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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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sich entweder über Robys Offenheit oder über die freudige Aussicht, ihn bestrafen zu dürfen. Roby war sich nicht ganz sicher.
    »Welches Vergehen werden wir Ihnen wohl vorwerfen?«, fragte Piotrowski etwas süffisant.
    »Ich habe den Befehl gegeben, nicht auf die … Klone zu feuern, die die Brutkammer verlassen haben, obgleich offensichtlich ein exakt entgegengesetzter Befehl von höherer Stelle galt.«
    »Hm.«
    Roby blinzelte. Das war ehrlich gesagt nicht ganz die Antwort, die er erwartet hatte.
    »Warum haben Sie diesen Befehl nicht ausgeführt?«
    »Aus zwei Gründen. Zum einen waren und sind viele meiner Männer – übrigens genauso wie ich – Frischlinge im militärischen Dienst. Und nicht alle von uns sind so verroht, dass sie auf einen Haufen nackter Frauen schießen können, von denen einige auch noch verletzt waren. Es gibt gewisse … Hemmschwellen, die noch funktionieren. Ich weiß nicht, warum wir überhaupt für diese Arbeit abkommandiert wurden, so etwas hätte sich das Oberkommando auch denken können.«
    Der namenlose General warf dem Agenten einen schweigenden, aber bedeutungsschwangeren Blick zu. Dieser biss die Zähne zusammen und setzte die Befragung fort.
    »Gibt es weitere Gründe, Sergent?«
    »Es waren zu viele. Ich weiß nicht, was für Soldaten in der Brutkammer selbst stationiert worden waren, aber wenn es richtig harte Typen waren und sie es nicht geschafft hatten, die Klone aufzuhalten, dann wären auch wir gescheitert – vor allem, da viele von meinen Leuten nicht hätten abdrücken können. Es wäre ein Gemetzel geworden, und wir hätten es verloren. Ich hielt es daher für angebracht, keinen kollektiven Suizid zu befehlen.«
    »Was hat denn Ihr kommandierender Offizier befohlen?«
    »Wir sollten feuern.«
    »Warum wurde dieser Befehl denn erfolgreich von Ihnen widerrufen, obgleich Sie einen viel niedrigeren Dienstgrad haben?«
    »Die Männer kennen mich. Der Lieutenant war fremd und von der Sicherheit. Abgesehen von seinem Dienstgrad verfügte er über keinerlei echte Autorität.«
    Der General richtete seinen Blick wieder auf den Agenten. Die Aussage war klar: Du hast es verbockt, du Vollidiot!
    Roby zwang sich, nüchtern, emotionslos und konzentriert zu bleiben. Würde er Triumph zeigen, konnte er diese Auseinandersetzung auf keinen Fall für sich entscheiden.
    »Und so haben Sie selbst die Entscheidung getroffen. War dabei auch relevant, dass Ihr Betthase sich als Mitglied des Zivilpersonals in die Anlage geschmuggelt hatte?«
    Roby hatte für einen Moment die Idee, Unwissenheit vorzutäuschen. Doch da sicher überall Überwachungskameras hingen und sein Gesichtsausdruck bei ihrer Begegnung wahrscheinlich doch enthüllt hatte, dass er Bella erkannt hatte, hielt er das für wenig hilfreich – vor allem, da Ehrlichkeit ihm bisher offenbar ganz gut geholfen hatte.
    »Ich habe Bella nur zu Beginn am Eingang erkannt. Sie war nachher nicht in meiner Nähe. Ich weiß nicht, ob und was sie mit den Klonen zu tun hatte, wenngleich sicher eine Verbindung besteht. Ich hatte gehofft, sie würde nicht in meinem Sektor auftauchen, und sie tat es nicht.«
    Roby wollte gerne wissen, was aus ihr geworden war. Er behielt die Frage für sich.
    »Sie hat Ihnen nicht erzählt, dass sie sich dort einschmuggeln würde?«
    »Nein.«
    »Sie sind kein sonderlich guter Spion. Wir hatten eine Abmachung.«
    »Ich bin kein Telepath. Wenn sie mir nichts erzählt, dann kann ich ihre Absichten nicht vorhersehen. Außerdem scheint das Problem ja doch etwas größer zu sein, denn sonst wäre sie nicht unbehelligt in der Anlage herumspaziert.«
    Roby bereute den letzten Satz sofort, vor allem den Tonfall, mit dem er ihn geäußert hatte. Das Gesicht des Agenten wurde rot, doch jede harsche Antwort wurde durch die kühle und leise Stimme des Generals abgewürgt.
    »So ist es, Sergent. Jeder hier hat die Dimension der Verschwörung unterschätzt, sowohl, was die darin verwickelten Personen angeht, wie auch die Tiefe und Länge der Vorbereitung. Wir werden nicht sehr weit kommen, indem wir den ganzen Tag nach Schuldigen suchen. Ich bin viel mehr daran interessiert, wer uns jetzt helfen kann, das Problem zu lösen und an den Kern der Sache vorzudringen.«
    Der General hatte das Gesicht Roby zugewandt, doch die Nachricht war eindeutig an den Agenten adressiert gewesen, der den Mund schloss und die Zurechtweisung ohne Protest hinnahm. Wahrscheinlich war der unbekannte General jemand, dem man in dieser Sache nicht

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