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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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erkannte, dass sich darin die Überreste eines Penis’ sowie der
Hoden befanden. Und alle anderen Luftkugeln enthielten ähnliche Reliquien, die sich nur durch den Grad ihrer Verwesung unterschieden.
    Jetzt erst begriff er, dass er sich in der Gruft der Kastraten befand, dort, wo die Vikare ihre persönlichen Reliquien, ihre Geschlechtsorgane, aufbewahrten. Ihm wurde übel, ein Schwindelgefühl erfasste ihn.
    »Auch Ihr werdet Euch noch daran gewöhnen, Eminenz!«
    Fracist Bogh griff nach seinem Taschentuch und tupfte sich schnell den Mund ab.
    Als er aufblickte, sah er etwa fünfzehn Vikare – sie schienen aus dem Nichts gekommen zu sein – vor sich stehen. Außer ihren traditionellen schwarzen Colancors und Chorhemden trugen sie weiße Masken, denen der Pritiv-Söldner nicht unähnlich.
    »Verzeiht uns, dass wir Euch mit diesen Masken gegenübertreten, Eminenz«, hörte der Kardinal eine näselnde Stimme, »aber Ihr werdet sofort verstehen, warum wir diese Maßnahme ergreifen mussten, wenn wir Euch den Grund dieses Treffen erläutert haben.«
    »Wir bitten ebenfalls um Entschuldigung, dass unsere Begegnung in der Gruft der Kastraten stattfindet«, fügte ein zweiter Mann hinzu. »Wir sind uns durchaus bewusst, dass die Zurschaustellung unserer persönlichen Opfergaben Euch ein gewisses Unbehagen bereitet, aber dies ist der einzige Ort im Palast, wo wir absolut sicher sind …«
    Fracist Bogh musste schlucken, um den bitteren Geschmack in seinem Mund zu vertreiben. Er straffte sich in dem Bemühen, seine Übelkeit zu überwinden.
    »  … und die Männer, die die Ehre hatten, diese Gruft zu betreten, kann man an einer Hand abzählen.«

    »Und womit habe ich diese Ehre verdient?«
    »Was denkt Ihr über unsere allerheiligste Kirche, Eminenz?«
    Die Frage traf Fracist Bogh völlig unvorbereitet.
    »Wir bitten Euch nicht, das Glaubensbekenntnis zu rezitieren, sondern Eure ureigensten Gedanken auszusprechen, Eminenz. Dabei dürft Ihr versichert sein, dass über alles hier Gesagte striktes Stillschweigen bewahrt wird.«
    »Ich möchte Ihnen gern glauben«, entgegnete der Kardinal. »Doch welche Beweise habe ich für Ihre Aufrichtigkeit? Sie alle sind maskiert, während ich schutzlos vor Ihnen stehe. Und leider ist meine Begabung für die Intrige nur schwach entwickelt.«
    Seine Stimme hallte an den Wänden wider. Ohne es zu wollen, hatte er sie erhoben, weil er sich wachsenden Problemen gegenübersah. Diese schwarzweißen Gespenster, diese triste Inszenierung gingen ihm allmählich auf die Nerven.
    »Bereits jetzt habt Ihr einen Teil unserer Fragen beantwortet, und zwar, indem Ihr von der Intrige spracht. Wie Ihr finden auch wir diese Ränkespiele innerhalb unserer heiligen Kirche unerträglich, weil sie deren Fundament zerstören.«
    »Dann wüsste ich gern, als was Sie unser Zusammentreffen bezeichnen würden?«
    Die Vikare schwiegen. Es war bekannt, dass die Eunuchen des Großen Schafstalls regelmäßig vor ihren »persönlichen Opfergaben« knieten. Fracist Bogh fragte sich, warum sie das taten. Geschah es, weil sie sich gezwungen fühlten, sich an ihrem Leid zu weiden, so wie er selbst das immer wiederkehrende Bedürfnis hatte, sich vor den zu Tode gefolterten Körper, der Häretiker zu sammeln?

    »Eure Bemerkung ist zutreffend, Eminenz. Aber einen Krieg kann man nicht mit moralischer Integrität gewinnen. Manchmal muss man sich der Waffen des Gegners bedienen, um ihn besiegen zu können.«
    »Krieg? Waffen? Das sind Begriffe, die einen seltsamen Klang an einem heiligen Ort haben …«
    »Wir sprechen hier über einen heiligen Krieg, Eminenz. Die wahren Feinde der Kirche des Kreuzes befinden sich nicht außerhalb, sondern in ihr. Korruption und Laster herrschen dort, wo ein belebender Wind des Geistes herrschen sollte. Eure Kardinalskollegen befriedigen ihre animalischen Triebe mit Kindern. Sie unterschlagen für die Mission bestimmte Gelder, um sich Sklaven zu kaufen. Sie nehmen an Orgien teil, bei denen unschuldige Opfer abgeschlachtet werden, nur um ihre perversen Gelüste auszuleben …«
    »Das sind vielleicht nichts als Verleumdungen.«
    »Ihr wisst, dass dem nicht so ist, Eminenz! Wurdet Ihr nicht erst vor kurzem vom Kardinal de Mars zu einer dieser Soireen eingeladen?«
    Fracist Bogh neigte das Haupt, sowohl um den Scharfblick seiner Gesprächspartner zu würdigen, als auch seine Verstörung nicht sichtbar werden zu lassen. Die Vikare lebten praktisch ständig auf dem Gelände des bischöflichen

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