Tenebra 1 - Dunkler Winter
tun und lassen, was sie wollte.
Ich steuerte Silvus an, der nachdenklich dastand, den Ellbogen in eine Hand gestützt, und an seinem Ziegenbart zupfte. Fragend zog ich die Brauen hoch.
»Er sagt, er besitze Bauholz und Eisenbarren«, sagte Silvus. »Und eine Art Schmiede. Er wird das Fuhrwerk zu einem Karren verkürzen, Seitenteile und ein Verdeck herstellen und uns mit Hafer sowie Proviant aus Käse und geräuchertem Fleisch versorgen, wenn wir ihm dafür ein Ochsengespann überlassen.«
»Werden zwei Ersatztiere für uns ausreichen? Um den Karren zu ziehen, meine ich.«
»Wie sollte ich das wissen? Raol scheint es zu glauben. Der Bauer sagt auch, dass wir den Pass niemals schaffen werden, wenn wir die Zuglast nicht verringern. Er sagt, er sei von drüben herübergekommen.«
Ich nickte. Silvus wechselte das Standbein. Er schien müde.
»Das hat mir auch die Schwertjungfrau gesagt«, sagte ich.
»Ich habe den Eindruck, dass sie ihn ablehnt. Ist das vielleicht der Grund? Was hat sie dir noch erzählt?«
»Etwas über die Landesgeschichte.«
Er schnaubte. »Erzähl mir das ein andermal. Meine Aufnahmefähigkeit für Politik ist zur Zeit eingeschränkt.«
Soviel dazu. Kurz danach wurden wir zum Abladen gebraucht.
Es wurde Abend. Sie schleppten einen Amboss heraus und arbeiteten im Licht eines Holzkohlenfeuers. Der Junge wechselte sich mit seinem Vater beim Schmieden ab. Er arbeitete geschickt und sicher und glich fehlende Körperkraft durch sehnige Geschmeidigkeit aus. War sein Vater groß und blond und breitschultrig, so hatte der Junge das dunkle Haar und den niedrigen Wuchs seiner Mutter. Wir schlugen unser Lager auf. In dieser Nacht sollte ein Wächter genügen, also gab es nur einstündige Wachwechsel. Ich zog die Wache vor Morgengrauen. Schwester Winterridge wurde nicht hinzugezogen. In beiderseitiger und unausgesprochener Übereinkunft wurde sie nicht eingeteilt. Ich glaube, die meisten von uns waren ungehalten über sie; der Bauer hatte sich anständig verhalten und führte seinen Teil des Handels getreulich aus. Was ging uns ihr Streit an? Mit diesem Gedanken kroch ich am frühen Morgen aus meiner Decke, um die Wache anzutreten.
Langsam hellte sich der Osthimmel auf und zeigte tief hängende Wolken im trüben Licht. Nach einer Weile merkte ich, dass ich meine Hände sehen konnte. Der Hahn krähte geschäftig und aus dem Schornstein des Hauses rauchte es. Frühaufsteher wohnten hier. Nun, wir waren es auch.
Etwas später kamen die Frau und das Mädchen heraus, um uns Brot und Bier zu geben. Wir aßen im Stehen, während der Mann und sein Sohn die zweite Klammer zur Achsbefestigung schmiedeten. Sie vernieteten sie, dann richteten sie das Fahrzeug auf und brachten mit geschmiedeten Eisenbändern Pfosten an. Planken wurden an die Pfosten genietet, eine Heckklappe mit Scharnieren am hinteren Rand der Ladefläche angebracht.
Als es Mittag wurde und Regen einsetzte, hatten wir einen handlichen Karren mit einer stabilen Achse, der von zwei Zugtieren auch auf schwierigen Strecken leicht bewegt werden konnte. Wir machten uns marschbereit, luden auf, und der Bauer füllte wie vereinbart unsere leeren Säcke mit Korn auf und versorgte uns mit geräuchertem Fleisch.
»Wildschwein aus dem Auwald flussabwärts«, erklärte er. »Ich versuche Schweine zu züchten, aber diese hier sind zu wild für alles andere als die Jagd.«
Mein Respekt vor ihm wuchs. Die Wildschweinjagd zu Fuß ist kein Sport, den ich ausprobieren möchte.
Wir sattelten unsere Pferde und saßen einer nach dem anderen auf. Eine weitere Woche in Wind, Kälte und Regen stand uns bevor, bis wir die Passhöhe erreichten, und nur Schwester Winterridge wusste, wie lang die Reise danach andauern würde. Sie wartete abseits und in steinernem Schweigen, während wir uns beim Bauern verabschiedeten.
Die Frauen kamen wieder heraus, diesmal mit Bier. Das Mädchen hatte sich eine Schürze aus buntem Stoff umgebunden, die ihre Taille einschnürte, und lächelte Gross zu, einem der Söldner, als sie ihm den Becher reichte. Das genügte ihm. Er beugte sich aus dem Sattel, hob sie mit einem Arm hoch und küsste sie auf den Mund, bevor er sein Bier hinunterstürzte und sie wieder losließ. Er wischte sich den Mund mit dem Ärmel und grinste breit, als sie sich verwirrt zurückzog. Und plötzlich war alles anders.
Ihr Kopftuch verrutschte; vielleicht war der Knoten unter dem Kinn nicht fest genug gewesen, und sie hatte die Hände voll. Es löste sich, und
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