Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm
Bullauges.
»Capitaine Beck?«, presste er hervor.
Leskowitz machte eine verneinende Geste. »Keine Überlebenden. Die Meldung kam vor sieben Stunden rein. Rückzugsgefecht im äußeren Sonnensystem. Die Übermacht war einfach zu groß.«
Haark wischte sich über die Augen. Die trockene Luft führte dazu, dass sich Feuchtigkeit in ihnen gebildet hatte. Er fühlte sich plötzlich sehr allein, sehr verlassen.
»Soll ich …«, begann sein Gegenüber.
»Nein«, brachte Haark schließlich hervor. »Nein, gehen Sie nicht. Bleiben Sie einfach nur hier stehen.«
Er musste innehalten, schlucken, noch einmal schlucken und rang um seine Gesichtszüge. Leskowitz blieb neben ihm und sie blickten beide aus dem Bullauge.
So standen sie eine Weile.
11 Station Thetis
Es gab Anti-Höhepunkte in seinem Leben, für die er ausgesprochen dankbar war. Dieser gehörte dazu. Als der Transporter in der großen Hangarhalle der Thetis-Station landete und die Triebwerke deaktiviert wurden, stieß Frazier unwillkürlich seinen Atem aus. Keine angreifenden Tentakelflotten, keine riskanten Landemanöver, es war alles in einer dermaßen bemerkenswerten Ruhe und Routine abgelaufen, dass dies fast beängstigend war. Natürlich durfte man sich keiner falschen Illusion hingeben. Der Anflug war langsam genug gewesen, sodass Frazier die Umbauten auf der Stationsoberfläche hatte identifizieren können. Überall standen hastig installierte Raketenbatterien und automatische Geschütze, die Stationseingänge waren mit mehrfachen Sicherheitsschleusen versehen und die Außenanlagen mit zusätzlichen Plastmetallen überzogen worden. Aus einer durchaus militärisch gesicherten, letztlich aber eher zivil wirkenden Forschungsstation war eine Raumfestung geworden, versehen mit einer Armierung, die einem Schweren Kreuzer zur Ehre gereicht hätte.
Auch Colonel Delivier, der Stationschef, machte einen anderen Eindruck als damals, als Frazier ihm das letzte Mal begegnet war. Er wirkte verbissener, hatte vieles von seiner scheinheiligen Jovialität verloren, sprach in knappen Worten. Gleichzeitig kam er Frazier konzentrierter vor, ließ die Floskeln und Seitenstiche, kam gleich zum Punkt. In gewisser Hinsicht hatte die Krise auf den Mann einen positiven Einfluss gehabt, zumindest von Fraziers Warte aus gesehen.
DeBurenberg hatte die Landung kaum abwarten können. Er war sofort aus der geöffneten Mannschleuse gestürmt, seinen transportablen Rechner unter den Arm geklemmt. Selbstverständlich kein Wort des Dankes für den Piloten – was dieser mit Gleichmut akzeptierte –, kein Wort des Abschieds für Frazier und kein Wort des Grußes für Delivier. Er war stumm und mit ausgreifenden Schritten davongeeilt, direkt zum Trakt der Forschungslabore. Auch der Colonel hatte dem Genie kein Willkommen hinterhergerufen, er wusste genauso wie Frazier, dass dies Kraftverschwendung gewesen wäre.
Der Stationschef und Frazier hatten sich, nachdem Kovaleinen freundlich verabschiedet worden war, in das Büro Deliviers zurückgezogen. Der Colonel war auch schnell zum Wesentlichen über gegangen.
»Siebzehn Freitode, seit Sie weg sind, Frazier«, eröffnete er das Gespräch und starrte verkniffen auf einen Monitor vor ihm. »Wir haben in der Stationsbesatzung nicht einen Todesfall durch direkte Tentakeleinwirkung, bisher haben die Flotteneinheiten und unsere Abwehranlagen jeden Angriff zurückschlagen können. Aber siebzehn Suizide. Die Zivilisten halten dem Druck immer weniger stand. Ich habe einige ganz Labile schon ausfliegen lassen, doch der Transporter wurde von den Tentakeln aufgebracht.«
Er sah Frazier nun direkt an.
»Aufgebracht, verstehen Sie? Nicht zerstört. Wir wissen beide, was das bedeutet.«
Sein Gegenüber nickte nur, sagte aber nichts.
»Seitdem will auch keiner mehr fliehen, außer, ich würde gleich ein Schlachtschiff als Transportmittel zur Verfügung stellen. Und so flüchten jene, die keine andere Möglichkeit mehr haben, auf die einzige Art und Weise, die ihnen noch verblieben ist. Ich bin in einigen Abteilungen mittlerweile auf halber Stärke, denn selbst von jenen, die nicht gleich Hand an sich legen, stehen genug unter Beruhigungsmitteln oder ficken sich durch die Station, als ob das noch etwas ändern würde. Wussten Sie, dass Dr. Bergsson schwul ist?«
Frazier hob die Augenbrauen. »Nein, ist mir nie in den Sinn gekommen.«
»Mir auch nicht. Bis er letzte Woche zu mir kam und mir ein eindeutiges Angebot machte. Noch ein paar
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