Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
Sollte es uns beide erwischen, wäre er verloren. Ich werde allein gehen.«
»Das ist gefährlich!« Der Pilot setzte die Diskussion fort, während er den Gleiter sacht durch das Blätterdach brechen ließ. Zwischen den turmhohen Bäumen war gerade mal Platz für den mächtigen Executor.
»Es wäre gefährlicher, wenn ich jemanden mitnehmen würde, der keine Ahnung vom Dschungelkampf hat und nicht weiß, wie man sich effektiv anschleicht. Das war jetzt kein Vorwurf, aber außer Li weiß ich niemanden, den ich auf so eine Mission mitnehmen würde.«
Dolcan setzte den Executor nahezu erschütterungsfrei auf.
»Ich habe es nicht als Vorwurf verstanden. Meine Befehle?«
Rahel löste die Sicherheitsgurte, erhob sich und begann, ihre Ausrüstung zusammenzusetzen.
»Sie werden zwölf Stunden auf mich warten. Bin ich bis dahin nicht zurück, starten Sie und kehren zur Basis zurück. Sollte ich dazu in der Lage sein, werde ich kurze Funksignale zur Kommunikation verwenden, nur winzige, geraffte Meldungen.«
»Und wenn Sie etwas finden, das sich lohnen würde, anzugreifen?«, wollte der Polizist wissen.
Rahel schob ein Magazin in ihren Gürtel.
»Dann werde ich mich melden und Sie kommen. Aber nicht von selbst, nur auf ausdrücklichen Befehl. Ist das klar? Keine Husarenstücke oder Rettungsaktionen! Ich bin nicht halb so wertvoll wie der Executor.«
Dolcans Gesicht war anzusehen, dass er diese Einschätzung nicht ganz teilte, aber er enthielt sich jeden weiteren Kommentars. Er nickte nur und blickte entschlossen drein. Tooma seufzte innerlich.
Mit schnellen, methodischen Bewegungen vervollständigte sie ihre Ausrüstung. Schließlich hatte sie die Kampfrüstung komplett angelegt. Statt des großen Sturmgewehrs hatte sie sich für eine schlankere und kleinere Feuerwaffe entschlossen: Die Maschinenpistole verfügte über eine geringere Reichweite, konnte aber sowohl Festmantelgeschosse wie auch Plasmabolzen abfeuern und würde für ein eventuelles Feuergefecht im Dschungel oder in einem Stützpunkt völlig ausreichen. Tooma befestigte die Waffe quer vor ihrem Oberkörper, so dass sie den Rücken für den flachen Rucksack und die Arme für das Anschleichen frei hatte.
»Viel Glück, Marechal!«, wünschte ihr Dolcan und seine Stimme klang heiser, obgleich er versucht hatte, ihr mit Nachdruck Zuversicht einzuflößen. Tooma lächelte dünn und nickte dem Mann zu, ehe sie sich abwandte und über die geöffnete Rampe im Dickicht des Dschungels verschwand.
Sie bewegte sich langsam und mit großer Vorsicht, benutzte als Orientierungsmittel nur einen simplen mechanischen Kompass und hielt vor allem nach Warnanlagen Ausschau, die ihre Annäherung melden würden. Es dauerte keine Minute, dann war der Executor im dichten Wald nicht mehr zu erkennen. Rahel hoffte, dass er unerkannt bleiben würde. Sie glitt mehr als dass sie ging, nutzte jede Form von Deckung. Die Rüstung hatte sie auf Chamäleonmodus geschaltet. Die geringe Energieabgabe war sie bereit in Kauf zu nehmen, dafür passte sich die photosensitive Oberfläche der großen Flächen ihres Anzuges der Umgebung in Farbton und Helligkeit an. Es war keine perfekte Tarnung, aber wer das Terrain richtig ausnutzte, blieb dem flüchtigen Betrachter auch aus kurzer Entfernung verborgen. Diesen Vorteil hatte sie nicht mehr, wenn die Oberfläche der Rüstung durch Kampfeinwirkung beschädigt werden sollte, und vor allem würde Tooma sie dann auch nicht mehr reparieren können. Aber noch war die Ausrüstung makellos.
Rahel schlich weiter in Richtung des Stützpunktes. Fünf Kilometer, dafür benötigte sie bei ihrer derzeitigen Geschwindigkeit und vorausgesetzt, dass ihr niemand in die Quere kam, etwa zwei Stunden. Sie hatte nicht die Absicht, Sicherheit für Schnelligkeit zu opfern, vor allem, da sie alleine war und als Unterstützung in der Not »nur« einen großen Kampfgleiter anfordern konnte, der sich dadurch ebenfalls in Gefahr bringen würde.
Andererseits war sie sich durchaus darüber im Klaren, dass so etwas immer mal wieder notwendig sein würde, wenn sie auf Lydos überleben wollte.
Die Fauna und Flora ließ sie unbehelligt. Das war durchaus ein Glücksfall, denn der lydische Dschungel war mitunter recht aggressiv. Aber es konnte sein, dass die relative Nähe des Stützpunktes und die Tentakelpatrouillen, die dieser sicherlich regelmäßig in die nähere Umgebung aussandte, vor allem die größeren Raubtiere vertrieben hatten. Das war Rahel nur recht, bedeutete
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