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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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schänden.
    »Gocks … Gocks … Gocks … Unreine … vom Glauben Abgefallene … Verräter-Prinz … Hure …«
    Da Zorn und Verbitterung keinen Raum mehr auf dem neuen Jer Salem des Lichts haben durften, wo nur Mitgefühl
und Liebe herrschen sollten, profitierte das erwählte Volk ein letztes Mal von der Gelegenheit, seinen Gefühlen Ausdruck verleihen zu dürfen.
    San Francisco und Phoenix hatten Jek zu seinem Schutz in ihre Mitte genommen. Wegen ihrer ins Fleisch schneidenden Fesseln konnten sie nur kleine Schritte machen.
    Sie gingen an dem riesigen schwarzen Portal des Soukto vorbei, des jersaleminischen Marktes, wo alle notwendigen Lebensmittel verteilt wurden. Obwohl er zu dieser frühen Stunde noch geschlossen war, wehte der Wind köstliche Düfte von Gewürzen, Früchten und Gemüse über die Straße. Die Gerüche lösten lebhafte Erinnerungen in San Francisco aus.
    Er sah sich als kleiner Junge, wie er zwischen Fässern und Kisten umherkletterte, von auf Regalen stehenden Gefäßen die Deckel hob und dort Schätze entdeckte: Beutel mit vakuumgetrockneten Speisen, tiefgefrorene Gemüse, Parfümfl aschen, Unterwäsche aus Wolle, Hausschuhe, Licht-Kugeln, atomar betriebene Mini-Heizkugeln, Tuben mit Hautschutzcreme und – Wunder über Wunder: Spielzeug aller Art, das jedes Jahr zu Christi Geburt verteilt wurde. Jene Zeit war eine Zeit gewesen, als das Jer Salem des Lichts nichts als ein Traum gewesen war; die Zeit, wo sein Vater, der Prinz Seattle, ihm die phantastische Geschichte der Xaxas erzählt und begonnen hatte, ihn mit seinen Pflichten als Prinz vertraut zu machen; die Zeit, wo seine Mutter, Memphis, ihm Kinderlieder vorgesungen hatte …
    Doch nur ein Blick auf Phoenix’ blutendes Gesicht und Jeks vor Entsetzen geweitete Augen genügte, um seine letzten Illusionen zu zerstören. Er erkannte einige Gesichter in der Menge, einstige Gefolgsleute, deren Gewalt sich jetzt gegen ihn richtete.

    Er hatte geglaubt, den Lauf der Dinge ändern zu können, doch im Laufe von achttausend Jahren war das erwählte Volk im Eis Jer Salems erstarrt und dank der Versprechen der Abyner von seiner Überlegenheit über andere Völker überzeugt.
    Phoenix wischte sich mit einer Handbewegung Blut und Speichel vom Gesicht. Trotz ihrer Schmerzen und dem Gefühl der Demütigung sah sie ihren Henkern stolz in die Augen. Das kurze, aber unbeschreibliche Glück dieser Nacht war ihr mehr wert als die Versprechungen eines neuen Jer Salems.
    Völlig benommen erreichten die zum Tode verurteilten endlich den Platz, auf dem die Eisschlitten am Fuß eines riesigen runden Aufzugsschachts standen.
    »Ich hätte nie vermutet, dass die wilden Tigerbären die Hauptstadt Elian zu ihrem Domizil erwählt haben!«, rief Robin de Phart, trotz seiner Erschöpfung, mit lauter Stimme.
     
    Die beiden Eisschlitten blieben ein paar Meter vor dem Rand einer großen Senke – dem Zirkus der Tränen – stehen. Boden und Wände waren aus Eis. Inzwischen waren bereits drei der vier Gestirne aufgegangen, und der Himmel war von einem blassen Blau.
    Jek fing an, unter der Kälte zu leiden. Füße, Hände und Ohren waren bereits ohne Gefühl. Es wehte ein beißender Wind.
    »Es müssen mindestens fünfundzwanzig Grad unter null herrschen«, hatte Robin vor ein paar Minuten gesagt.
    »Zwischen minus fünfunddreißig bis vierzig Grad«, hatte ihn einer der Gardisten korrigiert.
    Sie hatten sich öfter nach Marti umgedreht. Er stand im
Heck des Gefährts, über die Reling gebeugt und schien im Gegensatz zu seinen warm eingemummten Gefährten nicht zu frieren.
    »Ich wusste nicht, dass Sie so kälteunempfindlich sind«, hatte Robin gegen den eisigen Wind laut geschrien.
    »Was wissen Sie schon von mir«, hatte Marti höhnisch entgegnet.
    Einzig bis zu dreihundert Meter hohe Schneewehen durchbrachen die Monotonie dieser unermesslichen weißen Weite, in der manchmal Tigerbären vorbeistreiften oder eine Gruppe silberfarbener Robben lagerte.
    Automatisch ausgeworfene Anker bohrten sich in die Gletscherzunge. Windböen wirbelten im Licht der Sonnen glitzernde Schneewolken auf. Die Gardisten verließen die Schlitten über eine kurze Treppe, umstellten die Fahrzeuge und richteten ihre Waffen auf die Verurteilten.
    »Steigt aus!«, befahl einer von ihnen.
    San Francisco gehorchte als Erster und half dann den anderen.
    »Stellt euch in einer Reihe vor dem Zirkus der Tränen auf!«
    »Ihr seid in keiner Weise verpflichtet, den Befehlen der Abyner Folge zu

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