Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
Vom Netzwerk:
Rand der von Licht durchfluteten Röhre. Sie machte sich für den Aufstieg bereit.
    Als sie mit einem Klimmzug durch eine der Öffnungen in die Röhre eindrang, war sie von dem Anblick überwältigt  – ein majestätischer gerader Tunnel, der in den Himmel ragte. Obwohl er erst vor kurzem gereinigt worden war, sah sie, dass bereits die Strauchflechten wieder zu wachsen begonnen hatten.
    Oniki begann mit dem Aufstieg. Doch im Gegensatz zu den engen Röhren, in denen sie sich mit Händen und Füßen einspreizen konnte, musste sie dieses Mal sorgfältig nach Vorsprüngen suchen, ehe sie Stück für Stück nach oben klettern konnte. Der Stolze Wind machte ihr das Klettern nicht leichter. Er heulte ihr um die Ohren, und ihr Körper wurde von heftigen Böen ergriffen.
    Erst nach zwei Stunden Aufstieg erreichte Oniki das Ende
der Hauptröhre. Unter sich hörte sie die Rufe der sie verfolgenden Schwestern.
    Xati Mu stand hoch am Himmel und schickte seine Strahlen in allen Farbschattierungen auf Ephren hinunter. Die letzten Meter waren am schwierigsten. Das intensive blaue Licht blendete Oniki, die Flechten wurden dichter und glitschiger. Es war heiß, und die feuchten Hände der jungen Frau rutschten immer wieder an den Vorsprüngen ab.
    Nachdem sich Oniki mit einer letzten Kraftanstrengung über den Rand der Röhre geschwungen hatte, blieb sie dort lange sitzen, um wieder zu Atem zu kommen. Damit verletzte sie die Regel Nummer siebzehn, die es den Thutalinen verbot, sich auf den Großen Orgeln aufzuhalten. Denn die Matrionen fürchteten, dass allein das Gewicht eines Menschen dort oben zu Haarrissen in den Korallen führen könnte.
    Es war Oniki egal. Wie viele Regeln habe ich schon gebrochen?, fragte sie sich. Eine mehr oder weniger, darauf kam es nicht mehr an.
    Der weite Himmel über ihr erfüllte sie mit einem unendlichen Glücksgefühl, einer Ekstase, die sie nur mit ihrem Prinzen empfunden hatte.
    Doch plötzlich überkam sie das Gefühl einer Bedrohung, etwas schien hinter ihr zu sein. Obwohl ihr Leben auf dem Spiel stand, hatte sie keine Angst. Und sie tat etwas, was sie unter vergleichbaren Umständen niemals hätte tun dürfen: Sie drehte sich um und trat der Schlange entgegen.
    Das große Reptil war nicht allein.
    Etwa ein Dutzend Schlangen krochen durch die erstarrten Wogen dieses Korallenmeers auf Oniki zu. Zehn, zwanzig Meter lange Schlangen. Ihre Augen sprühten grüne Blitze, ihre schlanken, glänzenden Körper bildeten Arabesken im Orgelwerk.

    Oniki streckte ihnen herausfordernd die Arme entgegen.
    Aber die Schlangen griffen sie nicht an. Sie krochen näher und bildeten einen Kreis um sie, erstarrten und sahen ihr beim Tanzen zu. Denn Oniki tanzte. Sie tanzte nackt, das Haar im Wind … Sie tanzte für ihren schönen Unbekannten, sie tanzte den Tanz der Liebe.
     
    Als auch die Thutalinen endlich den Rand des größten Orgelwerks erreicht hatten, sahen sie ihre junge Mitschwester in einem entrückten Zustand, umgeben von einem Dutzend Korallenschlangen, die sich zu der Melodie des Stolzen Windes langsam wiegten.

SIEBTES KAPITEL
    Ist dein Haus abgebrannt,
Und du bist ohne Heim,
Hat deine Frau dich verkannt,
Und du bist ganz allein,
Suche Rat beim Dogen.
Wird dein Land von Feinden überrannt,
Ist deine Familie gegangen,
Haben die Priester dich verbannt,
Und Dämonen halten dein Herz gefangen,
Suche Rat beim Dogen.
Hat das Spiel dich ruiniert,
Und der Wucherer dir alles genommen,
Ist dein Körper zerstört,
Verheißt das Leben keine Wonnen,
Dann hilft auch dir aus großer Not
der Doge Papironda.
Das ist sein ehernes Gebot.
     
    Volkslied aus den Skoj-Welten,
dem großen Badour Pat Kouton zugeschrieben
    G latin-Bat
    Unter einer Stadt stellte Jek sich etwas anderes als dieses Durcheinander gigantischen Ausmaßes aus Zelten und Baracken vor. Die Wüstenratten unter dem Kommando des Kapitänleutnants Dohon-le-Fil eskortierten den kleinen Anjorianer, als wäre er der Sohn des Sonnengestirns Hares höchstpersönlich, durch eine enge, belebte Gasse. Fliegende Händler boten lautstark ihre Waren feil, Müßiggänger blieben vor Verkaufsständen stehen und gafften. Der kleine Trupp bahnte sich energisch seinen Weg durch die Menge, stolperte über Holzkisten, Stoffballen, Bündeln der aromatischen Wurzelknolle Plumeng …
    Ihr Aerotom hatten sie am Flughafen abgestellt, wo bereits die neunzehn anderen Gleitflieger des Clans geparkt waren. Todeskuss hatte die Mannschaft auf der Brücke antreten

Weitere Kostenlose Bücher