Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm
Luft. »Und ich meine Erdboden. Nicht Mars. Der Mars ist verloren. Er ist dünn besiedelt und es wird eine Weile dauern, bis die Invasoren ihn bis in die letzte Ecke erobert haben werden, und vielleicht wird das eine Weile Kräfte binden, die die Aliens dann nicht zur Erde schicken können. Aber wir werden diese Invasion auf der Erde zurückschlagen oder gar nicht. Und der Schlüssel dazu wird unter anderem die Funktionsfähigkeit unseres Hauptquartiers sein. Und der Schlüssel dazu sind im Grunde Sie, Capitaine.«
Rahel suchte nach einem Anzeichen von Lüge oder einer anderen Täuschung in Sikorskys Tonfall und Benehmen. Sie fand nichts dergleichen. Auch die Herren DiMaggio und Sporcz blickten eher ernst und gefasst drein. Es war also die reine Wahrheit. Und dies beinhaltete noch eine weitere, unausgesprochene Tatsache: dass Luna aller Voraussicht nach vor der Erde fallen würde, und, wenn Sikorsky kein großes Glück hatte, er dazu.
Sie richtete sich in ihrem Rollstuhl auf, salutierte.
»Wann kann ich meinen Dienst antreten?«
»Die Ärzte …«
»Wann?«
DiMaggio und Sikorsky sahen sich vielsagend an.
»Sofort, Capitaine. Sofort.«
10 Sonnensystem
Irgendwann jetzt, so ahnte Haark, würden Frazier und DeBurenberg an ihrem Ziel ankommen, lebend oder in Stücken. Seltsam, dass ihn das so kaltließ. Er warf einen Blick auf die Takamisakari , die im kleinen Bullauge des Zubringers schnell kleiner wurde, und die er vermutlich nie wiedersehen würde. Bereits jetzt schwärmten Roboter und Mechaniker über die Außenhülle und begannen, eilig und provisorisch Waffensysteme zu installieren. Der Explorer war schwerfällig, er war aber vor allem groß und konnte theoretisch eine beeindruckende Waffenplattform darstellen. Die Tatsache, dass die Flottenführung noch Zeit und Motivation hatte, diese Art von Umbauten durchzuführen, war für Haark irritierend gewesen.
Die Art und Weise, wie man ihn und seine Mannschaft aus dem Schiff komplimentiert hatte, ging ihm gegen den Strich. Niemand hatte ihm sagen wollen oder können, was man eigentlich mit der Taka vorhatte, und die Aura des Geheimnisvollen weckte automatisch Haarks über Jahrzehnte gestärktes Misstrauen. Aber letztlich war dies nicht mehr seine Angelegenheit. Er fuhr unwillkürlich mit der Hand über das knisternde Plastpapier in seiner Brusttasche. Ein Marschbefehl, sogleich nach seiner Ankunft ausgestellt, persönlich unterzeichnet von Sikorsky. Eigentlich hatte Haark erwartet, dass der Admiral ihn sogleich zum Rapport bestellen würde, aber wie es aussah, hatte der Mann sein unmittelbares Interesse am Schicksal des ungeliebten Offiziers verloren. Es hatte eine Auszeichnung gegeben – die Haark genauso kaltließ wie die vorherigen – und einige knappe Dankesworte.
Doch die Aufmerksamkeit aller war auf den aktuellen Kampf gegen die Tentakelflotte gerichtet. Haark war keine Berühmtheit mehr, er war jetzt einer der zahlreichen Offiziere auf Transfer, ein Opfer der hektischen Bemühungen der Flottenführung, einigermaßen erfahrene Leute auf Positionen zu setzen, wo sie etwas ausrichten konnten. Das Abbild des Explorers war jetzt nicht mehr zu erkennen. Haark wandte sich ab und sah sich im Aufenthaltsraum der Systemfähre um. Es war ein unbewaffnetes, aber schnelles und geräumiges Schiff, ein Zubringer für Mannschaften, normalerweise vollgestopft wie eine Sardinenbüchse. Dieser Flug aber war fast leer, und außer Haark hielten sich in dem Raum, der von einer kleinen automatischen Bar und verschlissenen Sesseln dominiert wurde, nur noch einige andere Offiziere auf, die meisten jünger als er.
Es gab einen weiteren Capitaine, auch jünger, aber offenbar kein reaktivierter Reservist oder eilig hoch beförderter Aspirant, der sich bei irgendwas aus Versehen gut angestellt hatte. Der Mann, von schlaksiger Gestalt und mit einem trotz seines jungen Alters bereits nach hinten verschwindenden Haaransatz, gesellte sich nun schweigend zu Haark, in beiden Händen eine Tasse Flottenkaffee. Haark wollte keinen, war aber für diese kleine menschliche Geste dankbar und nahm seine Tasse nickend in Empfang.
»Wenn ich mich vorstellen darf: Capitaine Leskowitz.«
Haark öffnete den Mund, um die Höflichkeit zu erwidern, doch Leskowitz winkte mit einem fast jungenhaften Lächeln ab. »Ich kenne Sie gut, soweit man jemanden kennen kann, über den man sich die abenteuerlichsten Geschichten erzählt.«
Haark schüttelte den Kopf.
»Sagen Sie nicht, meine
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