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Terra Mater

Terra Mater

Titel: Terra Mater Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P Bordage
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hölzernen primitiven asexuellen Statuen der Wilven in ihren Dörfern aus.
    Mikl begriff: Mein heroischer Traum ist geplatzt! Der Mahdi Shari hat Recht. Es gibt nur eine einzige Waffe gegen die Scaythen von Hyponeros, den Inddikischen Gesang, das Lied der Schöpfung. Und ich habe diese einzigartige Waffe verloren.
    Geof Runocq und seine Kumpanen merkten die Veränderung in ihren Gehirnen nicht. Noch glaubten sie, einen Gedankenschützer, ein Wild erlegt zu haben, vielleicht ein
Gespenst, das keine Spuren hinterließ – doch sie hatten sich mit einem Gedankenauslöscher angelegt, mit einer Kreatur, die ihre Hirnstruktur nach Belieben verändern konnte.
    Jetzt beherrschte nackte Angst die ehrenwerten Bürger der Welten des Zentrums, auch den neuen Historiographen Song-Nu Jien – und nahm ihnen jede Würde. Nicht nur, dass sie weder ihren Mageninhalt noch den Inhalt ihrer Blase bei sich behalten konnten, nein, sie wurden von dem unwiderstehlichen Drang ergriffen, einander zu töten.
    Wahnsinnig geworden, richtete Geof seine Waffe auf den neben ihm Stehenden und schoss ihn ohne ein Wort nieder.
    Mikl packte das Entsetzen, als er immer schlechter Wild und Jäger unterscheiden konnte; alle liefen wirr durcheinander und töteten sich gegenseitig. Niemand floh. Jetzt erst waren sie zu dem sagenhaften gewalttätigen Jäger Nimrod geworden. Vier überlebten, unter ihnen Geof Runocq und Song-Nu Jien. Doch sie kümmerten sich nicht mehr um den scaythischen Gedankenschützer, eine dunkle, von Rauchschwaden umwobene Gestalt.
     
    Als Geof sein letztes Wild erlegt hatte, schenkte ihm der große Gelehrte Song-Nu Jien keinen einzigen Blick mehr. Er hob seine Waffe, presste den Lauf gegen seine Stirn und drückte ab.
    Doch die gelben Augen des Scaythen sandten noch immer Wellen aus. Kalte Tentakel durchforschten Mikls Gehirn.
    Ein Bereich in seinem Geist wurde zerstört.
    Als der Gedankenschützer eine Stunde später gegangen war, verließ Mikl – eingehüllt in das Cape eines Toten – ebenfalls die Fabrik, durchquerte die Industriegelände Nea-Marsiles und marschierte in Richtung des Tropenwaldes. Er
kehrte in der Bar Naïmerod ein und bestellte einen franzianischen Wein. Die rothaarige Bedienung stellte das Glas wortlos vor ihn hin. Er leerte es und warf eine Münze auf die Theke.
    Als er sich zum Gehen wandte, fragte die Barfrau: »Wo sind denn diese fetten Schweine geblieben? Ich habe gesehen, dass sie ihre Waffen mitgenommen haben.«
    Mikl sah die junge Frau erstaunt an. Er wusste nicht, von welchen Schweinen und Waffen sie redete. Sie schien ihn zu kennen, aber er konnte sich nicht an sie erinnern. Er war doch nur hier eingekehrt, weil er Durst hatte.
     
    Das Rauschen des Wasserfalls übertönte den Gesang der Lyra-Vögel. Mikl saß am Rand des Abgrunds. Ein scharfer Wind peitschte ihm die Gischt ins Gesicht. Er starrte in die schäumende Tiefe, bis ihm schwindelig wurde. Gesichter, Gestalten, Landschaften zogen zusammenhanglos vor seinem geistigen Auge vorbei. Er wusste, dass er sich in diese Tiefe stürzen musste. Das befahl ihm eine Stimme. Nicht seine Stimme, aber sie kam aus seinem tiefsten Inneren.
    Er drehte sich um und betrachtete die im Wind rauschenden Blätter der Bäume. Er war allein. Allein mit seiner Verzweiflung. Allein mit seinem Kummer. Große Tränen liefen über seine Wangen.
    Er stand auf und wusste: Er hatte sein Leben verpfuscht, er hatte unmenschlich gehandelt. Deshalb würde er keine Spur seiner Existenz auf dieser Welt hinterlassen.
    Er sprang in den Abgrund. Kurz bevor er auf dem Felsen aufschlug, sah er das Bild einer Frau mit langem goldenen Haar und wunderschönen graugrünen Augen.
    Hätte er eine Mutter wie sie gehabt, vielleicht hätte er dann die Kraft aufgebracht, nicht sterben zu wollen.

ELFTES KAPITEL
    Und alle jene, die durch das All gekommen sind, werden durch das All wieder gehen. Als Geschöpfe der Gleba kehren sie zur Gleba zurück. Sie werden das neue Jer Salem sehen, die Stadt des Lichts, sie werden wieder zu Kindern der Ewigkeit, und sie werden das Universum befruchten. Denn es gibt eine Wahrheit: Das Ende ist der Anfang, und der Anfang ist das Ende. Es werden Zeiten kommen, in denen von Menschen geschaffene Kreaturen einen erbitterten Kampf gegen die Menschheit führen werden. Dann werden die Boten der Götter, die Xaxas, himmlische Migranten, aus fernen Galaxien in großer Zahl herbeifliegen und sich auf den Gletschern niederlassen. Ihre Bäuche werden sich öffnen und

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