Tentakel-Trilogie 1: Tentakelschatten
brauchen.«
Für einen Moment herrschte Schweigen im Büro. Jeder wusste, was das bedeutete. Auch für Ambius würde im Falle eines nahenden Angriffes wahrscheinlich jede Hilfe zu spät kommen.
»DeVries!«
»Commandant?«
»Ich brauche eine Liste aller Transportschiffe im System.«
»Ja, mon Commandant!«
Hogan blickte Bersson an.
»Wir müssen einen Evakuierungsplan entwerfen. Wir müssen die Schiffe bis zum Rand voll stopfen und nach Delion entsenden. Ich hoffe, der Weg dorthin ist noch frei. Wenn wir die Brücke nach Tholos verwenden, stecken die Flüchtlinge in einer Sackgasse.«
Er hielt einen Moment inne.
»Uns rennt jetzt schon die Zeit davon …«
29 Lydos
Der Lexington Executor hob leise summend ab. Rahel blickte genau auf die vorsichtigen Steuerbewegungen, die Dolcan über den Steuerknüppel an die Elektronik des massiven Kampfgleiters übertrug. Der Polizeipilot war definitiv ein erfahrener Mann und hatte nach eigener Auskunft bereits Mannschaftstransporter und ähnliche große Einheiten geflogen. Der Executor war von der Größe her daher für ihn nichts Außergewöhnliches, doch hatte der vergleichsweise junge Mann zugeben müssen, dass ihn die Vielfalt der Kontrollen erst einmal überfordert hatte. Rahel hatte ihn schließlich eingewiesen, und sobald der Mann die eigentlichen Flugkontrollen zweifelsfrei identifiziert hatte, war er gelassener an die Sache herangegangen. In der Tat sollte ihn der Rest der Anzeigen und Schalter nicht interessieren: Sie dienten der Waffensteuerung oder dem Abwurfmechanismus für Landetruppen oder Einrichtungen, die Rahel trotz aller Beschaffungskriminalität der letzten Jahre nicht hatte bekommen können.
Dolcan hatte einen knappen Blick auf die summenden Behälter mit den Plasmabolzen geworfen, als er sich zum Cockpit vorgearbeitet hatte. Er wusste so gut wie jeder andere, dass diese nur illegal beschafft worden sein konnten. Jetzt schien er aber durchaus dankbar dafür zu sein, dass Rahel gegen alle geltenden Waffengesetze verstoßen hatte. Und Rahel fühlte erstmals Zuversicht, einen geeigneten Piloten für den Executor gefunden zu haben, so dass sie sich ganz den Waffenkontrollen sowie den Beobachtungsaufgaben würde widmen können.
»Halten Sie ihn!«, befahl sie. Dolcan reagierte sofort und ließ den Gleiter auf der Stelle schweben. Rahel winkte aus dem Cockpitfenster. Unter ihr, direkt vor dem getarnten und nun wieder geschlossenen Hauptportal der Festung, stand Li mit zwei weiteren Männern, alle schwer bepackt und ebenso schwer bewaffnet. Der Veteran grüßte nach oben, dann führte er seine Männer zum nahen Waldrand.
»Sie kennen den Suchmodus?«, vergewisserte sich Rahel noch einmal. Dolcan machte einen zuversichtlichen Eindruck und nickte bekräftigend. Er sprach wenig, was Rahel nur recht war. Nichts war ihr lästiger als Quasselstrippen.
»Dann legen wir los!«
Der Pilot aktivierte die Schubtriebwerke. Wie eine Feder glitt das tonnenschwere Gefährt durch die Luft und nahm langsam Fahrt auf. Rahel hatte es nicht eilig, außerdem wollte sie der automatischen Kartographieaufzeichnung genug Gelegenheit geben, so viel von der Oberfläche wie möglich zu scannen, um eine geeignete, detailgetreue topographische Karte entwickeln zu können. Die zur Verfügung stehenden offiziellen Karten waren lausig, vor allem, was diese verlassene Ecke anging. Niemand hatte es je für nötig befunden, die Gegend zu kartographieren, dafür war Lydos schlicht zu dünn besiedelt.
Das war ein Teil ihrer Mission. Ihr Suchmuster würde sie langsam in Richtung Südwesten führen, immer dicht über den Baumwipfeln, bis sie in zwei Stunden eines der angelegten Depots würden erreicht haben, dessen Inhalt Rahel in den leeren Transportraum hinter sich zu verladen gedachte. Nedashde war mit ihren Schätzungen bereits recht großzügig gewesen, und es wäre Verschwendung von Zeit und Ressourcen gewesen, diese Erkundungsmission nicht auch gleich für eine Auffrischung der Vorräte zu nutzen.
Lis Truppe hatte sich in Richtung Nordosten auf den Weg gemacht. Dort drang dichter Gebirgswald in ein weites Tal vor, das als unbewohnt galt. Tooma vermutete dort einen geeigneten Platz für ein leicht erreichbares Notlager, sollte es zu einem Angriff der Aliens kommen. Lis Aufgabe war es, einen geeigneten Fußweg zu finden und eine Lagerstelle zu markieren. Das konnte man immer noch am Besten, trotz aller technischen Gadgets, indem man sich selbst per pedes auf den Weg machte und
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