Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm
Überlegungen in Haark jetzt abliefen. Er sah aber nicht so aus, als würde er seine Meinung deswegen ändern wollen.
»Ich verstehe«, sagte Haark dann langsam und deutlich. »Ich bin mir nicht sicher, ob Ihr Vertrauen in meine Fähigkeiten tatsächlich eine realistische Grundlage hat, aber andererseits macht es auch keinen großen Unterschied. Unabhängig davon, wer diese Rolle bekommt, wir sind alle in gleicher Gefahr und werden uns auch dem gleichen Risiko aussetzen. Wir könnten genauso gut losen oder um diese Position pokern. Letztlich ist es irrelevant. Wenn Sie meinen, dass dieses Schiff es tun soll, dann soll es so sein. Wir alle werden unser Bestes geben.«
Er hielt einen Moment inne und schaute in die Runde, als hoffe er, doch noch eine Gegenstimme oder einen alternativen Vorschlag zu hören. Aber nichts dergleichen tat sich.
»Gut. Wir werden die genaue Vorgehensweise abklären, sobald wir der Station wirklich näher kommen. Was gibt es ansonsten?«
»Mich würde interessieren, was wir Ihrer Ansicht nach tun sollten, wenn wir Erfolg haben und sogar überleben«, meinte Rautenbach.
»In diesem wie schon gesagt äußerst unrealistischen Fall berichten wir der Erde unseren Erfolg und beginnen, mit den restlichen Einheiten der Flotte das Sonnensystem aufzuräumen.«
»Das Hauptquartier scheint bereits gefallen zu sein.«
»Ja, aber es gibt die Flottenleitstelle auf dem Mars. Und dort scheinen die Tentakel noch nicht massiv angegriffen zu haben. Der Mars ist spärlich besiedelt, aber es gibt einiges an Industrie, und es gibt zumindest ein zuständiges Mitglied des Direktoriums, das dort regiert. Selbst wenn es alle anderen auf der Erde erwischt, bleibt doch eine rechtmäßige Regierung bestehen.«
»Aber das ist doch eine Illusion, Capitaine!«, wandte Cramer ein. »Sehen wir den Tatsachen doch ins Auge. Das Direktorium hat schon vorher abgewirtschaftet, und Sikorsky hat die Lage nicht gerade verbessert. Dann die – militärisch verzweifelte, aber sicher nicht falsche – Entscheidung, die Bevölkerung der Erde zu bewaffnen. Wenn wir die Invasion zurückschlagen, dann sind da unten – selbst von massiven Bevölkerungsverlusten und starken Verwüstungen ausgegangen – Millionen schwer bewaffnete Zivilisten, die man nicht mehr so leicht unter Kontrolle bringen wird.«
»Eine bewaffnete Gesellschaft ist eine höfliche Gesellschaft«, murmelte Rautenbach.
»Was war das?«, fragte Haark.
»Oh, nur die Aussage eines lange verstorbenen Schriftstellers. Er war wohl der Ansicht, dass jeder vorsichtig und respektvoll, also höflich, mit seinem Gegenüber umginge, wenn jeder eine Waffe hätte.«
»Höflichkeit aus Respekt oder Misstrauen aus Angst?«, wollte Haark wissen. »Die Trennlinie erscheint mir furchtbar dünn.«
»Das ist es, was ich meine«, warf Cramer wieder ein. »Staatliche Macht beruht auf dem Monopol der Gewalt. Millionen von Bürgern, die in einem harten Abwehrkampf Invasoren niedergerungen haben, oft unter hohen persönlichen Opfern, die Zeugen unsäglicher Gräueltaten geworden sind – und nicht zuletzt auch Opfer marodierender Banden, die aus dem Chaos ihren Nutzen ziehen … ich meine … es wird uns nicht gelingen, keiner Macht der Welt, diese Menschen so schnell wieder in einem Staatswesen zusammenzubringen. Und Fanatiker wie die Gefolgsleute von Splett – das sollten Sie am besten wissen, Haark – werden das ihre tun, um Dissens zu stiften und ihre eigenen Ziele zu verfolgen.«
Cramer schüttelte traurig den Kopf. »Ich weiß nicht, meine Herren, was für eine Welt wir da eigentlich zu retten beabsichtigen. Die, die wir kennen, wird es jedenfalls nicht sein.«
Stille antwortete ihm.
Schließlich ergriff Haark wieder das Wort. »Lassen Sie uns über diese Dinge nachdenken, wenn es an der Zeit ist … und wenn wir überhaupt Gelegenheit dazu haben werden. Es nützt wenig, sich über die politische Zukunft der Menschheit Gedanken zu machen, wenn sie noch gar keine Zukunft hat. Dafür müssen wir erst mal sorgen, und darauf sollten wir uns jetzt konzentrieren. Was meinen Sie?«
Es gab keine Widerrede.
29 Afrika
»Das gibt aua!«
Clopitzky grinste. Er amüsierte sich prächtig.
Tooma wusste, dass Soldaten der Marinelandungstruppen grundsätzlich nicht mehr alle Tassen im Schrank hatten, aber bei Clopitzky war das besonders ausgeprägt.
Es war beruhigend zu wissen, dass er trotzdem Befehle befolgte, sinnvolle Dinge äußerte und sich im Allgemeinen diszipliniert
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