Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
Antworten bekommen, die Sie verstehen«, erwiderte er.
Lik hob die Brauen. »Aber Sie verstehen ihn?«
Frazier verdrehte die Augen.
25 Tentakelscout
Versagen, Versagen, Versagen.
Die bitteren Hormone, die schmerzhaften Botenstoffe, die seine Adern durchströmten, erfüllten den Tentakelscout mit der Erkenntnis der Niederlage, dem Leid des Scheiterns. Der lange, wurmförmige Körper wand sich in seiner Bettung, die flexiblen Schläuche mit den zugeführten Nährflüssigkeiten platzten schließlich ab und hinterließen schorfige Wunden. Sein Schiff feuerte aus allen Rohren, und der heraneilende Gegner durchstieß eine Wand aus Feuer, doch es war zu spät. Die Entscheidung, zu warten, war der Fehler gewesen, der dem Tentakelscout nun seine Existenz kostete.
Dennoch würden wertvolle Erkenntnisse über die starken Sender an die wartende Saatflotte abgehen, ehe der Scout verging. Erkenntnis darüber, dass die Bewohner dieses Systems in ihrer Opferbereitschaft und Verzweiflung nicht zu unterschätzen waren. Dass sie auch aus scheinbar aussichtsloser Situation heraus bis zum letzten Mittel kämpfen konnten und ihre eigene Existenz letztendlich nicht so hoch einschätzten, dass sie sie nicht für die Verteidigung opfern würden.
Der Scout fühlte seinen leisen Verdacht bestätigt, dass sich das kleine Schiff opferte, um das große, fliehende zu schützen. Trotz seiner beeindruckenden Größe hatte dieses keinerlei Anstalten gemacht, in den Kampf einzugreifen, und stattdessen immer weiter beschleunigt. Es war eine Fluchtbewegung, daran konnte nun kein Zweifel bestehen, und wohin auch immer es sich bewegte, auch die Saatflotte würde es nicht mehr einholen können. Damit verschwand es allerdings erst einmal auch aus der taktischen Berechnung der Lage in diesem System.
Der Feind war da.
Die Sensoren projizierten die grausame Wahrheit direkt in die Sinneszentren des Tentakelscouts.
Der brüchige, von den Angriffen aufgerissene Körper des Feindes drang mit hoher Beschleunigung in den Rumpf des Tentakelschiffes ein. Der Schmerz war fast körperlich fühlbar, als die Schutzfelder aufrissen, die Panzerung zerknitterte wie ein welkes Blatt. Das brennende Wrack schoss mit so großer Macht in den viel größeren Körper des Scouts, dass er die herbeieilenden Reparaturtrupps gleich mit verschlang, und dann, mit heißer, wilder Kraft, detonierten die parallel eindringenden Fernwaffen des Feindes, von denen der Scout nicht mehr alle hatte abwehren können. Sie rissen große Löcher, brennende Höllen in den Leib des Tentakelschiffes. Der Scout verlor die Kontrolle, wurde taub, blind, stumm. Er sah nur noch durch seinen Sehkranz, wie hilflose Setzlinge auf seinem zuckenden Körper herumrutschten, verzweifelt versuchten, die abgerissenen Nährleitungen wieder in seinen Leib einzuführen, nicht ahnend, dass diese letzte Pflichterfüllung ein völlig sinnloses Unterfangen war.
Dann kam diese Hitze, die der Scout erwartet hatte, das Aufplatzen der Schotts zu seinem Refugium, der helle Schein des Atombrandes, die beißende Kälte des Vakuums, und dann der Tod, inmitten verglühender Setzlinge, in der Erkenntnis, dass er sein Schicksal erfüllt hatte. Sein letzter Gedanke galt der Saatflotte und sein letztes Gefühl war die Hoffnung, dass er ihrer sicheren Landung den Weg bereitet hatte.
Dann war da nichts mehr.
26 Arbedian
»Capitaine?«
Haark zwinkerte. Er konnte die Stimme keinem der kreisenden Lichtpunkte zuordnen.
»Capitaine?«
Aus dem Lichtergewirr schälte sich das bekannte Gesicht von Sous-Lieutenant Beck. Was Haark als erstes auffiel, war der beißende Mundgeruch, der von seinem Ersten Offizier ausging. Er hustete. Dann sah er die kleine Phiole, die Beck unter seine Nase hielt und merkte, dass es nicht Becks Ausdünstungen waren, die da so stanken.
Die Phiole verschwand. Haarks Blick klärte sich langsam.
»Capitaine?«
»Nennen Sie mich nicht mehr so«, krächzte Haark und versuchte, sich aufzurichten.
Seine Lungen brannten.
Er blickte auf seine Hand und sah eine filigrane Landkarte geplatzter Blutgefäße. Er sah aus, als würde er aus lauter blauen Flecken besehen.
»Das war knapp, Capitaine«, bemerkte Beck nun und griff seinem Kommandanten unter die Schulter.
»Ja, und Sie hätte es beinahe mit mir erwischt, Sie Idiot!«, knurrte Haark und orientierte sich. Sie befanden sich an Bord der Rettungskapsel. Das hatte er erwartet. Es war unnatürlich ruhig. Was fehlte, war das laute Dröhnen der
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