Tenebra 1 - Dunkler Winter
durchgefrorenen Ausdruck.
Und dann kam der Schnee wieder herunter, und der Horizont sprang auf uns zu, zurückgedrängt von einem wirbelnden weißen Vorhang. Zur Rechten schob sich ein Felsvorsprung von der Größe eines Hauses an den Weg heran und bot einen gewissen Windschutz. Wir versammelten uns an seiner Leeseite, und nachdem wir eine Weile in benommenem Schweigen unter dem Schock der neuen Lage beisammen gestanden hatten, brachte jemand ein Seil zum Vorschein und wir banden uns aneinander. Dann begannen wir den Rückzug.
Es wurde nicht gesprochen. Eine halbe Geste von mir, und Silvus zog sich einen Handschuh aus, um einen toten grauen Fleck auf seiner Wange zu reiben, während er dahinstolperte. Der Wind pfiff und heulte in seinem Triumph, als er uns hinuntertrieb. Wir stapften zurück, in die Flucht geschlagene Truppen, die vor einem übermächtigen Feind weichen. Erst auf der freien Fläche unter dem Pass, wo wir am Morgen aufgebrochen waren, machten wir Halt.
Wir wären dort gestorben, wenn es Raol und Schwester Winterridge nicht gemeinsam gelungen wäre, ein Feuer in Gang zu bringen. Eines der Pferde verendete, und wenn wir kein Futter für sie finden konnten, würden auch die anderen sterben. Tiere wissen, was gut für sie ist. Aber auf dem Karren gab es Reisigbündel und einen Vorrat Torf, und Raol hatte unter einer Plane in einem Topf Holzkohlenglut bewahrt, die in diesem Augenblick wertvoller war als Wasser in der Wüste. So überlebten wir die Nacht.
Am nächsten Morgen legte sich der Sturm, und es wurde ein klarer, sonniger Tag. Alles war von endloser, schmerzhafter Klarheit, wie ein Blick in das Auge des Gottes, der das Universum lenkt, des einen Gottes, von dem die anderen nur Aspekte sind. Kalt, gewiss, aber Kälte ist nicht böswillig. Sie hat es nicht auf einen abgesehen, reißt einem nicht die Kleider vom Leib, erschöpft, verwirrt und blendet einen nicht gleichzeitig. Wir keuchten unter dem Schock der Kälte, die in unsere mühsam arbeitenden Lungen biss, aber wir konnten uns einwickeln und uns vor ihr schützen. Leben - nicht Wärme, aber Leben - konnte in Hände und Füße zurückkriechen.
Dem Grafen ging es schlecht. Er wirkte ermattet, grau und hatte Erfrierungen. Silvus ging es nicht viel besser. Wir luden Vorräte und Material ab und brachten die beiden auf dem Karren im Schutz der Plane unter. Eine Stunde verbrachte ich damit, Silvus zu erwärmen und ihm warme Suppe einzuflößen. Raol und der Knappe des Grafen taten das Gleiche für Ruane. Die anderen kümmerten sich um die Tiere.
In geschützten Mulden gab es Gras, das gelb und welk wie Heu, aber nicht nutzlos war. Es konnte als Raufutter für die Pferde dienen. Sie bekamen Hafer aus unserem Vorrat. Wir fütterten sie so reichlich, wie wir konnten, teils um die Ladung zu erleichtern, teils um ihre erschöpften Kräfte wiederherzustellen.
Wie sich herausstellte, hätten wir es lieber nicht tun sollen.
Es dauerte nur eine Minute. Wir waren zu müde, um es rechtzeitig zu erkennen. Die Söldner erboten sich, die Pferde zur Tränke zu führen. Als sie es taten, warfen sie die Hafersäcke, die wir vom Karren geladen hatten, über die Tragsättel der kräftigsten Tiere. Ich fragte mich, warum, fasste aber keinen Verdacht. Dann saßen beide Männer auf, einer auf dem großen Wallach des Grafen. Wir hatten kaum angefangen, uns Gedanken darüber zu machen, als sie den Reittieren die Sporen gaben und im Galopp den Weg hinunterjagten, jeder mit drei Pferden im Schlepptau, die mit den Zügeln aneinander gebunden waren.
Eumas, der unten am Wasser gewesen war, sprang ihnen in den Weg und versuchte einem von ihnen in den Zügel zu fallen; er wurde beiseite gestoßen, fiel zu Boden und überschlug sich und entging nur mit Glück den Hufen der nachfolgenden Pferde. Sie entfernten sich rasch hangabwärts und hatten offensichtlich nicht vor, irgendwo anzuhalten, bis sie geeignetes Weideland und einen Ort finden würden, wo sie überwintern konnten. Raol griff zum Bogen, aber bis er die Sehne gespannt und einen Pfeil aufgelegt hatte, waren sie wenigstens dreihundert Schritte entfernt.
Wir konnten ihnen nur nachstarren. Eine Minute lang standen wir schweigend, wie gelähmt.
»Sie haben den größten Teil des Hafers mitgenommen«, sagte jemand.
»Können wir sie verfolgen?«
Das war der Graf. Silvus schüttelte den Kopf. Er sah grau im Gesicht aus, konnte aber stehen.
»Nein«, sagte er. »Wenn sie unterwegs die Pferde wechseln, erreichen
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