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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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widersprach.
    Roby erwiderte nichts. Er hatte beschlossen, ausschließlich Fragen zu beantworten.
    Der General war noch nicht fertig.
    »Sergent, wir machen Ihnen keinen Vorwurf. Die Klone kamen auch in einem anderen Sektor zum Vorschein und dort haben Vorgesetzte weniger weitschauend reagiert. Sie ließen das Feuer eröffnen. Die Hälfte gehorchte. Die andere Hälfte hatte die Hemmungen, die Sie so richtig angenommen haben. Die Klone schalteten sofort auf Kampfmodus und haben die gesamte Einheit weggemetzelt. Dabei starb nur ein Drittel der nackten Damen. Wir wissen nicht, wer diese Brutkammern programmiert hat, aber er hat ausgezeichnete Arbeit geleistet. Sie haben sich vollkommen richtig verhalten. Sie werden nicht bestraft. Tatsächlich werden Sie zum Sergent-Chef befördert, dafür habe ich bereits gesorgt.«
    Roby starrte den Mann an, und obgleich er sich weiterhin um Fassung bemühte, war diese Wendung der Ereignisse dann doch schwer für ihn zu begreifen. Er räusperte sich.
    »Sie haben Fragen, Sergent-Chef?«
    »Ich …«
    »Reden Sie!«
    »Wie ist es … das war doch sicher nicht die einzige Anlage, oder?«
    »Korrekt. In allen anderen lief es harmloser ab, weniger blutig. Die, in der Sie waren, ist die älteste von allen und hatte kein automatisches Verteidigungssystem. In allen anderen Klonfabriken sorgte die Einleitung eines starken Betäubungsgases dafür, dass es kaum zu Kämpfen gekommen ist, als die Brut bereit war.«
    »Das heißt, nur bei uns sind die Klone entkommen?«
    Der General schüttelte den Kopf und lächelte freudlos.
    »Das heißt, dass sie überall entkommen sind, ohne dass sie jemand aufgehalten hat. Wer auch immer für diese Aktion gesorgt hat, hat die Verteidigungssysteme infiltriert – und zwar bereits bei der Installation. Als die Bruttanks geöffnet wurden, strömte das Gas. Unsere stationierten Soldaten fielen um. Die Klone aber waren gegen dieses spezifische Gas immun und spazierten hinaus. Als sie die Anlage verließen, waren sie voll bewaffnet und organisiert. Damit hatte keiner gerechnet, also waren die draußen stationierten Einheiten weit unterlegen. Kluge Vorgesetzte wie Sie, Sergent, haben kluge Entscheidungen getroffen, um ihre Soldaten vor dem sicheren Tod zu bewahren.«
    Roby musste immer noch starren, denn der General lächelte breiter, jetzt sarkastisch und nickte ihm zu. »Genau, Sergent. Ein gigantisches, kollektives, unglaubliches und höchst mysteriöses Versagen auf ganzer Linie. Ich habe auch so geguckt wie Sie, und das sehr lange und intensiv, bis ich das Ausmaß der Katastrophe erkannt habe. Und ich bin persönlich hierher gekommen, um mich bei den wenigen, die aktiv gegen die Klone tätig waren und sie einschätzen können, über den Vorfall zu informieren.«
    Er beugte sich vor.
    »Sie sind jetzt mein Experte, Sergent-Chef.«
    Roby war sich nicht sicher, ob das eine gute Nachricht war.
    »Mon General …«
    »Ah ja, sicher, wie unhöflich von mir.«
    Der Mann streckte Roby seine Hand aus, die dieser reflexartig ergriff.
    »Oliver Sikorsky. Ich leite den Geheimdienst.«
    Roby starrte den Mann an. Den Namen kannte er. Admiral Sikorsky war der oberste Militärführer gewesen, der den Abwehrkampf der Erde bei der letzten Invasion geleitet hatte, eine mittlerweile fast schon mythisch verbrämte Gestalt, von der man sich außerhalb der offiziellen Lesart jedoch auch weniger erfreuliche Geschichten erzählte.
    Sikorsky lächelte weiter und schien den Gang der Gedanken auf Robys Gesicht genau zu verfolgen. Dann nickte er, als ob er eine unausgesprochene Frage beantworten wollte.
    »Ich bin ganz froh, dass Sie nicht auf die Klone haben feuern lassen. Es waren, so könnte man sagen, entfernte Verwandte von mir.«
    Sein Lächeln wurde breiter, und das ohne auch nur den kleinsten Hauch von Herzlichkeit darin.
    Roby wurde kalt.
        
     

35
     
    Als Slap wieder in seiner Kapsel saß, nach längerer Zeit in teilweise ausgesprochen anregender Gesellschaft, fühlte er sich fast einsam – und das, obgleich sich die KI der Kapsel sofort wieder mit ihm verdrahtete und die Sensoren ihm die schillernde Vielfalt der Welt um ihn herum zeigten. Er konnte auch genau beobachten, wie das Allianz-Fahrzeug mit dem Botschaftspersonal sich neben ihm bereithielt, etwa dreißig Kilometer höher im Orbit schwebte und auf den Befehl zum gemeinsamen, koordinierten Abstieg wartete. Die Allianz-Kapsel war etwa doppelt so groß wie die von Slap, wirkte aber trotzdem rein optisch schlanker

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