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Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm

Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm

Titel: Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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entbehrlich genug, um ihre Haut zu retten oder es zumindest zu versuchen. Aber Wong wollte nicht.
    Oder sie konnte nicht.
    Oder es war noch etwas anderes, vielleicht Stolz, vielleicht Ehre, vielleicht Hingabe oder auch Borniertheit. Das Gefühl, in den Augen Capitaine Haarks nicht bestehen zu können, wenn sie sich davonmachte. Haark war zu müde, um sie danach zu fragen oder sie zu drängen. Er war es müde, für andere Leute Entscheidungen treffen zu müssen, die offenbar nicht willens waren, gewisse Befehle auszuführen. Solange er Heldenbefehle gab, mit Trommelwirbel, unheilschwangerer Streichmusik, mit hartem Glänzen in den Augen und markantem Kinn, oh ja, da würde sie tun, was er verlangte. Aber jetzt hatte er sie angewiesen, davonzurennen und ihn selbst die Belisarius in den Tod steuern zu lassen, und das war nicht das, was sie erwartet hatte. Naja, dachte Haark bei sich, vielleicht hatte sie es doch erwartet, aber genauso gehörte es zu ihrem Weltbild, dass sie diesen Befehl ignorierte. Wenn sich Haark opfern wollte, dann war es doch nur recht und billig, wenn seine Erste Offizierin an seiner Seite starb, keine dreißig Jahre alt, wunderschön, talentiert, die Art von Menschen, die die Sphäre für den Wiederaufbau benötigte, wenn die Belisarius es schaffen sollte.
    Aber nein.
    Aber nein.
    Und Haark war müde.
    Er sagte nichts.
    Sollte sie sich umbringen.
    Er war es leid.
    Die Tentakel mühten sich redlich, aber mit jeder verstreichenden Sekunde wurde die Wahrscheinlichkeit geringer, dass sie noch etwas ausrichten konnten. Die Station war bereits mit den optischen Sensoren erkennbar, ein Moloch aus Metall, grob ballförmig, mit einem Radius von mehreren Kilometern, ein künstlicher Mond auf der Basis eines Saatschiffes. Und die Belisarius , verbrannt, angeschlagen, aus offenen Wunden blutend, schoss mit fatalistischer Entschlossenheit direkt darauf zu.
    »Status Zünder«, murmelte Haark.
    Sergent Gerard deVille, Raketenspezialist, gehörte zu jenen, die an Bord waren, weil ihr baldiger Tod unabwendbar war. Man sah ihm nicht an, ob er sich darüber große Gedanken machte. Das lag nicht zuletzt daran, dass der Atombrand einen Großteil seines Gesichts verbrannt hatte. Unter dem durchsichtigen Film einer anästhetischen Heilsalbe lag das rote Fleisch, ein verbrannter Augapfel, das Grinsen eines lippenlosen Mundes. deVille war vollgepumpt mit Schmerzmitteln, dennoch musste er Qualen ganz eigener Art erleiden. Vielleicht sah er den nahen Tod als Erlösung an. Dass er überhaupt noch Worte artikulieren konnte, grenzte an ein Wunder.
    Haark war sehr müde.
    »Zünder bereit und scharf. Wenn wir aufprallen, gehen alle Raketen in den Magazinen zur gleichen Zeit hoch«, brachte er hervor, die Stimme unterdrückt durch das Gel auf seinem Gesicht, doch in der Stimme genau das Maß an Zuversicht, Entschlossenheit und Hoffnung, das Haark sich erhofft hatte.
    Der Capitaine räusperte sich.
    Die interne Komanlage hatte ihre Funktion bereits vor einiger Zeit aufgegeben, aber mit den noch verbliebenen Besatzungsmitgliedern war er über den Funk der Raumanzüge verbunden, die sie alle trugen.
    »Meine Damen und Herren, ich bin nicht gut darin, Reden zu halten, und will es daher jetzt erst recht nicht versuchen. Jeder stirbt für sich und allein, ich will niemanden dabei stören, das auch in Ruhe und mit Würde zu tun. Ich danke Ihnen für Ihren Dienst. Ich hoffe, dass er Sinn gemacht hat und Sinn machen wird. Ich bin stolz, dass Sie alle bei mir sind, und dankbar, dass Sie mich nicht allein gelassen haben.«
    Haark deaktivierte die Verbindung, ihm fehlten weitere Worte. Er sah einige Köpfe nicken, und in den Augen von Wong genau das, was er jetzt eigentlich nicht mehr erblicken wollte, nämlich unbegrenzte Bewunderung.
    Er warf einen Blick auf den Entfernungsanzeiger. Es konnte sich nur noch um …
     
     
    Als die Belisarius mit hoher relativistischer Geschwindigkeit in den militärisch-industriellen Komplex der Tentakel einschlug, zündeten die Raketenköpfe in ihren Magazinen wie vorhergesehen. Allein der Aufschlag des Kreuzers hätte mit seiner kinetischen Energie bereits ausgereicht, um die Station weitgehend zu zerstören, doch die massive, grell aufflackernde Explosion machte das Vernichtungswerk vollkommen. Die Druck- und Energiewelle spülte kleinere Wachstationen, verbliebene Tentakelschiffe ebenso hinfort wie jede Hoffnung der Invasoren, die Reste jemals wieder zum Aufbau einer neuen Anlage verwenden zu können.

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