Terroir
viele nützliche Bestandteile enthalten sind. Die heute aktuellen Konzentrationsmaschinen arbeiten denn auch wesentlich effektiver mit dem physikalischen Prinzip der Vakuumverdampfung, der Entfernung des Wassers durch Destillation unter Vakuum, oder der Umkehrosmose: Durch ein enormes Druckgefälle diffundieren Wassermoleküle durch eine Membran, die größere Moleküle wie Aromen und Zucker zurückhält. Entsprechende Anlagen sind seit Ende der 80 er-Jahre im Einsatz. In Frankreich legal, in Deutschland sind sie zur Herstellung von Prädikatsweinen verboten. Gerade in Deutschland werden sie von der kritischen Weinöffentlichkeit heiß diskutiert. Das Spektrum reicht von „nicht so schlimm wie Zuckerzusatz“ bis „intolerable Produktverfälschung“. In diesem Kontextwurde der Begriff „neue önologische Verfahren“ geprägt, die von vielen Winzern als zu starker Eingriff in die Natur abgelehnt werden. Und von vielen Verbrauchern natürlich genauso.
In der Neuen Welt, in Australien, Südafrika und Amerika, stellt sich das Alkoholproblem meist genau andersherum. Wenn in heißen Regionen bei fruchtbaren Böden wie heute üblich auch noch ordentlich bewässert wird, laufen die Reben zu einer unglaublichen Form auf. Zuckermengen, die einem späteren Alkoholgehalt von sechzehn bis weit über achtzehn Prozent entsprechen, schaffen sie spielend. Leider sind solche Weine nicht mehr trinkbar. Dann halt früher ernten, könnte man einwerfen. Aber dann sind die Aromen noch nicht reif, und der Geschmack ist völlig daneben. Also bleibt nur ein Wasserzusatz, um die Weine auf Trinkstärke zu verdünnen. Auch zu dieser Praxis gibt es eine moderne Variante. Die Spinning Cone Column (SCC), in die deutsche Sprache zungenbrecherisch mit „Schleuderkegelkolonne“ übersetzt, wurde 1996 in den USA in den Katalog der zugelassenen Weinbereitungsverfahren aufgenommen. Mittlerweile stehen die Anlagen nicht nur in Chile, Südafrika und Australien, sondern auch in Spanien und im Süden Frankreichs – global warming lässt grüßen. „SCC ist ein einzigartiges und äußerst effektives Gas-Flüssigkeits-Kontaktgerät, das flüchtige Stoffe jeder Art aus Flüssigkeiten trennen und konservieren kann. Diese Technologie bewirkt, dass die leicht zerstörbaren, aber oft für Frische und typischen Geschmack verantwortlichen Stoffe wieder zurückgewonnen und konserviert werden können.“ Das heißt, mit der Maschine lässt sich nicht nur für circa drei Cent pro Flasche der Alkoholgehalt auf zwölfeinhalb Prozent reduzieren. Auch essigstichiger Wein kann auf diese Art und Weise wieder trinkbar gemacht werden. So weit, so gut. Oder schlecht. Da sich „flüchtige Stoffe jeder Art“ entfernen, konservieren und gegebenenfalls nach einer Behandlung wieder zufügen lassen,erlaubt die Maschine völlig neue Möglichkeiten des Eingriffs in die Aromenstruktur eines Weins und bietet damit ein weites Beschäftigungsfeld für Geschmacksdesigner aller Art.
Beispiel Nummer drei: der Holzgeschmack. Ein Barriquefass aus einer guten Küferei kostet heute von sechshundert Euro an aufwärts. Umgelegt auf die zweihundertfünfundzwanzig Liter Inhalt verursacht das selbst bei einer zweifachen Nutzung Kosten von gut zwei Euro pro Liter Wein. Da liegt es doch auf der Hand, einfach ein paar Bretter aus Eichenholz in den Tank zu legen oder, was noch einfacher ist, mit Holzchips zu arbeiten. Seit den 70 er-Jahren kommen sie in Kalifornien zum Einsatz, seit den 80 er-Jahren überall in der Welt, auch in Europa. Da waren die Chips zwar verboten, aber wie das eben so ist ... Und weil das so ist und um „Marktgerechtigkeit“ herzustellen und weil „der Kunde ein Recht auf preiswerten Wein hat“, wurden die Chips 2006 in Europa legalisiert. Es gibt sie in „natur“ und unterschiedlich scharf geröstet, medium toasted und heavy toasted . Die Kosten liegen bei circa fünf Cent pro Liter Wein. Die Chips werden in Säcken angeliefert und in den Tank geschaufelt. Praktischer geht es natürlich mit dem – Originalton Hersteller – „Teebeutel-Prinzip: BEST OAK® EASY Barrique wird ganz einfach mittels Spezialhalterung und Befestigungsschlaufen am Spund eingehängt“. Das „spezielle Infusions-Gebinde in Schlauchform“ ist „auch bei mehrmaliger Entnahme leicht zu handhaben und funktioniert betriebssicher“. Und wenn in dem Beutel dann auch noch die „Premium Eichen-Chips“ drin sind, ist die „geschmackliche Veredelung“ garantiert. Und: „Als Anwender
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