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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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lief Oniki mit ihrer kostbaren Last zu den Arkaden und tauchte dort im Dämmerlicht unter. Sie erreichte unbemerkt den zu den Zellen führenden Gang und ging, so schnell sie konnte, in ihre Behausung. Geschafft! Doch ganz unbemerkt war ihr Lauf nicht geblieben. Noch atemlos an ihrer verriegelten Tür stehend, hörte sie, wie einige ihrer Mitschwestern auf dem Flur sich lachend darüber ausließen, wer von ihnen es denn so eilig gehabt haben könne.
     
    Plötzlich klopfte jemand heftig an Onikis Tür.
    »Schwester Oniki! Schwester Oniki! Sie müssen im Gerichtssaal vor dem Kreis der Matrionen erscheinen!«
    Vor Entsetzen wie gelähmt stand Oniki an der Wand und starrte zu Boden, als lägen dort die Fragmente ihres zerbrochenen Lebens. Nie wieder würde sie die Großen Orgeln emporklimmen; die Matrionen würden sie verurteilen; wie eine Strafgefangene würde man sie über die Straßen Koralions führen und für immer auf die Insel Pzalion verbannen, wo sie zwischen Kriminellen, Geisteskranken, Prostituierten und sündigen Schwestern leben würde … Tränen liefen ihr über die Wangen, als sie daran dachte, welchen Kummer ihr Vater ihretwegen haben würde.
    »Beeilen Sie sich, Schwester Oniki!«
    Schweren Herzens trocknete sie ihre Tränen, ging zur Tür und öffnete. Zwei Laienschwestern in ihrem grauen Habit und gestärkten Hauben traten in die Zelle und musterten Oniki empört.
    »Wie? Sie haben sich noch nicht gewaschen und umgezogen?«, sagte eine.

    »Sie wissen doch, dass Sie jederzeit einer Vorladung Folge leisten müssen«, fügte die andere hinzu.
    Die beiden wollten die junge Frau entkleiden.
    »Ich bin noch in der Lage, mich allein umzuziehen!«, herrschte sie die Laienschwestern mit zornig funkelnden Augen an.
    »Wie Sie wollen. Aber beeilen Sie sich!«
    Oniki entkleidete sich, ging zum Wandschrank und nahm ein sauberes Gewand heraus.
    Verwaltung und Instandhaltung der Klosteranlage wurde Thutalinen anvertraut, die für die Reinigung der Orgelwerke als ungeeignet erachtet wurden. Die Bewunderung dieser Frauen für die athletischen gebräunten Körper der Reinigerinnen schlug oft in Neid, manchmal Hass um. Dann rächten sich die Laienschwestern – fette weiße Schnecken, die schwerfällig waren und zu viel aßen –, indem sie die Reinigerinnen bei den Matrionen denunzierten.
    Kaum hatte Oniki ihr Ordenskleid übergestreift, packten die beiden sie an den Armen und zerrten sie roh auf den Gang.
     
    Zwei Männer hielten sich im Gerichtssaal auf. Der eine Besucher saß im Zentrum des Kreises der Matrionen auf dem Sessel, der normalerweise der Ältesten vorbehalten war. Sein Kopf war mit einer eng anliegenden purpurfarbenen Haube bedeckt, auf dem noch ein lächerlicher eckiger Hut thronte, der seine scharfen Gesichtszüge unterstrich. Ein weit geschnittenes violettes Cape, das am Hals mit einer Brosche in Form eines Kreuzes zusammengehalten wurde, hüllte seinen Körper ein.
    Die Gesichtszüge des zweiten Besuchers konnte Oniki nicht erkennen, sie waren von einer schwarzen Kapuze bedeckt.
Eine furchterregende Kraft ging von ihm aus. Die Anwesenheit dieser beiden Männer im Kloster machte sie stutzig. Standen die beiden mit ihrem schönen Fremden in Verbindung?
    »Treten Sie näher, Schwester Oniki.«
    Mit unsicheren Schritten ging die junge Frau auf die Reihen der Matri onen zu, deren Gestühl in Rängen kreisförmig um den Sessel der Oberin angeordnet war. Die Frauen hatten ihre offiziellen Gewänder angelegt, rosafarbene Roben, verziert mit Sternen aus Korallen. Die Matrionen sahen besorgt aus, ängstlich blickten sie immer wieder verstohlen zu dem in Purpur und Violett gekleideten Mann. Wer war er, dass diese sonst so auf ihre Vorrechte bedachten Frauen ihm diesen Ehrenplatz angeboten hatten? Eine Auszeichnung, die sie seit Jahrhunderten selbst den Repräsentanten der kollektiven Führungsriege von Ephren nicht zuteilwerden ließen.
    »Wir haben Sie rufen lassen, Schwester Oniki, damit Sie uns über ihre gefährliche Begegnung mit der großen Korallenschlange während Ihrer Arbeit berichten«, erklärte eine Matrionin.
    Oniki brauchte länger als eine Minute, um das Gesagte zu begreifen. Sie war sich so sicher, von den Laienschwestern denunziert worden zu sein, dass sie auf ein derart unbedeutendes Anliegen nicht gefasst war.
    »Hat die Schlange Ihre Zunge gefressen?«, fragte die Matrionin verärgert. »Nun, reden Sie! Kardinal d’Esgouve möchte sich eine Meinung über Ihre Arbeit bilden.«
    Der

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