Tentakel-Trilogie 3: Tentakelsturm
»Aber so genau werden wird das gar nicht vorausberechnen können.«
»Das ist korrekt«, räumte Rautenbach ein. »Darüber hinaus wird es wenig Sinn machen, wenn wir zu dritt auf die Station losgehen und dabei in Gefahr geraten, von den Verteidigungsmaßnahmen der Tentakel in Stücke geschossen zu werden. Zwei unserer Kreuzer werden einem dritten so gut wie möglich Feuerschutz geben müssen, um dessen Chancen für einen Durchbruch zu erhöhen und gleichzeitig damit auch die Anzahl der Raketen, die wir auf das Ziel abfeuern können.«
»Wir werden unsere eigene Verteidigung, vor allem das Abfangen gegnerischer Projektile, mit einem gemeinsamen Netzwerk der Kampfcomputer koordinieren«, meinte Cramer. »Wir sollten dabei alle Energiewaffen ausschließlich auf Abwehrfunktionen programmieren, das erhöht unsere Chancen, nicht von einer gegnerischen Rakete getroffen zu werden. Wir verwenden die vorhandenen Magazine zweier Kreuzer, um Verteidigungsplattformen sowie Raumschiffe direkt zu bekämpfen, und greifen nur dann auf die Magazine des dritten Schiffes zurück, wenn die Situation zu bedrohlich wird. Wenn wir etwas Glück haben, wird zumindest das dritte Schiff weit genug vordringen können, um eine effektive Salve auf die Station abfeuern zu können.«
Cramer hielt einen Moment inne. »Dass unser Vorhaben im Grunde genommen eine Selbstmordmission ist, davon waren wir ja schon im Vorfeld ausgegangen. Tatsächlich bin ich mir sogar sicher, dass auch nicht eines unserer Schiffe diese Aktion überleben wird. Diese Einstellung sehe ich übrigens als Vorteil an, weil sie es uns erlaubt, uns ohne Rücksicht auf Verluste auf unser Ziel zu konzentrieren. Letzteres wiederum steigert unsere Aussichten auf einen Erfolg. Darüber hinaus schlage ich vor, dass wir mit höherer als der üblichen Kampfgeschwindigkeit vordringen. Dadurch haben wir möglicherweise nur eine einzige Chance auf einen Angriff. Umso schneller wir aber sind, desto schwieriger wird es für unseren Gegner, geeignete Abwehrmaßnahmen zu ergreifen, insbesondere dann, wenn wir zusätzlich mit Kursänderungen operieren. Wir sollten jeden potenziellen Vorteil ergreifen, dessen wir habhaft werden können.«
Rautenbach nickte. »Ich bin dafür.«
Haark sah die beiden Männer einen Augenblick schweigend an, dann seufzte er leise und stellte die entscheidende Frage: »Und welches unserer Schiffe soll das dritte sein – dasjenige, welches bis zum Ende durchhalten und den entscheidenden Angriff führen soll?«
Rautenbach und Cramer wechselten kurz einen stummen Blick. Haark bekam sofort den Eindruck, dass sich die beiden Männer diesbezüglich bereits ausgetauscht hatten. »Es erscheint uns nur logisch, dass der kommandierende Offizier mit der größten Erfahrung im Kampf gegen die Tentakel diese Aufgabe erfüllen sollte«, meinte Rautenbach schließlich.
Cramer nickte nur. Sie hatten sich abgesprochen.
Haark fühlte sich nicht wohl dabei. Da war wieder dieses blinde, nahezu gläubige Vertrauen, das ihm entgegen gebracht wurde, seit er aus dem Arbedian-System gerettet worden war. Es schien ein Nimbus zu sein, dem er sich nicht entziehen konnte. Fast gezwungen wanderte sein Kopf zur Seite, wo seine Erste Offizierin schweigend saß und die Diskussion verfolgt hatte. Ihre Augen trafen die seinen und der gesamte Habitus der Frau drückte dieses selbstverständliche, unverbrüchliche und jeden Zweifel hinwegfegende Grundvertrauen aus. Haark würde es schon schaffen. Wenn jemand den Tentakeln zeigen konnte, wo der Hammer hängt, dann er. Er ist unser bester Mann. Und wenn es bedeutet, dass wir uns dafür selbst opfern müssen, indem wir ihm die bestmögliche Chance bereiten, dann soll es so sein.
Haark hatte einen bitteren Geschmack im Mund. Er empfand weder Freude noch Genugtuung angesichts dieser Form blinder Verehrung. Sie entrückte ihn von seinen Mitmenschen, gerade jetzt, wo all jene, die er seine Freunde genannt hätte, weit weg waren oder tot. Niemand aus seiner alten Crew hatte es in sein neues Schiff geschafft, und Männer wie Beck …
Er wollte jetzt nicht wieder an Josef Beck denken. Dennoch hätte er jetzt gerne den Rat seines ehemaligen Stellvertreters eingeholt. Von Wong konnte er nichts dergleichen erwarten, nur das blinde Vertrauen, das rücksichtslose Aufgeben ihrer selbst. »Verdammt«, murmelte er eher unabsichtlich einen Gedanken. Cramer und Rautenbach deuteten ein Lächeln an. Zumindest der ältere Capitaine ahnte vielleicht, was für
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