Terror auf Stiles Island
Jesse stand auf, holte drei Plastikbecher vom Wasserspender und stellte sie auf den Schreibtisch. Er setzte sich, holte eine Flasche »Black Bush« aus einem Schreibtischfach und schüttete ein. Er drückte Abby einen Becher in die Hand, dann Petrocelli. Alle drei nippten an ihren Drinks.
»Ich kenn dich nun wirklich gut, Jesse«, sagte Abby.
»Davon hab ich auch schon gehört«, sagte Petrocelli.
Abby wurde rot und lachte, fuhr dann aber fort: »Dir muss doch bewusst gewesen sein, dass du drauf und dran warst, die Beweislage zu vermasseln.«
»Kann ich davon ausgehen, dass wir hier vertraulich sprechen?«, fragte Jesse.
»Im Moment sind wir drei Freunde, die sich unterhalten«, sagte Abby. »Ich wundere mich, dass du überhaupt fragst.«
»Ich wusste, dass die Jungs die Täter waren, hätte es vor Gericht aber nicht beweisen können. Ich musste sie irgendwie dazu bringen, ein Geständnis abzulegen.«
»Und du hast jedem das Gefühl gegeben, der andere habe gepetzt«, sagte Abby.
»In der Schule nennt man es petzen«, sagte Petrocelli. »Bei der Polizei heißt es verpfeifen.«
»Es ist ein alter Trick, den jeder Cop kennt, und wenn die Kids ein wenig älter und smarter gewesen wären, wären sie auch nicht drauf reingefallen. Snapper ist nicht drauf reingefallen und beim nächsten Mal werden auch die Hopkins-Jungs etwas schlauer sein.«
»Gibt’s denn ein nächstes Mal?«, fragte Abby.
»Nur, wenn sie nach diesem Weckruf nicht die Kurve kriegen.«
»Glaubst du daran?«, fragte Abby.
»Nein.«
»Und du kannst ihnen auch nicht helfen?«
»Nein.«
»Er hat alles getan, was er tun konnte«, sagte Petrocelli.
»Klar«, sagte Abby, »und genau deswegen hast du ja auch diesen Weg eingeschlagen: Du wusstest, dass du sie wahrscheinlich nicht vor Gericht zerren konntest, aber dass du mit dem Tonband und ihrem Geständnis vielleicht die Eltern aufschrecken würdest.«
»Ich wollte vor allem eines nicht: dass sie ein Hausabfackeln und meinen, sie kämen ungeschoren davon«, sagte Jesse.
»Es musste Konsequenzen geben«, sagte Petrocelli, »und mit seinem Vorgehen hat er die Möglichkeit dazu überhaupt erst geschaffen.«
Sie alle dachten darüber nach, während sie an ihrem Whiskey nippten.
»Du hast ein bisschen mehr drauf, als ich zuerst gedacht hatte«, sagte Abby schließlich. »Ich dachte, du wärst nur ein harter Bursche mit einer Ex im Gepäck.«
Jesse nickte. »Die Ex hab ich immer noch«, sagte er.
»Und als letztes Jahr diese Geschichte mit Jo Jo und den Horsemen passierte …« Sie hielt inne und nahm noch einen weiteren Schluck. »Ich hatte die Hosen gestrichen voll.«
Jesse nickte. Es war still im Raum. Petrocelli begutachtete den Boden zu seinen Füßen.
»Es gab ’ne Menge Sachen, die einem Angst machen konnten«, sagte Jesse.
»Vor allem dir.«
»Gehört nun mal mit zum Job«, sagte Jesse.
Abby schaute Petrocelli an. »Haben Sie sich schon mal gefragt, ob er mehr als einen Satz am Stück herausbringen kann?«, fragte sie.
»Ich mag es, wenn sich meine Klienten kurz fassen«, sagte Petrocelli. »Wollten Sie ihm gerade durch die Blume sagen, dass Sie im letzten Jahr einen Fehler begangen haben?«
»Ich wollte mich dafür entschuldigen, ihn falsch eingeschätzt zu haben«, sagte Abby.
Petrocelli grinste und drehte sich leicht zu Jesse herum.»Die ehrenwerte Anwältin will sagen …«, begann er.
»Ich hab sie schon verstanden«, sagte Jesse. Er schaute zu Abby. »Keine Entschuldigung notwendig. Ich bin nun mal ein harter Bursche mit einer Ex.«
»Vielleicht«, sagte Abby.
Und wieder waren sie für eine Weile still, nippten im hell erleuchteten Büro an ihrem Whiskey, bevor sie sich endlich aufrafften und ins Dunkel der Nacht hinausgingen.
Dieses eBook wurde von der Plattform libreka! für Till Leffler mit der Transaktion-ID 2949865 erstellt.
27
Crow saß in einer der hinteren Sitznischen eines China-Restaurants auf der Tyler Street. Ihm gegenüber befand sich ein aalglatter Chinese, der angeblich Bo hieß. Bo trug einen silbergrauen Anzug und ein schwarzes Seidenhemd, das bis zum Kragen zugeknöpft war. Hinter der Sitznische stand ein bulliger Chinese an der Wand.
»Du Portugale?«, fragte Bo.
»Apache.«
Bo schaute überrascht.
»Indianer«, sagte Crow. »Ureinwohner Amerikas.«
»Ah«, sagte Bo. »Huren sagen zu Zuhälter, dass du Kilo kaufen willst. Zuhälter sagt es jemand, jemand sagt es mir.«
»So ist es«, sagte Crow.
»Was dagegen, wenn wir untersuchen
Weitere Kostenlose Bücher