Terra Mater
Palastes, verfügten aber über ein furchteinflößend effizientes Informationsnetz.
»Ihr habt es nicht nötig, einen der Euren zu verteidigen, Eminenz, denn Ihr seid der Einzige, der sich bisher gegen derartige Praktiken gewandt hat. Dank der Interventionen des Konnetabel Pamynx und später des Seneschalls Harkot hat die Kirche in den letzten zwanzig Jahren einen ungeahnten Aufschwung erlebt. Ihr wurdet zum Konklave gebeten, damit man Euch die Auslöscher vorstellen kann, jene
Scaythen, die, wie ihr Name schon sagt, jeden häretischen Gedanken in rebellischen Geistern auslöschen und in ihnen den Keim der Wahrheit implantieren. Das ist ein beträchtlicher Fortschritt, eine einmalige Chance, das Wahre Wort überall zu verbreiten …«
»Und welcher Zusammenhang besteht zwischen unserer Unterredung und den Auslöschern?«, unterbrach der Gouverneur von Ut-Gen den Redner.
»Das Kollegium der Vikare wurde von dem Muffi Viraphan III. im Jahr fünftausendsechsundsiebzig nach dem alten Standardkalender gegründet. Seine Aufgaben beschränkten sich nicht nur auf die Administration der Kirche, sondern vor allem darin, über die Reinheit der Lehre zu wachen. Allein aus diesem Grund sind wir zu dem schmerzhaften Opfer unserer Sexualorgane bereit, Eminenz.
Das Fleisch ist schwach, und unsere Aufgabe besteht darin, keine Schwächen zu tolerieren, keiner Versuchung nachzugeben. Alle Nachfolger Viraphans III. haben versucht, unseren Einfluss zu beschränken. Man betrachtet uns als Störenfriede, als lästige Wächter. Doch wir sind überzeugt, dass wir mithilfe der Auslöscher endlich die Prophezeiung des Kreuzes Wirklichkeit lassen werden können: Es wird kommen der Tag, wo die von ihren Zweifeln befreiten Menschen sich der Wahrheit öffnen und aus ihren Welten Paradiesgärten machen …«
» … natürlich nur, wenn sich die Kirchenoberen auf dem moralischen Niveau ihres Kollegiums befinden«, sagte ein anderer Vikar. »Untadelig! Was würde das Unterfangen der Auslöscher nützen, wenn die Kardinäle solche Vorbilder wären? Wenn der Unfehlbare Hirte sich derartigen Verirrungen hingäbe?«
Die beiden Vikare schwiegen, und alle musterten Fracist
Bogh. Er hatte plötzlich das Gefühl, von einer Meute wilder Löwenhunde belauert zu werden.
»Was erwarten Sie von mir? Sind Sie der Meinung, ich allein könnte gegen die schleichende Korruption in der Kirche kämpfen?«
»Das ist möglich, Kardinal Bogh. Zu einer Bedingung …«
»Welcher Bedingung?«
Wieder schwiegen sie eine Weile und hofften, Bruder Jaweo Mutewa möge sich nicht in dem jungen Gouverneur von Ut-Gen getäuscht haben.
»Euer Haupt mit der Tiara zu schmücken, Eminenz. Den Thron zu besteigen …«
Fracist Bogh war derart verblüfft, dass er laut lachte. Dann fasste er sich und sagte: »Sie alle müssen den Verstand verloren haben, Brüder des Vikariats. Außerdem dürfte Ihnen bekannt sein, dass die Kardinäle dem amtierenden Muffi zu Treue und Gehorsam verpflichtet sind. Wir haben einen Eid abgelegt, der ebenso heilig wie Ihre persönliche Opfergabe ist. Und außerdem lebt Barrofill XXIV. noch immer, soviel ich weiß …«
Die Vikare tauschten Blicke aus. Kardinal Bogh hatte wie erhofft reagiert. Sie hatten die richtige Wahl getroffen.
»In unsrer Eigenschaft als Garanten des Wahren Wortes sind wir befugt, Euch von Eurem Eid zu entbinden, Eminenz.«
»Und was wird mit Muffi Barrofill geschehen?«
»Sein Schicksal wird sich zu gegebener Zeit an gegebenem Ort erfüllen …«
»Habe ich den Sinn eurer Worte richtig verstanden, Brüder? Wollt ihr mir sagen, dass ihr ein Attentat gegen den Obersten Hirten plant? Gegen euren spirituellen Vater?«
»Schon seit langem betrachten wir ihn nicht mehr als unseren
Vater, Eminenz! Und Ihr sprecht von Attentat, wo wir den Terminus ›göttliche Gerechtigkeit‹ benutzen. Barrofill muss seine Taten nun vor dem Kreuz verantworten, dem Kreuz, dessen demütige Diener wir hier unten sind.«
Fracist Bogh wurde von mehreren Hitzewellen ergriffen. Er verabscheute Komplotte und Intrigen. Er wurde in dunkle Machenschaften verwickelt, die zum Ziel hatten, den Muffi zu eliminieren. Jetzt verfluchte er Bruder Jaweo Mutewa. Sein Sekretär hatte ihn in eine Falle gelockt, und er vermutete, diese Gruft nicht lebend zu verlassen, sollte er den Forderungen der Vikare nicht nachkommen.
Ich muss mich bewegen, dachte er, muss diese innere Anspannung loswerden, weil sie mir die Kehle zuschnürt.
Und er ging mit nervösen
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