Terra Mater
Couch. Die Nacht senkte sich über Venicia, und die unter
der Decke des Zimmers schwebenden Licht-Kugeln begannen langsam aufzuleuchten.
»Haltet Ihr Euch für stark genug, den Auslöscher-Scaythen zu widerstehen, Generalsekretär?«
Die Frage verwirrte Fracist Bogh. Noch immer stand er wie versteinert vor dem Fenster. Noch nie war es ihm in den Sinn gekommen, zum Objekt heiliger oder profaner Auslöscher geworden zu sein oder zu werden.
»Ich weiß es nicht, Eure Heiligkeit …«
»Eure Ehrlichkeit ehrt Euch, Kardinal Bogh … Doch Wir wissen, dass Euch bereits, ohne dass Ihr es bemerktet, ein spezielles mentales Programm implantiert wurde!«
Fracist Bogh drehte sich lebhaft um und sah den Greis mit einer Mischung aus Unglauben und Hass an.
»Wie könnt Ihr es wagen, etwas derart Törichtes zu behaupten, Eure Heiligkeit?«, sagte er empört. Er hatte völlig vergessen, dass er mit dem Unfehlbaren Hirten sprach, einem der gefürchtetsten Männer des Universums – nach dem Seneschall, aber noch vor dem Imperator Menati.
»Wir haben Euch bereits erklärt, dass Uns in diesem Palast nichts verborgen bleibt«, antwortete der Muffi gelassen. »Euch wurde ein Tötungs-Programm implantiert! Ihr seid hier, um mich zu töten, Kardinal Bogh! Es gibt keine Macht ohne blutige Hände …«
»Das ist absurd! Ihr müsst einem Irrtum unterlegen sein!«, fauchte der Generalsekretär, außer sich.
»Eure Kontrolle, Kardinal Bogh! Dieses Programm wird erst in …« Er warf einen Blick auf die holographische Uhr an der Wand. » … Hm, die Zeit vergeht so schnell … in einer Viertelstunde aktiviert. Und Ihr merkt nichts, weder vorher noch währenddessen noch danach! Eure Freunde, die Vikare, sind dieses Mal sehr geschickt vorgegangen. Nicht nur,
dass sie Euch die Dreckarbeit machen lassen, nein, sie bedienen sich dieses Mordes auch noch, um Vorteile zu erlangen. Später werden sie Euch ständig erpressen. Sie haben bereits jetzt Beweise Eurer künftigen Schuld gesammelt. Auf diese Weise glauben sie, die totale Kontrolle über die Kirche zu gewinnen … Aber ich werde mich von Euch ohne Gegenwehr töten lassen, mein Mörder. Es ist höchste Zeit, mich meinen himmlischen Richtern zu stellen. Meine Leibwächter, meine Morphopsychologen und meine Leibdiener sind bereits von meinem baldigen Hinscheiden unterrichtet worden. Auch wurde ihnen der formelle Befehl erteilt, nach Eurer Wahl zum Muffi treu zu dienen … Was haltet Ihr als neues Oberhaupt der Kirche von dem Namen Barrofill XXV.?«
Fracist Bogh traten Tränen in die Augen. Doch er wusste nicht, ob er über den pathetischen alten Mann oder sich selbst weinte.
»Aus diesen Gründen habe ich unser Treffen vorverlegt. Ich wollte genug Zeit haben, Euch mein Testament selbst darzulegen. Ein schriftliches oder holographisches Zeugnis hinterlässt Spuren, kann gefälscht werden. Ach ja, ehe ich’s vergesse: Auch Euch wurde ein Programm totalen Vergessens implantiert, was zur Folge haben wird, dass Ihr Euch weder an unsere Unterredung erinnern könnt noch daran, mich getötet zu haben. Auf keinen Fall durfte ein Inquisitor oder irgendein käuflicher mentaler Manipulator erfahren, dass Barrofill XXV. seinen Vorgänger getötet hat, um sich auf dessen Thron zu setzen. Dieses Wissen gehört allein den Vikaren, und sie werden sich dessen bedienen, solltet Ihr ihren Forderungen nicht nachkommen. In gewisser Hinsicht kommt uns diese Tatsache jedoch gelegen, denn den Inquisitoren bleibt somit unsere Unterredung verborgen, und Ihr habt freie Bahn …«
»Aber welchen Nutzen soll dann unser Gespräch haben?«
Der Muffi entnahm einer Tasche seines Gewandes eine runde, schwarze, glatte Scheibe, etwa fünf Zentimeter im Durchmesser.
»Entkleidet Euch, Kardinal Bogh!«
»Was fällt Euch ein, Eure …«
»Schweigt, und gehorcht! Uns bleiben nur noch wenige Minuten! Euer Körper interessiert mich nicht. Wie Ihr wisst, liebte ich nur Knaben, und dafür werde ich mich vor dem Kreuz verantworten … Ihr braucht Euren Colancor nicht ganz auszuziehen; es genügt, wenn Ihr den Oberkörper freimacht. Ich erkläre Euch gleich das Funktionieren dieses Geräts …«
Fracist Bogh gehorchte.
Der Muffi forderte ihn auf, näherzutreten, dann platzierte er die runde Scheibe mit präziser Geste direkt unter das Brustbein des Kardinals. Ein brennender Schmerz breitete sich im Oberkörper des Generalsekretärs aus. Er stieß einen Schrei aus und wich zurück. Die Scheibe schien seine Haut zu
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