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Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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mit der Schulter. »Viel. Überall um uns. Berge. Felsen.«
    Ich nickte wieder.
    Am nächsten Tag schneite es, ein nasses Gesprenkel, das schmolz, sobald es die Felsen traf, aber am Gras haften blieb, das noch von der vorausgegangenen Nacht gefroren war. Das Tageslicht nahm für eine Weile jenes seltsam umgekehrte Aussehen an, weil es vom weißen Boden statt vom bedeckten Himmel zu kommen scheint, und wir sahen einander mit unguten Vorahnungen an. Aber es war nichts zu machen. Wir zogen weiter bergan, eingehüllt in den Nebel der Wolken. Es konnte nicht mehr weit sein.
    An diesem Abend schlugen wir unser Lager auf einer steinigen Bergwiese am Eingang zum Pass auf. Vielleicht war es töricht, so nahe vor der Passhöhe zu biwakieren, aber wir konnten nicht weiter. Die Zugtiere keuchten und schnauften vor Erschöpfung, und es gab dort wenig Gras für sie. Aber der nächste Tag würde uns in einer letzten langen Steigung über eine kahle Bergflanke und auf den Sattel führen, der die Passhöhe bildete. Danach ging es abwärts.
      Es wurde dunkel. Um nicht vom Weg abzukommen, mussten wir Halt machen. Außerdem mussten wir den erschöpften Tieren Ruhe gönnen.
    Wir sammelten dürres Krummholz und machten Feuer im Schutz einer Felsbank. Es gab Nahrung für Mensch und Tier, und der Wettergott war uns gnädig; seit dem Vormittag was es trocken geblieben. Essen und Schlaf. Warme Suppe und Pökelfleisch und Fladenbrot, um den knurrenden Magen zu sättigen, genug, um warm zu werden, sobald man sich in genügend Decken gerollt und Windschutz gefunden hatte. Mein Gesicht allerdings war nicht warm, denn der Wind hatte Messer in den Fäusten. Umhang und Kapuze reichten nicht aus.
    Dies war vielleicht der Grund, dachte ich, dass ich erwachte. Mein Gesicht war steif vor Kälte. Aber nein. Der Grund war, dass es schneite und der Wind große, wattige Flocken vor sich her und mir ins Gesicht trieb. Ruckartig wie ein wiedererweckter Leichnam richtete ich mich in meinen Umhüllungen auf und blickte im Schein des zischenden Lagerfeuers umher. Der Schnee schmolz nicht am Boden, sondern blieb liegen. Er wirbelte und tanzte in der Umarmung des Windes, aber wo er den Boden erreichte, blieb er liegen. Schon bildete er im Windschatten größerer Blöcke Ansammlungen. Die Nacht wurde kälter.
    Wir hatten keine Wachen eingeteilt. Es ergab keinen Sinn; wer immer draußen im Wind Posten stand, würde frieren. Jemand - ich nicht - war wach geblieben, hatte das Feuer in Gang gehalten und sich neben ihm niedergelegt. Es war alles, was wir tun konnten, während der Wind wie die verlorene Seele eines Trolls winselte und der Schnee sich anhäufte. Einmal hörte ich einen scharfen Knall vom Berg, ein Geräusch wie von einem Holzscheit im Feuer, aber viel lauter. Der Frost hatte einen Felsen gesprengt.
    Der Morgen kam. Die Person am Feuer war Silvus. Er sah älter aus als der Berg, das Gesicht abgezehrt und zerquält. Schlechte Träume, sagte er. Und mehr. Ich kannte diesen Ausdruck inzwischen. Das Dunkel.
    Der Wind zerrte an unseren Kleidern. Es war keine Zeit für Gespräche.
    Spät kroch das Licht in den grauen Himmel und noch immer schneite es. Ich glaube, wir wussten es inzwischen, aber wir ließen uns nicht aufhalten. Wir hatten keine andere Wahl als zu versuchen, durch den Pass zu kommen.
    Schon hatte der Wind Schneewehen aufgehäuft. Wir durchbrachen sie, stapften weiter. Aber die nächste war immer höher als die vorherige.
    Der Wind fegte über den Sattel der Passhöhe, wirbelte den Schnee von den Felswänden zu beiden Seiten und schleuderte uns prickelnde Kristalle in die Gesichter. Sie setzten sich in Bärten und Augenbrauen fest und bildeten Eiskrusten, was bedeutete, dass die Temperatur ein gutes Stück unter den Gefrierpunkt gesunken sein musste -und noch immer schneite es.
    Nach einer Stunde wussten wir, dass es aus war mit uns; wir arbeiteten uns noch eine Weile weiter vor, aber dann lichtete sich der Himmel für eine halbe Minute, der Wind trieb die Schneewolken auseinander und wir konnten nach vorn sehen.
    Der Einschnitt der Passhöhe verengte sich, und dort in der Enge vor uns stand eine massive weiße Wand aus dicht gepacktem Schnee, oben frisch und wattig, dick wie ein Daunenkissen und vierzig Fuß hoch. Kein Durchgang, sagte sie. Wir betrachteten sie schweigend, dann sahen wir einander an, die Gewissheit des Verhängnisses in unseren Herzen, sahen die Bestürzung und die Furcht in unseren Gesichtern. Und den erschöpften,

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