Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Terra Prima

Terra Prima

Titel: Terra Prima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jo Zybell
Vom Netzwerk:
Bewußtseins, die er nicht zu kennen glaubte und die ihm dennoch nicht ganz unbekannt erschienen. Darunter eine fast vergessene Zentraldatei. Plötzlich kannte er seinen vollständigen Namen wieder. Überraschende Bilder und verstörende Fakten verwoben sich mit den aktiven Teilen seines Quantenfokus. Er fragte sich, ob es sich ähnlich anfühlte, wenn die Organhirner träumten. Sie jedoch konnten aufwachen, wenn sie wollten. Ihm aber blieb keine andere Wahl, als es einfach geschehen zu lassen.
    Wieder zischten die beiden Türflügel in die Wand, ohne daß jemand den Sensor berührt hatte. Auf dem Gang vor dem defekten Hauptschott saßen drei Männer an einem Tisch und spielten Karten. Zwei INGA 12 arbeiteten am gegenüberliegenden Schott. Auch das schloß und öffnete sich selbständig und schien den Befehlen des Bordhirns nicht mehr richtig zu gehorchen. Ein ungewöhnliches Phänomen. Heinrich wandte ihm einen größeren Anteil seines Roboterbewußtseins zu – fast zwölf Prozent des Quantenfokus.
    Für den Bruchteil einer Sekunde glaubte er ein Schott zu sehen, daß hinter einer Wand aus Flammen auseinanderglitt. Tres Heinrich , rief jemand zwei- oder dreimal. Tres Heinrich … Gestalten stürmten ihm aus dem Feuer entgegen, ungeheure Kräfte warfen ihn zu Boden …
    In Wirklichkeit stand er fest, in Wirklichkeit brannte es nicht. Doch was hieß das schon, Wirklichkeit? Die Bilder der Erinnerung verblaßten und setzten sich an den Stellen seines Quantenkerns fest, an den sie hingehörten: in seinem Identitätsprogramm; dort, wo seine Geschichte gespeichert war, seine Vergangenheit. Es beunruhigte Heinrich, daß der Prozeß der Erinnerung seine Konzentration auf die aktuelle Situation beeinträchtigte.
    »Unglaublich, einfach unglaublich …« Sibyrian Cludwich hatte die Augen geöffnet. Er bestaunte die unzähligen Ortungsreflexe im Sichtfeld. »Und das sollen alles Omegaraumer sein?«
    »Zu zwanzig Prozent Schlachtschiffe«, sagte Heinrich. »Zu achtzig Schwere und Leichte Kreuzer. Wie eine Kugelschale umgeben sie die Sonne und die inneren Planeten. Wir sind schon mittendrin.«
    »Wie eine Kugelschale? Woher willst du das so genau wissen, Roboter?« Heinrich antwortete nicht. Cludwich erwartete auch keine Antwort, er deutete ins VQ-Feld über der Schnittstelle. »Siehst du den Sparklancer?«
    »Er begleitet uns seit fast zwei Stunden«, sagte Heinrich. Das Beiboot flog so nahe, daß man glaubte, die Umrisse des Piloten hinter dem Frontfenster zu sehen. »Aus irgendeinem Grund lassen sie ihn nicht an Bord.«
    Heinrichs Peilfelder und Peilstrahlen erfaßten ein EMC-Muster in 3-19-38-111 sek. Kein Roboter, denn es war ein organisches Cerebralmuster. Kein Organhirner, denn elektromagnetische Impulse eines Herzens erfaßten die Peilfelder nicht. Ein Kunsthirn also, und doch kein Kunsthirn. Kein Organhirner also, und doch ein Organhirner. Der Herzlose. Er hielt sich in der Kommandozentrale auf. Der Direktor. Roschen. Oder die Generalin?
    Der blaue Roboter blieb wachsam und mißtrauisch, falls man das von einem Roboter sagen kann. Er rechnete damit, daß etwas geschehen würde. Bald.
    Jetzt öffnete sich das Hauptschott zur Messe ganz. Ein hünenhafter Mann in anthrazitfarbener Kombi erschien im Rahmen, ein gut 2,20 Meter großer und fast fünf Zentner schwerer Riese von Fat Wyoming. »Verzeihen Sie, meine Herren«, sagte er höflich. »Wir haben Schwierigkeiten mit den Schotts auf dieser Ebene. Zwei Wartungsroboter kümmern sich an Ort und Stelle um das Problem.« Jetzt öffnete auch Yaku kurz die Augen, schloß sie aber sofort wieder.
    Das Wesentliche über den Organhirner auf der Schottschwelle wußte Heinrich, weil er bei seinem ersten und schon damals viel zu langen Besuch auf diesem Schiff die Dossiers sämtlicher Besatzungsmitglieder gespeichert hatte. Der Goliath dort im Türrahmen hieß Louis Rombre, war noch keine vierzig Jahre alt und Oberst der Geheimen Galaktischen Sicherheitsgarden, Erster Waffeningenieur der LAURIN und angeblicher Spezialist für Landungsoperationen, was immer das heißen sollte. Er wirkte gemütlich und gutmütig mit seinem fetten Gesicht und seiner Knollennase. Heinrich jedoch erfaßte sofort den kühlen, blitzschnellen Denker hinter der Fassade aus Fleisch und Speckfalten.
    »Ein paar Minuten noch, dann haben wir das Schott wieder unter Kontrolle.« Rombre lächelte, doch seine Augen blieben seltsam leblos dabei. »Solange muß ich Sie um ein wenig Geduld bitten.« Sprach's und wandte

Weitere Kostenlose Bücher