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Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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Wir mussten mit Bedacht vorgehen. Zum einen waren wir bereits müde, und zum anderen durften wir in dieser Kälte nicht in Schweiß geraten. Nachdem man mit der Arbeit aufgehört hat, kann man innerhalb von Minuten Erfrierungen davontragen. Aber wir konnten Gesteinsschutt ausräumen, lockeres Gestein losbrechen und in zehn Minuten eine Öffnung schaffen, die groß genug für einen Mann mit Traglast war.
      Silvus untersuchte den beiseite geräumten Gesteinsschutt, dann hob er ein Stück auf, um es genauer zu betrachten. Schließlich reichte er es mir mit einem Grunzen. Ich nahm es, ohne zu wissen, was ich daran feststellen sollte, wendete es in den Händen und streifte anhaftende Erde ab. Ich blickte fragend zu ihm auf, aber er zog bloß eine Braue hoch und zupfte an seinem Ziegenbart, ohne mir etwas zu sagen. Ich blickte wieder auf den Gesteinsbrocken.
    Es war nur ein Stück Fels, grauweiß, unregelmäßig durchsetzt von Glimmer. Von einer Seite her ungefähr keilförmig, hatte das Stück keine besondere Form, sah man davon ab, dass es an einem Ende dicker war als am anderen. Ich grübelte darüber und sah nichts Nennenswertes daran. An einer Bruchstelle war eine Art Ader zu erkennen, und ich drückte und zog mit den behandschuhten Fingern am Rand der Bruchstelle, im Zweifel, ob es dies war, was Silvus von mir erwartete. Vielleicht würde er sich herbeilassen, einen Hinweis zu geben.
    Auf einmal brach die Ecke mit einem Teil der Bruchfläche ab. Das losgelöste Stück war nicht Stein - wie der Rest -, obwohl es genauso aussah. Ich zog einen Handschuh aus und befühlte es zwischen Daumen und Zeigefinger. Die Oberfläche fühlte sich körnig und grob an, nicht glatt wie das harte Gestein und wärmer als der gewachsene Fels. »Wie etwas zwischen Mörtel und Gips«, sagte ich.
    »Wahrscheinlich ist es das. Aber es sieht aus wie das Gestein, und man sieht es erst, wenn man es genau betrachtet«, sagte Silvus.
    »Du meinst, jemand habe den Eingang zur Höhle mit Steinbrocken zugemauert?«
    Er nickte.
    »Warum?«
    »Sie ließen eine Öffnung frei, die kleiner als ein Mann ist«, bemerkte Silvus.
      Und sie hatten es bewusst unauffällig gemacht. Doch war der Eingang selbst deutlich genug zu erkennen, wenn man erst aufmerksam geworden war. Tatsächlich hatten wir in diesem Bereich schon vor Tagen Futter gesucht, und die kleine Mulde war ein nahe liegender Ort, um nachzusehen. Wie kam es, dass die Höhlenöffnung niemandem aufgefallen war?
    Unter kräftigen Hammerschlägen fielen mehrere Steine zugleich herab, und da war sie, eine hübsche halbrunde Öffnung im Fels, groß genug für ein kleines Pferd. Wir schauten hinein und sahen nicht viel mehr als Dunkelheit. Eumas ging zurück zum Lager, um Fackeln zu holen. Wir banden Reisigbündel, zündeten sie an und konnten uns im Inneren der Höhle umsehen. Die Enge des Eingangs schloss Höhlenbären aus, aber es gab Fledermäuse und Eulen und verschiedene andere Möglichkeiten. Jedoch nicht hier, wie es schien. Wir bewegten uns in einer Gruppe vor, und das gelbe, ölige Licht brennender Wacholderzweige ging uns wie ein Schild voraus.
    Der Boden war trocken und verhältnismäßig eben. Es roch kühl und neutral, wie leblos. Dennoch waren vor uns Leute hier gewesen. Unweit vom Eingang hob Schwester Winterridge eine kleine Öllampe aus rotem Ton mit Handgriff und Schnabel auf. Man sah noch die Daumenabdrücke des Töpfers daran. Sie konnten gestern oder vor zehntausend Jahren angebracht worden sein. Sie gab ihren Fund Raol, der die Lampe in den Händen drehte und wendete.
    »Ich habe Olivenöl«, meinte er. »Und etwas Werg müsste als Docht zu verwenden sein.«
    Sie nickte. Er ging hinaus und zurück zum Lagerplatz. Solange wir Licht von den brennenden Reisigbündeln hatten, drangen wir etwas weiter in die Höhle ein. Zehn Schritte vom Eingang wurde es plötzlich wärmer. Die Wände aus gewachsenem Fels waren kalt, wenn man sie berührte, aber es war nicht die gleiche eisige Kälte, die der Fels draußen hatte. Ich schlug meine Kapuze zurück. Kalt, ja, aber nicht so, dass ein Kälte gewohnter Mensch es nicht ertragen konnte.
    Im Ungewissen, flackernden Feuerschein war es schwierig, die Größe der Höhle zu schätzen. Sie war von unregelmäßiger Form, das Dach hoch genug, dass man stehen konnte, aber der Boden uneben und bald in diese, bald in jene Richtung geneigt. Die Wände waren bauchig und von wulstigen Felspfeilern eingeengt, sodass es schwierig war, Ausmaße zu erkennen.

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