.
    Die ältere Frau bot das Brot zuerst Raol an. Es war umso besser, weil niemand sonst gewusst hätte, was zu tun war, außer vielleicht Schwester Winterridge, und sie war offensichtlich bestrebt, nichts damit zu tun zu haben.
    Neben dem Brotlaib lag ein Häufchen grobes braunes Salz auf dem Brett. Raol zögerte einen Augenblick, dann brach er ein Stück vom Laib und nahm damit etwas vom Salz auf.
    »Friede«, sagte er und biss einen Brocken ab. Das Brot war schwer und grob gemahlen, das Mehl vermischt mit den Spelzen und halb zerquetschten Körnern, offenbar von Hand zwischen zwei Steinen gemahlen. Wir drängten uns herum und folgten seinem Beispiel.
    »Friede«, sagten wir nacheinander.
    Der Graf stand abseits und wartete bis zuletzt. Als ihm das Brot angeboten wurde, nahm er ein kleines Stück davon und berührte damit das Salz. Die kleine Bauersfrau hob den Kopf und sah ihn an, und einen Augenblick lang widerspiegelten seine Züge Unschlüssigkeit. Dann schüttelte er leicht den Kopf und lächelte und aß das Brot.
      »Friede«, sagte er still. Liebenswürdig, dachte ich.
    Schwester Winterridge ließ die Schultern hängen. Sie atmete aus - es war kein Seufzen und nicht ganz ein Schnauben -, dann ging sie fort, den Hang hinab, um nicht weit vom Flussufer im Stechginster niederzukauern und das Tal hinab nach Süden zu starren, wo in weiter Ferne die See liegen musste. Ich beobachtete sie beunruhigt. Sie nahm keine Notiz davon, nahm den Helm ab und zog die Haube des Kettenhemdes zurück, um sich mit den Fingern durch die Wurzeln ihrer zu Zöpfen geflochtenen Haare zu fahren, vertieft in ihre eigenen Gedanken.
    »Also, wie sieht es mit Korn aus?«, fragte Raol.
    Eine Weile lauschte ich dem Feilschen, und es wurde klar, dass der Bauer keine Verwendung für Geld hatte, aber gern einen der Ochsen oder alle beide erworben hätte, für die er einen guten Preis in Korn zu zahlen bereit war. Die Schwierigkeit dabei war natürlich, dass wir ohne Zugmittel kein Korn befördern konnten.
    Ich hatte nichts beizutragen. Die Söldner machten der Bauerntochter schöne Augen, was wahrscheinlich Ärger geben würde, wenn ihr Vater es bemerkte. Ich schlenderte den Hang hinunter zur Schwertjungfrau, die auf den Fersen im Gras kauerte. Sie blickte kurz auf, als ich neben ihr erschien, dann schenkte sie mir keine Beachtung mehr. Ich fühlte einen Anflug von Gereiztheit; dies war nicht die rechte Zeit, um eingeschnappt zu sein.
    »Was ist los?«, fragte ich. Vielleicht kam es ein wenig schärfer heraus, als ich beabsichtigt hatte. Sie blickte wieder auf, eine steile Falte zwischen den Brauen.
    »Das würden Sie nicht verstehen«, erwiderte sie kalt und blickte weg. Das brachte mich auf.
    »Vielleicht doch«, sagte ich. »Versuchen Sie's.«
    Sie legte den Kopf auf die Seite und musterte mich aus schmalen Augen. Die Sonne sank jetzt rasch tiefer; der Spätherbstnachmittag verblasste zu Grau- und Brauntönen. Der Wind raschelte im Ginster und verhieß Kälte. Sie beobachtete mich lange von der Seite, und die dunkleren und helleren braunen

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