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Tentakelwacht

Tentakelwacht

Titel: Tentakelwacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk van den Boom
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nichts!«
    Die Männer verstanden. Und sie sahen ein, dass es ein sinnloses Gemetzel geworden wäre. Immer mehr Nackte kamen zum Vorschein. Sie hätten keine Chance gegen diese Flut gehabt, wären schlicht überrannt worden.
    Roby wusste genau, warum sie sich diese Tür ausgesucht hatten, um ins Freie zu gelangen. Er ließ seine Waffe fallen. Das hatte er Bella zu verdanken, diesen ganzen Schlamassel. Er würde dafür bezahlen, dessen war er sich sicher. Sie alle würden bezahlen.
    Eine der Nackten trat auf ihn zu, musterte ihn aus grauen Augen. Der Blick war seltsam. Er sprach von Härte, der Bereitschaft zur Gewalt, doch wie sie ihn dann anlächelte, war kindliche Unschuld in ihrem Gesicht. Roby musste sich vergegenwärtigen, dass er ein Neugeborenes vor sich hatte. Indoktriniert, mit einem für alle Aufgaben vorbereiteten Körper, aber doch eine neue Seele. Ein Opfer, schon im Moment seiner Geburt, ganz unabhängig davon, was es noch tun würde und wozu es fertig war.
    Roby empfand Mitleid. Vielleicht zeigte er es auch. Die Nackte hob eine Hand und nahm ihm die Waffe aus dem Arm, betrachtete sie kurz mit der Miene einer Expertin, nickte ihm zu.
    Dann marschierten die Frauen weiter.
    Sie wollten hier raus.
    Und Roby hatte sie nicht aufgehalten.
    Er starrte dem Meer an muskulösen Hintern hinterher, das sich von ihm entfernte, empfand einen schon fast absurden Spaß an der Sache, egal welche Konsequenzen er jetzt auch würde tragen müssen.
    Wieder pfiff einer seiner Männer, fast schon trotzig.
    Eine der Klonfrauen wandte sich um und winkte.
    Ein absurder Spaß, wahrlich. Roby kicherte und schüttelte den Kopf.
    In was für einer Scheiße war er nur wieder gelandet …
        
     

33
     
    Slap nahm dann doch eine Nachricht für das Oberkommando auf. Man hatte ihm zugesagt, sie mithilfe einer Sonde zum Jupiter zu transportieren, die in den oberen Atmosphäreschichten ein Funksignal entsenden würde. Doch die Formulierung der richtigen Worte beanspruchte ihn sehr. Er nahm viele verschiedene Versionen auf, doch keine wollte ihn so richtig zufriedenstellen. Er konnte so gut wie gar nicht beeinflussen, was seine Vorgesetzten tun würden, aber einen kleinen Schubs in die richtige Richtung vielleicht …?
    Slap probierte herum und gab es dann auf. Er war kein Politiker, kein Diplomat. Die hohe Kunst der Manipulation durch Worte beherrschte er nicht. Was er auch sagte, es würde nichts ändern. Er war letztlich nicht einmal wichtig genug, um als Ratgeber ernst genommen zu werden. Slap resignierte, löschte alle bisher aufgezeichneten Versionen und nahm eine letzte auf. Er tat, was er gleich hätte tun sollen: mit dürren Worten, konzentriert auf die Fakten, stellte er die bisherigen Ereignisse dar, ohne allzu viel wegzulassen – er vermied es, die körperlichen Vorzüge des Avatars Mirinda allzu detailliert darzustellen – oder etwas hinzuzufügen, wenngleich er seine eigene Rolle im Ablauf möglicherweise eine Spur souveräner darstellte, als sie tatsächlich war.
    Als er damit fertig war, gab er das vereinbarte Freizeichen. Das Terminal in seiner Unterkunft informierte ihn, dass die Nachricht unterwegs sei und abhängig vom Torverkehr in zwei bis drei Stunden eintreffen würde. Slap selbst würde danach auch nicht mehr lange hierbleiben. Sein Aufenthalt war zwar wahrscheinlich länger als die ursprünglich vorgesehenen 24 Stunden, andererseits waren seine Begleiter, die mit ihm zum Jupiter reisen würden, offenbar sehr daran interessiert, schnell mit der Sphärenregierung in Kontakt zu treten.
    Slap seufzte und schaute auf den nunmehr toten Bildschirm. Er war müde, doch zu aufgekratzt, um zu schlafen. Eine starke Rastlosigkeit hatte ihn erfasst. Das Wechselbad der Gefühle machte ihm zu schaffen. Erst hatte er auf Rettung durch die Allianz gehofft, doch jetzt fühlte er eine tiefe Resignation. Oh, wahrscheinlich würde er zu denen gehören, die sich hierher retten durften, keine Frage. Seine Vorgesetzten würden vermeiden wollten, dass man hier nach ihm fragte und dann erklären musste, dass er nicht als wichtig genug angesehen wurde, um weiterleben zu dürfen. Slap machte sich um sich keine Sorgen. Aber er war so weit in seine Rolle als Botschafter der Menschheit hineingewachsen, dass er am Schicksal seines Volkes verzweifelte.
    Er legte den Kopf vor sich auf den Tisch, brütete vor sich hin. So versunken war er in seinen Gedanken, dass er kaum wahrnahm, dass sich die Tür zu seiner Unterkunft öffnete und die

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