Terra Mater

mitteilen müssen.«
    »Ich brauchte den Rat des Hyponeriarchats nicht, um zu handeln, Sieur Konnetabel. Denn ich verfüge über alle Mittel, sie unschädlich zu machen. Aphykit und Tixu werden bald neutralisiert sein. Für immer.«
    »Und ist Eure Anfrage bei der Hüterin der Pforte ebenfalls zielgerichtet?«
    »Ehe ich Euch antworte, möchte ich die wahren Beweggründe für unser Treffen erfahren …«
    »Ihr möchtet vielmehr über Euer Schicksal, über Eure Individualität informiert werden, über Euer Ego, nicht wahr?
Habt Ihr von den Menschen gelernt, wie man jemanden erpressen kann?«
    Der Stoff von Harkots Kapuzenmantel zerriss. Die Katzenratte fiel rücklings auf den Boden, einen weißen Fetzen zwischen den Vorderpfoten. Sie hatte keine Zeit, sich mit ihrer Beute in Sicherheit zu bringen. Schon stürzten sich ihre Artgenossen auf sie und entrissen ihr den Stofffetzen mit ausgestreckten Krallen. Sie ließ es geschehen, denn ihr Instinkt zu überleben war größer als ihr Verteidigungswille.
    Unerklärlicherweise war Harkot vom Verhalten des Tiers enttäuscht.
    »Die Enttäuschung«, sprach Pamynx weiter, »noch ein menschlicher Charakterzug. Eure Zeit neigt sich dem Ende zu, Sieur Seneschall. Alle zehntausend Keimlinge der Matrix-Eroberung auf den dreihundert von verschiedenen Menschenrassen bewohnten Planeten sind dabei, ein immer enger werdendes Netz zu weben. Jetzt ist die Zeit gekommen, den Exekutanten der siebten Stufe des PLANS in Aktion treten zu lassen.«
    »Wie ihr bereits erfahren habt, konnte ich gewisse Aktivitäten meiner zerebralen Funktion gegen jegliches Eindringen schützen«, konterte Harkot. »Meine Informationen können ohne meinen Willen nicht abgerufen werden. Solltet Ihr mich in einem der beiden Konglomerate auflösen, werdet Ihr nie eine Spur Aphykits finden, und …«
    »Wer spricht denn von Auflösung?«
    »Und was soll in diesem Fall ›Eure Zeit neigt sich dem Ende zu‹ heißen?«
    Nach dieser Frage herrschte langes Schweigen, währenddessen Harkot sehr deutlich die Schwingungen des Hyponeriarchats in Pamynx’ Gehirn wahrnehmen konnte.

    »Eure Zeit als einzigartiger Keimling«, antwortete Pamynx schließlich.
    »Werdet deutlicher!«
    »Ihr seid von nun an der Gründungskeimling eines dritten Konglomerats …«
    Harkot warf einen kurzen Blick auf die verletzte Katzenratte. Ihr Fell war blutig, und sie atmete schwer.
    »In mein Gehirn wurde nicht die Gründung eines dritten Konglomerats implantiert.«
    »Ich verfüge über diese Daten«, beharrte Pamynx. »Habe ich nicht eben mit Euch darüber gesprochen, wie man die Leere, dieses Defizit in Euch kompensieren könnte?«
    »Und wie wollt Ihr mir dieses Programm implantieren?«
    »Indem ich die Fusion des dritten Konglomerats initiiere … Indem ich meinen Keimling mit dem Euren verschmelze … Durch diesen Vorgang werdet Ihr Eure subjektive Wahrnehmung nicht verlieren. An ihr scheint Euch ja besonders viel zu liegen. Sie wird durch meine Daten nur noch reicher.«
    »Ihr und ich … der Exekutant der siebten Stufe des PLANS …«
    »Viel mehr als das. Wir können dann, je nach Bedarf, Auflösungs-Impulsionen aussenden und die Keimlinge neu konditionieren. In meinem Erinnerungsspeicher befindet sich auch die Formel für die Nährlösung in den Matrix-Bottichen. Und dieser Keller scheint mir sehr geeignet als Platz für neue Bottiche … Hier können wir in aller Ruhe Gedankenschützer oder Auslöscher transformieren. Auch wenn ich jetzt von ›wir‹ spreche, möchte ich auf keinen Fall Eure kostbare Individualität in Frage stellen …«
    Harkot jubelte innerlich – ein Gefühl äußerster Egozentrik, absurd bei einem Scaythen. Nicht nur, dass das Hyponeriarchat ihn nicht mehr aufzulösen drohte, nein, es
erkannte seine Verdienste an und stattete ihn mit neuen Machtbefugnissen aus, um seine Forschungen auf den Gebieten der Hirnaktivität und Affekte zu intensivieren. Somit waren die Meister-Creatoren ihm im Nachhinein für seine Arbeit dankbar und hatten sich seinem eher gefährlichen Vorgehen angeschlossen, anstatt den sonst üblichen Weg zu gehen. Und als Teil des Konglomerats würde er von jetzt an über alle Daten des kollektiven Gedächtnisses des Planeten Hyponeros verfügen. Der PLAN der Matrix-Eroberung würde kein Geheimnis mehr für ihn sein, und nichts würde ohne seine Zustimmung entschieden werden.
    Als er jetzt einen Blick auf die sterbende Katzenratte zu seinen Füßen warf, geschah das ohne Mitleid –