Tentakelblut (German Edition)
hier nichts abgeschaltet, Slap.«
Er blinzelte.
»Wie bitte?«
»Nichts. Wir haben nichts angerührt. Du hast nicht nur den Zieltentakel ausgelöscht, sondern alle Tentakel, die wir auf die Lichtung gestellt haben. Soweit ich die Daten richtig interpretiere, bist du einfach nur etwas gedankenverloren dagesessen und hast sie … ignoriert.«
Slap kratzte sich am Kopf. »Ja … das war wohl so.«
In Mirindas Stimme klang ein gehöriges Maß an Bewunderung, als sie sagte: »Slap, du bist einmalig. Du hast ein … besonderes Potenzial. Wir wissen mehr, wenn die Analyse vorbei ist, aber wir sind alle gehörig beeindruckt.«
Slap grinste. Das war ja alles schön und gut, aber … Er sah hier eine Chance. »Habe ich mir eine besondere Belohnung für mein besonderes Potenzial verdient?«
Mirinda schwieg für eine Sekunde und sagte dann: »Offenbar bist du auch ein besonderes Ferkel, Slap.«
Dem vermochte er nichts entgegenzusetzen.
8
Der erste Flug als Begleitschützer des Transportshuttles war für Roby in vielerlei Hinsicht etwas Besonderes. Er war vorher ja noch nie im Weltraum gewesen. Der Start steil in die Höhe, mit dem die beiden kleinen Eskorten den Shuttle begleiteten, hatte immer noch etwas Beängstigendes, obgleich er einige Tage vorher eine erste Trainingsmission hatte fliegen können, als sich die Situation im Erdorbit kurzzeitig etwas beruhigt hatte. Die Kontrollen seiner Waffenstation hingegen strahlten Vertrautheit aus. Sie ähnelten im Prinzip denen der Hornet, und selbst die zur Verfügung stehenden Armierungen waren vergleichbar. Die Korvette verfügte an Bug und Heck über eine schwenkbare Gausskanone, mit der ein beständiger Strahl winziger Metallflechettes auf Gegner gefeuert werden konnte. Dazu gab es einen Raketenwerfer, der wie die Trommel eines altertümlichen Revolvers aus der Hülle ragte und eine Vielzahl unterschiedlicher Raketentypen abfeuern konnte. Insgesamt trug die Korvette rund 100 dieser Projektile mit sich, die meisten davon richtige Bunkerknacker, mit denen die Schutzhüllen von Tentakelschiffen aufgebrochen und die Schiffe beschädigt oder zerstört werden konnten. Die Korvetten waren alte Schiffe und nicht für lange Einsätze über große Entfernungen gebaut worden. Aber woher auch immer die Kirche diese beiden Exemplare »besorgt« hatte, sie befanden sich in einem sehr guten technischen Zustand und waren voll einsatzbereit.
Der Pilot und gleichzeitig Kommandant der Korvette Hanna , in der Roby nun Dienst tat, trug den Namen John Smith. Jeder wusste, dass das gelogen war. Der Mann war relativ jung und agierte umsichtig und erfahren in der Kanzel seines Schiffes, er war mit absoluter Sicherheit ein Deserteur, der es in die Dienste der Kirche geschafft hatte. Niemand stellte Fragen, schon gar nicht, als allen klar wurde, dass der Mann sein Handwerk verstand und gleichzeitig einen zurückhaltenden und wenig aggressiven Kommandostil pflegte. So sprachen ihn dann auch alle mit »John« oder »Capitaine« an und er verzog dabei nicht einmal das Gesicht. Was auch immer ihn dazu bewogen haben mochte, die Tentakelwacht zu verlassen, es hatte sicher nichts mit Angst vor dem Krieg zu tun, sonst wäre er nicht hier gelandet. Aber es gab sicher viele andere Gründe, auch Roby fiel da spontan so einiges ein.
Und der Orbit war nun wieder voller Tentakel. Das war ein weitaus dringlicheres Problem als die alten und die neuen Loyalitäten eines John Smith.
Die roten Symbole auf dem Waffenleitschirm tanzten förmlich vor Robys Augen.
Trotz – oder gerade wegen – der begonnenen Invasion war der erdnahe Raum immer noch hart umkämpft. Die automatischen Raketenwerfer auf dem Mond waren bei Weitem noch nicht alle ausgeschaltet worden und verfügten über nahezu unerschöpfliche Reservoirs an Munition. Die Flotte selbst, allen voran die Jonathan Haark , das Erdflaggschiff, warfen sich mit dem Mut der Verzweiflung jeder Welle entgegen, unterstützt von der langsam schrumpfenden Zahl an orbitalen Waffenplattformen und Kampfsatelliten. Und mit jeder Angriffswelle kamen immer wieder eine Reihe von Truppentransportern durch, weil selbst der erdnahe Raum furchtbar groß war und keiner der Verteidiger überall sein konnte. Allerdings auch nicht die Angreifer, und darauf bauten die Hanna , ihr Schwesterschiff Karibu und der große Transportshuttle, der eine letzte Güterlieferung zum Fluchtschiff bringen sollte. Ihr Kurs war sorgfältig ausgewählt worden. Noch tags zuvor hatte
Weitere Kostenlose Bücher