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Tenebra 1 - Dunkler Winter

Tenebra 1 - Dunkler Winter

Titel: Tenebra 1 - Dunkler Winter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dave Luckett
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Sie konnte uns aufnehmen, doch würde es mit unseren Vorräten und Kleidungsstücken etwas eng zugehen, wie im Eingang eines Landhauses, wo die Leute Umhänge und Stiefel ablegen, wenn sie nass und lehmig hereinkommen.
    Der Eingang… Das brachte mich auf einen Gedanken.
    Raol holte die Lampe. Er hatte sie mit Olivenöl aus seinen Küchenutensilien gefüllt und einen Docht aus Werg gedreht und damit getränkt. Sie brannte beinahe rauchlos, verbreitete mehr Licht als eine Kerze, und mit ihr konnten wir auf die notdürftigen Fackeln verzichten. Trotzdem zündeten wir eine an der anderen an, als wir uns aufteilten und die Höhle untersuchten. Der Knappe Hubert überkletterte eine Felsrippe, um den dahinter liegenden Teil der Höhle zu erkunden. Wir hörten ein Platschen, begleitet von seinen Flüchen. Dort war ein unterirdischer Wasserlauf zu einem kleinen Becken gestaut. Er kam bis zu den Knien nass wieder zum Vorschein. Wasser war ein Problem gewesen. Nun war die Lösung gefunden und der Entschluss zum Umzug fiel uns nicht mehr schwer. Mit vereinten Kräften zogen und schoben wir den Karren zum Höhleneingang herauf, entfachten ein neues Lagerfeuer an der mitgebrachten Glut und ließen uns für die Nacht nieder. Später würden wir vorgeben, dass die Entscheidung nach reiflicher Überlegung getroffen worden sei, aber dem war nicht so. Das Vorhandensein von Wasser und Huberts nasse Füße hatten den Ausschlag gegeben. Wir mussten sie und seine Stiefel trocknen, um ihn vor Erfrierungen zu schützen.
    Während er am Feuer saß, setzten wir unsere Erkundung fort. Der Boden war teils felsig, teils sandig, aber das Gestein der Wände zeigte verschiedenfarbige Schichtungen und war durchzogen von rostroten Erzgängen. Auf einer Seite hatte durchsickerndes Wasser Kalksinter abgelagert und Stalaktiten und fächerförmige, an Vorhänge erinnernde Bildungen hervorgebracht. Je nachdem, wie man die Lampe hielt, konnte man mit etwas Phantasie Formen und Bilder an den Wänden sehen, und bald hatten unsere Sinne sich auf die veränderten Maßstäbe und das flackernde Licht eingestellt.
    Dann machte Silvus eine Entdeckung. Er hielt seine Fackel vor einen Wandabschnitt in Brusthöhe, nahe dem hinteren Ende der Höhle und rief uns zu sich. Als Raol die Öllampe brachte, zeigte deren ruhigere Flamme, was Silvus gesehen hatte: Zeichen an der Wand.
    Silvus fuhr sie mit dem Finger nach. »Nicht gemalt«, sagte er. »In den Fels gemeißelt.«
    Wir drängten uns um ihn. Es waren Zeichen wie Buchstaben oder Zahlen. Ein seitwärts gerichteter Keil, drei aufrechte Kerben, ein Strahlenkranz wie ein Sonnensymbol, eine unregelmäßige horizontale Linie mit vielen kleinen Spitzen, Kerben und Höhlungen. Über einigen von ihnen waren Punkte zu sehen, einer oder zwei, mit spitzem Eisen in den Fels geschlagen.
    Schwester Winterridge warf einen prüfenden Blick auf die Zeichen und sagte: »Das Werk von Kobolden. Ich hätte mir denken sollen, dass sie hier sein würden. Man findet sie überall im Bergland. Von Zeit zu Zeit beobachten wir sie vom Wachtturm der Sperrfeste, wenn sie über die Berghänge ziehen.«
    »Es sieht wie Schrift aus«, meinte Silvus.
    »Nein. Sie schreiben nicht. Aber sie haben Symbole für verschiedene Dinge, und dieses habe ich früher schon gesehen.« Sie zeigte auf den Strahlenkranz. »Es bedeutet alles, was mit dem Orden zu tun hat. Und ich glaube, die Linie ist eine Art Landkarte, obwohl niemand ihre Bedeutung kennt.« Sie wandte sich achselzuckend ab.
    »Die Pfeilspitze ist deutlich genug«, sagte Raol. »Sie zeigt… ah! Vorsicht!«
    Er stocherte mit seinem Stock in dem Winkel herum, auf den das keilförmige Zeichen gerichtet war. Dort lagen herabgefallene Gesteinsbrocken vor einem schmalen, beinahe mannshohen Block, der wie eine unregelmäßig geformte Säule in einer Nische stand. Raol ergriff die Spitze mit beiden Händen und zog daran. Der Block ließ sich leicht bewegen, und Raol sprang schnell zurück, als der Stein das Übergewicht bekam und von der Wand in den Höhlenraum fiel. Offenbar hatte er nur in der Nische gelehnt. Nun schlug er mit einem Krachen auf den felsigen Boden, dessen Widerhall die Höhle wie eine Glocke mit uns in der Mitte ertönen ließ. Doch war weder dies noch die Staubwolke, die er aufwirbelte, der Grund dafür, dass wir neugierig näher drängten.
    Im Fallen hatte er eine Öffnung aufgedeckt, die tiefer in den Berg hineinführte.
     

  KAPITEL X
    Es war ein Stollen, keine Höhle. Der Eingang

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