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Teranesia

Titel: Teranesia Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Egan
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Organismen – immer noch die erfolgreichsten Geschöpfe auf diesem Planeten – niemals die Mühe gemacht, etwas anderes hervorzubringen. Das São-Paulo-Gen jedoch war nicht so weitblickend; es hatte nicht jeden Vogel und jeden Schmetterling in einen Schwarm frei lebender Bakterien aufgelöst. Aber wenn es die Möglichkeit erhielt, die evolutionäre Landschaft des Menschen neu zu gestalten, würden noch viel mehr Dinge als nur die Auen verschwinden.
    Prabir hörte einen dumpfen Aufprall außerhalb der Kabine. Als er einen Blick aufs Deck riskierte, sah er, dass der Soldat in die Knie gegangen war und nun langsam zur Seite kippte.
    Der Wachmann am Strand stand noch auf den Beinen; er blickte in Richtung Dschungel und schien nichts vom Schicksal seines Kameraden zu ahnen. Prabir suchte im Licht des Mondes das Wasser ab, aber die Kabine lag so niedrig, dass die nähere Umgebung des Schiffes von der Bordkante verdeckt wurde. Plötzlich griff sich der Soldat in den Nacken, als wollte er nach einem Insekt schlagen, dann begann er zu wanken. Prabir konnte den Pfeil nicht erkennen, aber er konnte nicht von einer Kugel getroffen worden sein. Grant musste sich ein Betäubungsgewehr organisiert haben, aber womit hatte sie es geladen, dass sie eine solche Wirkung erzielte? Strychnin?
    Der Mann stürzte mit dem Gesicht voran in den Sand. Grant würde ihn wahrscheinlich durchsuchen – und es war vermutlich unklug, ihr zuzurufen, dass sie sich die Mühe sparen konnte –, denn keiner der beiden Soldaten führte den Schlüssel zum Schiff bei sich. Prabir hatte beobachtet, wie er von einer Hand in die andere gewandert war, als man seine Mahlzeit angeliefert hatte: Der Schlüssel wurde im Lager aufbewahrt und immer wieder dorthin zurückgebracht. Es hatte keinen Sinn, dass sie beide ihre Zeit vergeudeten; also stemmte er sich gegen die Tür der Kabine, doch weder das Schloss noch die Angeln gaben unter seiner Krafteinwirkung nach. Er nahm sich einen Hocker und schlug ihn mehrfach gegen ein Fenster, in der Hoffnung, die Scheibe so weit zu verbiegen, dass die Nieten gesprengt wurden, die sie im Rahmen hielten. Seine Attacke verlief erfreulich geräuscharm, aber letztlich völlig wirkungslos.
    Jemand klopfte im Stakkato gegen das Fenster auf der anderen Seite der Kabine. Er stellte den Hocker ab und drehte sich um. Madhusree rief ihm leise zu: »Man hat mir gesagt, dass du dieses Fenster von innen aufschieben kannst.«
    Prabir ging zu ihr. Sie war klitschnass, ihr Haar war zurückgebunden, ihre langen, nackten Gliedmaßen schimmerten im Mondlicht. Noch nie seit dem Tag ihrer Geburt war sie ihm so wunderschön vorgekommen, auch wenn nun das Gegenteil der damaligen Gründe galt: ihre Verletzlichkeit, ihre Unbeholfenheit, ihre Verwirrung, all das war in die Antithese verkehrt worden. Seine Eltern hätten diese Transformation miterleben sollen, nicht er, aber er genoss den entzückenden Tritt in den Hintern, ob er nun verdient war oder nicht.
    »Ich möchte dich nicht infizieren«, sagte er. »Du solltest lieber von Bord gehen.«
    Madhusree seufzte. »Niest du? Bist du mit Pusteln übersät? Was wirst du tun – Raketen auf mich abfeuern? Es ist ein Molekül, kein Voodoo-Fluch. Wenn du Vorsicht walten lassen willst, darfst du dich von mir fernhalten, aber ich muss unbedingt in die Kabine kommen, um die Ausrüstung zu checken.«
    Prabir verstand nichts. »Warum?«
    »Damit ich keine Zeit damit vergeude, Sachen vom anderen Schiff zu holen.«
    »Wovon redest du?«
    Madhusree verzog ungeduldig das Gesicht. »Ich weiß nicht, was wir brauchen. Martha sagte, ich könnte mir von hier holen, was noch funktioniert, also wäre es ganz hilfreich, wenn ich weiß, was es ist. Jetzt mach endlich das Fenster auf!«
    Prabir tat wie befohlen, dann zog er sich in den fernsten Winkel zurück, während sie in die Kabine stieg und mit der Inspektion der biochemischen Instrumente begann. Die Soldaten hatten mit einer Brechstange auf den Autopiloten eingedroschen und alles Organische zum Verbrennen weggeschafft, aber die Geräte schienen sie nicht angerührt zu haben.
    »Du hast mit Martha gesprochen?«
    »Ja, durch eine Zeltwand. Sie selbst konnte nicht abhauen, aber im Lager herrscht nicht gerade Sicherheitsstufe eins. Sie haben den armen Dr. Sukardi irgendwo gefesselt und lassen ihn rund um die Uhr bewachen, und das scheint in ihren Augen völlig zu genügen, als wären wir ohne unseren kleinen mickrigen Befehlshaber absolut hilflos.«
    Madhusree hatte sich

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