Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Terror von Rechts

Terror von Rechts

Titel: Terror von Rechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Gensing
Vom Netzwerk:
HNG »betreut« wurde, ab.
    Am 14. Juni 2000 erschoss der Neonazi Michael Berger in Dortmund und Waltrop drei Polizisten im Einsatz. Anschließend brachte sich der 31-Jährige selbst um. Seine Kameraden feierten ihren »Märtyrer«, auf Aufklebern der Kameradschaft Dortmund stand der Text: »Berger war ein Freund von uns. 3:1 für Deutschland.« An die Hiltruper Polizeiwache wurde laut Medienberichten die vier Meter lange und einen Meter hohe Parole »3 weniger« gesprüht. Unbekannte verwüsteten zudem die Trauerstätte für die drei Polizisten und hinterließen die gesprayten Parolen: »Scheiß Bullen! Krepieren sollen sie alle! Elendig!« Andere Unbekannte legten vor dem Haus Michael Bergers in Dortmund-Hörde Blumen ab, wie die
Westdeutsche Allgemeine Zeitung
am 19. Juni 2000 berichtete. Dortmunder Neonazi-Kader drohten zudem mit Morden gegen Linke und posierten mit Waffen vor Hakenkreuzen und Symbolen der rechtsextremen Terrorgruppe Combat 18, auch das internationale Rechtsrock-Netzwerk Blood & Honour (B & H) spielte in der Dortmunder Szene eine große Rolle, wie Konzerte von lokalen Bands und Hacker der Daten-Antifa mehrmals zeigten. Auch im Fall des NSU wird immer wieder auf B & H (Chiffre in der Szene: 28) hingewiesen. Nach dem Bekanntwerden der NSU-Terrorserie rückte auch der Dreifachmord von Michael Berger wieder in den Fokus. NRW-Innenminister Ralf Jäger erklärte, es würden sämtliche Anschläge und Morde, die möglicherweise rechtsextrem motiviert waren, noch einmal aufgerollt – auch der Fall Berger. Besonders brisant: Bis heute halten sich die Spekulationen, Berger sei ein V-Mann gewesen. Zudem flog im Jahr 2007 ein anderer Neonazi als Kooperationspartner des Verfassungsschutzes auf: Sebastian S. Der Neonazi gehörte ebenfalls zum Umfeld der Dortmunder Rechtsrock-Band, die zum Blood-&-Honour-Netzwerk gezählt wurde, und wurde mit Waffensowie Drogenhandel und einem Raubüberfall in Verbindung gebracht. Der Skandal um Sebastian S. sorgte für einen handfesten Konflikt zwischen Geheimdienst auf der einen und Polizei sowie Staatsanwaltschaft auf der anderen Seite. So warfen die Ermittler dem Verfassungsschutz vor, er habe seinen Informanten vor einer polizeilichen Telefonüberwachung gewarnt, daher wurde wegen Strafvereitelung im Amt ermittelt. Ähnliche Vorwürfe sind auch aus anderen Bundesländern bekannt. 2008 wurde Sebastian S. wegen Verstoßes gegen das Betäubungsmittel- und das Waffengesetz zu drei Jahren und neun Monaten Freiheitsstrafe verurteilt. Sein V-Mann-Führer beim Geheimdienst wurde angeblich suspendiert.
    Nach der Wende in der DDR waren rechtsextremistische Gewalt- und Straftaten in ganz Deutschland sprunghaft angestiegen. Während im Osten durch das Machtvakuum geradezu rassistische Volksfeste gefeiert wurden, mordeten die Neonazis im Westen zumeist in der Nacht und überraschten ihre Opfer mit Brandanschlägen im Schlaf. Die schwersten Anschläge wurden von Rechtsextremen in Mölln und Solingen verübt. Mehrere Kinder verbrannten in ihren Betten. Zudem stachen die Mordanschläge von Diesner und Berger gegen Polizisten heraus. Wie Jürgen Rieger bereits angedroht hatte, gehe es los, wenn der erste Polizist »umgelegt« werde – als es dann so weit war, wollte die Öffentlichkeit nichts davon wissen, weil es kein Bekennerschreiben wie bei der RAF gab.
    Traurige Höhepunkte im Osten waren die pogromartigen Ausschreitungen in Hoyerswerda und Rostock. Während die Häuser brannten und Menschen vor dem Mob flüchten mussten oder in Sicherheit gebracht wurden, der Rechtsstaat vor den Rechten kapitulierte und ihnen die Straßen überließ, stellten sich führende Politiker vor die Medien und schlugen politisches Kapital aus der Gewaltwelle. Schon seit Monaten waren die Zeitungen voll mit Horrorgeschichten über »Asylbetrüger«, das »Boot ist voll«, titelte der
Spiegel
– und die
Bild
hetzte gegen Deutschlands »schlimmste Asylbetrüger«. Aus Schlagworten wurden Brandsätze. Bundesinnenminister Rudolf Seiters sah offenbar dennoch keinen Anlass, verbal gegenzusteuern. Nach dem Pogrom von Rostock-Lichtenhagen erklärte Seiters, nun müsse man handeln gegen den »Missbrauch des Asylrechts«, der zu einem »unkontrollierten Zustrom« von Wirtschaftsflüchtlingen geführt habe. Die Gewalt des Mobs wurde somit noch von höchster politischer Stelle wenn nicht legitimiert, so aber zumindest für nachvollziehbar erklärt. Schuld sind mal wieder die Ausländer, man müsse eben handeln, jeder

Weitere Kostenlose Bücher