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Terror von Rechts

Terror von Rechts

Titel: Terror von Rechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Gensing
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bekannter Neonazi am 26. August 2000 in Nürnberg an Autofahrer aus Ostdeutschland verteilt hatte. In dem an die »mitteldeutschen Volksgenossen« gerichteten Text rief dieser das »Unternehmen Flächenbrand« aus. In dem Flugblatt heißt es: »1. September 2000 – von jetzt ab wird zurückgeschossen.« Das Blatt endete mit dem Satz: »Weitere Anordnungen abwarten (Mittwochsdossier beziehungsweise Angriff).« Nach Einschätzung der Ermittler könnten die Passagen auf die unmittelbar danach beginnende Verbrechensserie des NSU hindeuten. Der erste Mordanschlag fand am 9. September 2000 in Nürnberg statt. Die Formulierung »Mittwochsdossier beziehungsweise Angriff« halten die Ermittler laut
Focus
für interessant, weil mehrere der insgesamt zehn Morde mittwochs verübt wurden. Dass der Neonazi, der die Flugblätter verteilte, direkten Kontakt zu dem NSU-Trio hatte, gilt als unwahrscheinlich. Aktenkundig sind nach Angaben des
Focus
jedoch enge Verbindungen des fränkischen Neonazis zu dem früheren NPD-Funktionär Ralf Wohlleben aus Jena. Die Ermittler halten es daher für möglich, dass fränkische Kameraden über bevorstehende Aktionen gegen Migranten informiert worden sind. Fischer trat im Jahr 2008 nach internen Streitigkeiten aus der NPD aus. Er musste sich mehrfach vor Gericht verantworten, dabei wurde immer wieder deutlich, wie menschenverachtend sein Weltbild ist. So hatte er beispielsweise beim Frankentag 2008 ausgehungerte KZ-Häftlinge als »Weight-Watchers-Werbung« bezeichnet. Im Februar 2008 marschierten Neonazis, darunter auch NPD-Kader, in Budapest auf. In Ungarn findet alljährlich im Februar die Gedenkveranstaltung zum »Tag der Ehre« statt, welcher von ungarischen Blood-&-Honour-Aktivisten organisiert wird. 2007 waren insgesamt rund 800 Rechtsextreme dabei, darunter auch eine Delegation der NPD mit Matthias Fischer sowie erstmalig mit dem damaligen Bundesvorsitzenden Udo Voigt. Sie richteten Grußworte an die versammelten Teilnehmer, in der sie laut
Wiener Zeitung
an die »großen Heldentaten der Waffen-SS- und der ungarischen Pfeilkreuzler-Einheiten« erinnert haben sollen. Bei den anschließenden Konzerten mit Blood-&-Honour-Bands traten auch Gruppen aus Deutschland auf. Fischer und der damalige NPD-Mann Norman Bordin sollen bei dem Konzert mehrmals den Hitlergruß gezeigt haben, wie Aufnahmen des ARD-Magazins »Panorama« zeigten. Von »Panorama« auf den Hitlergruß angesprochen, erklärte Voigt, ob jemand etwa einen Hitlergruß zeige, sei ihm eigentlich »piepschnurzegal«. Er wolle der Sache aber nachgehen. Nach dem Interview teilte der damalige NPD-Sprecher Klaus Beier mit, Bordin und Fischer würden den mehrmals gezeigten Hitlergruß bestreiten. Doch die »Panorama« vorliegenden Videoaufnahmen belegten eindeutig das Gegenteil. Bor-din gehört zu den Schwergewichten der süddeutschen Neonazi-Szene, sein Vorstrafenregister umfasst zahlreiche Einträge. Er saß schon im Gefängnis, unter anderem im Zusammenhang mit einem Skinhead-Überfall auf einen Griechen, der dabei schwerverletzt wurde.
    Stichwort »Gefängnis«: Eine weitere Ebene im braunen Netzwerk war die Hilfsorganisation Nationaler Gefangener (HNG, siehe auch Kapitel »Neue Qualität?«). Zu der HNG wurden zahlreiche Neonazis gezählt, die nun auch im Zusammenhang mit den Netzwerken um die mutmaßlichen NSU-Unterstützer erneut auftauchen. Bordin selbst beispielsweise, aber auch Thomas Gerlach und Frank Schwerdt aus Thüringen, beide Weggefährten von Ralf Wohlleben und anderen wichtigen Strippenziehern rund um den Thüringer Heimatschutz. Auch die mutmaßliche NSU-Unterstützerin Mandy S. engagierte sich bei der »Betreuung« von »nationalen Gefangenen«, unter denen sich Polizistenmörder und andere Schwerkriminelle befanden.
    Die Ermittler konzentrieren sich den Erkenntnissen der Fachjournalistin Andrea Röpke zufolge indes eher auf den Thüringer Heimatschutz mit seinem dem Verfassungsschutz nahestehenden Anführer Tino Brandt. Doch die Spuren ins Blood-&-Honour-Netzwerk wurden ganz offenkundig unterschätzt oder schlicht nicht gesehen. Dabei könnten führende sächsische Blood-&-Honour-Mitglieder bei der Beschaffung von Sprengstoff für die ersten Bomben geholfen haben. Auch beim Abtauchen der Neonazis sollen Kameraden aus dem Umfeld von Blood & Honour maßgeblich beteiligt gewesen sein, das Gleiche gilt für die Beschaffung von falschen Identitäten. Blood & Honour ist ein international agierendes Netzwerk in der

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