Terror von Rechts
Brandsätze gegen Ausländerunterkünfte, das Münchner Bombenmassaker vom letzten Oktoberfest, Grenzer-Mord, Feme-Mord.
Die Ermittlungen danach bewegen sich meist im Kreis der stets gleichen Namen und Organisationen, und die Szene, ein engverknüpfter brauner Teppich, ragt vielfältig ins Ausland. Untergrundgruppierungen verschiedenster Couleur gewähren Hilfe, teils offen, teils verstohlen, wie etwa im Libanon.« 23
Nach der WSG existierten noch weitere rechtsextreme Terrorgruppen in der Bundesrepublik. Das ehemalige WSG-Mitglied Odfried Hepp, der nach dem Verbot in den Libanon ging, und Walter Kexel, einer der führenden Aktivisten der Volkssozialistischen Bewegung Deutschlands (VSBD) in Hessen, begannen im Jahr 1982 mit dem Aufbau einer Untergrundorganisation. 24
Der Fachjournalist Carsten Hübner berichtete: »Zwischen April und Dezember 1982 begeht die Gruppe Banküberfälle, bei denen sie mehr als 600.000 DM erbeutet. Ihr angeschlossen haben sich inzwischen die VSBD-Mitglieder Wulf-Helge Blasche und Ulrich Tillmann, ferner Peter Sporleder und Hans-Peter Fraas von der Wehrsportgruppe Hoffmann. Ende 1982 startet die Truppe eine Terrorkampagne, die sich, entsprechend ihrer ›nationalrevolutionären‹ und ›antiimperialistischen‹ Ausrichtung, gegen Angehörige und Einrichtungen der US-Armee richtet. So werden in der Nacht vom 13. auf den 14. Dezember 1982 drei Attentate auf Pkw verübt, bei denen zwei US-Soldaten schwere Brandverletzungen davontragen. Außerdem gilt sie als Urheber mehrerer Angriffe auf Wohnungen amerikanischer Familien in Eschborn, Frankfurt und Gießen.« 25
Im öffentlichen Bewusstsein der Bundesrepublik fällt bei »deutschen Terroristen« und »Nahost« sofort der Begriff »RAF«. Die Wehrsportgruppe Hoffmann dürfte hingegen den meisten Bürgern kaum ein Begriff sein. »Wir analysieren Terrorismus durch die Brille dessen, was wir kennen, nämlich Linksterrorismus und islamistischen Terrorismus«, sagt Politikwissenschaftler Gideon Botsch. »Den rechtsextremen Terror nehmen wir nicht als solchen wahr.« Hoffmann ist bis heute in der rechtsextremen Bewegung aktiv, die NPD ging nach den NSU-Morden aber offenbar auf Distanz, erklärte ihn sowie den Neonazi Martin Wiese, verantwortlich für einen geplanten Sprengstoffanschlag in München 2003, angeblich zu unerwünschten Rednern bei NPD-Veranstaltungen.
Wie gezeigt, waren Neonazis Ende der siebziger und Anfang der achtziger Jahre höchst aktiv. Wegen der zunehmenden Militanz mussten immer mehr Rechtsextreme ins Gefängnis. Im Jahr 1979 wurde daher die Hilfsorganisation für nationale politische Gefangene und deren Angehörige (HNG) gegründet. Die HNG war die größte neonazistische Gruppierung in Deutschland. Erklärtes Ziel war die Betreuung und Unterstützung von »nationalen Gefangenen«. Dabei ging es der HNG nicht um eine Resozialisierung von Straftätern und deren Wiedereingliederung in die Gesellschaft, sondern um die Verfestigung der nationalsozialistischen Gesinnung. Durch systematische Relativierung des begangenen Unrechts sollte der Inhaftierte in seiner rechtsextremistischen Überzeugung und seinem Tun bestärkt und zur Begehung weiterer Straftaten motiviert werden. Im September 2011 wurde die HNG rechtskräftig verboten. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich erklärte dazu, inhaftierte Rechtsextremisten seien durch die HNG in ihrer aggressiven Haltung gegen die freiheitlich-demokratische Grundordnung bestärkt worden. Die HNG habe zur verzeichnenden Radikalisierung der Neonazi-Szene beigetragen. Dies sei nicht länger hinnehmbar gewesen, so Friedrich. Warum das Treiben der HNG zuvor 30 Jahre lang offenbar hinnehmbar gewesen war, blieb unklar. Die HNG »betreute« auch den neonazistischen Polizistenmörder Kay Diesner, auch Horst Mahler oder Sylvia Stolz tauchen in den »Gefangenenlisten« der HNG auf, genau wie Neonazis in den USA. Im Zusammenhang mit dem NSU trat auch die HNG in Erscheinung.
Die HNG wurde zuletzt im Zuge der Haftentlassung des Neonazis Martin Wiese in den Medien erwähnt. Wiese saß wegen eines geplanten Sprengstoffanschlags auf die Grundsteinlegung für das neue Jüdische Kulturzentrum am 9. November 2003 am Münchner Sankt-Jakobs-Platz im Gefängnis. Der gebürtige Anklamer wurde wegen Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung (Paragraph 129 a StGB) und Planung eines Sprengstoffanschlags angeklagt und zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt. Bayerns Innenminister Günther
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