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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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lehrten Aphykit und Tixu ihre Adepten den Klang des Lebens. Je größer die Anhängerschaft Sharis sein würde, umso größer wäre auch die Chance, den Weg zur Arche wiederzufinden und die Menschheit zu retten. Nach der Zeremonie blieb Tixu bei ihnen, um sie zu lehren, auf ihren Gedanken zu reisen, während Aphykit zu Shari zurückkehrte.
    In den folgenden Wochen erreichten andere Pilger Terra Mater, oft unter lebensgefährlichen Umständen, doch nie auf legale Weise. Sie kamen aus allen Welten des Ang-Imperiums  – alle beseelt von demselben Wunsch, der mythischen Armee der Krieger der Stille beizutreten. Alle, außer einem: Mikl Manura, der irrtümlich auf Terra Mater transferiert wurde. Aber wenn der kleine Mikl auch nicht vorgehabt hatte, auf diesen Planeten zu kommen, so verspürte er doch auch nicht Wunsch, ihn wieder zu verlassen.
    Sowohl fröhlich als auch andächtig nahmen alle Suchenden an der Initiation teil und begannen dann ein neues Leben. Am Fuß der Hymlyas errichteten sie Häuser, sie bauten Getreide, Gemüse und Früchte an. Oft baten sie Tixu die Geschichte zu erzählen, der er den Namen Sri Lumpa verdankte.
    Das tat er widerwillig, berichtete von den Riesenechsen und von Kacho Marum, dem sadumbischen Schamanen auf
Zwei-Jahreszeiten, bis Aphykit ihn ablöste und unter vielen Ausschmückungen die Abenteuer ihres Mannes erzählte. Sie beendete die Geschichte jedes Mal, indem sie ihn, unter großem Gelächter, aufzog.
    Die neuen Shanyan teilten sich alle Arbeiten nach Fähigkeiten und Neigungen. Die Wächter errichteten einen undurchdringlichen Schutzwall der Stille um das Hymlyas-Gebirge und übten sich darin, jede fremde Präsenz auf dem Planeten zu orten. Die Krieger – Satryas auf Inddikisch – schickten unablässig Lichtvibrationen auf die von Menschen kolonisierten Welten. Die Diener – oder Vasyas – erledigten die notwendigen täglichen Arbeiten. Sie umsorgten Naïa Phykit, Sri Lumpa und Shari. Alle drei zogen sich zunehmend in die Meditation und die Stille zurück. Manchmal über Monate.
    Sharis Aussehen veränderte sich auf spektakuläre Weise. Seine Augen wurden dunkler, verschwanden fast in den Höhlen. Sein lockiges schwarzes Haar umrahmte ein ausgezehrtes Gesicht. Er schien vorzeitig gealtert. Bereits vor seinem sechzehnten Lebensjahr hatte er die Größe eines Erwachsenen. Sein Körper war ausgemergelt, und seine dunkle Haut wirkte wie gegerbt.
    Wenn er seine langen Perioden des Schweigens unterbrach, kam er vom Hochgebirge herab, setzte sich vor den »Strauch des Narren« – um den die Pilger das Dorf gebaut hatten – und sprach zu seinen Anhängern.
    Stundenlang sprach er über die leuchtende Quelle, die schöpferische Überlegenheit und die Göttlichkeit des Menschen. Seine Worte drangen in die Herzen seiner Anhänger, und sie bemühten sich, seine Ratschläge in die Praxis umzusetzen. Ziemlich bald hatte er den Status eines Mahdi.

    »Der Meister kommt, wenn seine Schüler bereit sind«, hatte der Narr der Berge oft gesagt.
    Doch Shari hatte den geheimen Pfad noch nicht gefunden. Somit fehlte ihm das wichtigste Bindeglied zwischen dem Menschen und der Schöpfung. Manchmal dachte er, Mensch und Materie seien unzertrennbar miteinander verbunden, manchmal jedoch schien es ihm, sie seien einander fremd und versuchten, sich gegenseitig zu zerstören. Allein die Arche des Lichts musste den Schlüssel zur Auflösung dieses Paradoxons bergen.
    Von Zeit zu Zeit besuchte er Aphykit und Tixu in ihrem von den Pilgern erbauten Haus, und sie diskutierten die ganze Nacht. Von seinen Adoptiveltern, vor allem von Aphykit erfuhr er jene Liebe, die ihn wieder zum Menschen werden ließ. Denn ohne die beiden wäre er wahrscheinlich nicht mehr in der Lage gewesen, unter Menschen zu leben und hätte sich in jene geistigen Sphären zurückgezogen, in denen weder Zeit noch Raum existieren. Er wäre zu einem immateriellen, ätherischen Wesen geworden, einem Hauch – und hätte nicht den Mut besessen, wieder körperliche Gestalt anzunehmen. Denn sein Eintauchen in die Stille löste jedes Mal ein derart überwältigendes Gefühl der Leichtigkeit und Freiheit in ihm aus, dass die Rückkehr in das Gefängnis seines Körpers qualvoll war. Und nur die liebevollen Umarmungen konnten ihn dann trösten, sein Leid lindern und ihn darin bestärken, den Weg seiner Bestimmung weiterzugehen.
    Als Aphykit ihm sagte, sie sei schwanger, war Shari überglücklich und freute sich auf eine kleine Schwester oder

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