Terror auf Stiles Island
einen runterholen, wenn sie jemanden umbringen. So einer ist er auch nicht. Er hat halt diese Kriegermentalität: Er macht es, weil er nun mal so ist, wie er ist.«
Macklin schnitt ein weiteres Stück Torte ab und legte es auf seinen Teller. Faye schüttete ihm Kaffee nach.
»Hast du Angst vor ihm?«, fragte sie.
Macklin schaute überrascht.
»Ich? Nein. Du kennst mich doch, Faye. Mir geht alles am Arsch vorbei. Weshalb sollte ich Angst haben?«
Faye lächelte und nickte. Sie hatte nur einen Bissen von der Torte gegessen.
»Was geht dir eigentlich nicht am Arsch vorbei, Jimmy? Ich kenn dich nun schon seit Kindesbeinen und weiß noch immer nicht, ob’s überhaupt etwas gibt.«
»Dich zum Beispiel, Faye. Isst du den Kuchen nicht mehr?«
Sie schüttelte den Kopf und Macklin zog sich ihren Teller herüber.
»Das stimmt«, sagte sie. »Wirklich.«
»Es gibt nichts, was mir mehr am Herzen liegt.«
»Geld«, sagte Faye.
»Klar«, sagte Macklin.
»Obwohl das eigentlich auch nicht zutrifft«, sagte Faye. Sie trank einen Schluck Kaffee, hielt die Tasse in beiden Händen vor ihrem Mund und schaute über denRand zu Macklin hinüber. »Letztlich ist es nicht mal das Geld.«
»Geld ist schon nicht übel«, sagte Macklin. »Haben wir noch Käse?«
»Im Kühlschrank. Im Seitenfach.«
Macklin stand auf und holte sich den Käse.
»Was du wirklich magst, ist, Geld zu stehlen«, sagte Faye.
»Wenn ich’s verdienen müsste, wären wir arm wie eine Kirchenmaus«, sagte Macklin.
»Das glaub ich zwar nicht, aber darum geht’s nicht. Du willst es ja gar nicht verdienen. Dafür liebst du dieses Spiel zu sehr: einen Coup zu planen, eine Crew zusammenzustellen, Lagepläne anzufertigen, Waffen zu besorgen – und dann Geld zu stehlen, damit wir über die Runden kommen. Das ist es doch, was dir den größten Kick gibt.«
»Nein«, sagte Macklin, »du bist mir wichtiger als alles andere auf der Welt.«
»Wenn ich dich bitten würde, deine Raubzüge aufzugeben – würdest du’s tun?«
Macklin legte seine Gabel auf den Teller und saß für einen Moment schweigend am Tisch.
»Ja«, sagte er schließlich.
Faye ließ sich mit ihrer Antwort noch mehr Zeit.
Dann sagte sie: »Aber … ich werd dich nicht darum bitten.«
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26
»Souverän«, sagte Abby, als sie allein in Jesses Büro saßen. »Woher wusstest du, dass sie so ein Dummkopf ist?«
»Wenn man sich ihre Kinder anschaut, konnte man mit ziemlicher Sicherheit davon ausgehen, dass zumindest einer der Eltern ein Dummkopf ist«, sagte Jesse.
»Selbst wenn sie nicht so bescheuert wäre, hätten wir schon einen Weg gefunden, ihnen das Tonband vorzuspielen«, sagte Petrocelli. »Sie hätten so oder so die Klage zurückgezogen, nachdem sie die Aufnahme mit ihren Kindern gehört hatten.«
»Was hältst du von den Kindern?«, fragte Abby.
»Snapper hat vielleicht eine Chance«, sagte Jesse. »Denken Canton und Brown eigentlich noch immer an eine Zivilklage?«
»Ja. Vielen Dank übrigens für die Vermittlung«, sagte Abby. »Ich habe sie an eine Anwältin bei ›Cone, Oakes‹ weiterempfohlen.«
Petrocelli nahm seine Füße von der Fensterbank und drehte sich langsam in seinem Stuhl. Er hatte sich so weit zurückgelehnt, wie es der Drehstuhl erlaubte, und berührte mit seinen Zehenspitzen nur knapp den Boden.
»Glauben Sie, dass sie wirklich klagen werden?«, fragte Petrocelli und blickte an seiner Nase entlang ins Leere.
»Als ich mit ihnen sprach«, sagte Jesse, »waren sie jedenfalls auf 180.«
»Dann wird das Tonband vielleicht doch noch in einemProzess Verwendung finden«, sagte Petrocelli. »Zu welcher Anwältin haben Sie sie geschickt?«
»Die Frau heißt Rita Fiore«, sagte Abby.
»War mal Staatsanwältin«, sagte Petrocelli. »South Shore?«
»Genau. Norfolk County. Kennen Sie sie?«
»Hat mir vor zwei Jahren einmal den Hosenboden stramm gezogen«, sagte Petrocelli. »Sie hat mehr Haare auf den Zähnen als Jesse.«
»Niemand kann in diesem Punkt Jesse das Wasser reichen«, sagte Abby.
»Glauben Sie, dass das Band in einem Zivilprozess zugelassen wird?«, fragte Jesse.
»Die Zulassungsbeschränkungen sehen dort etwas anders aus«, sagte Petrocelli, »aber wenn jemand das Tonband als Beweismaterial durchboxen kann, dann Rita.«
Sie schwiegen. Niemand konnte sich aufraffen, nach Hause zu gehen. Sie hingen in ihren Stühlen wie Sportler nach einem Match.
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