Terror von Rechts
liegen weitere Hinweise vor, wie wichtig das Musiknetzwerk für den NSU war. Denn neben dem Gruß an den NSU im
Weissen Wolf
hat vor allem das Lied »Döner-Killer« von Gigi & die braunen Stadtmusikanten für Aufsehen gesorgt. Im Juni 2010 war die CD
Adolf Hitler lebt
mit dem Song darauf beim Plattenlabel PC Records erschienen, welches wiederum in Chemnitz seinen Sitz hat. Es soll auch in die Organisation von Rechtsrock-Festivals in Thüringen eingebunden gewesen sein – Konzerte, die maßgeblich von den Personen aus dem ehemaligen Thüringer Heimatschutz durchgeführt wurden. Mit dabei sollte im Jahr 2006 auch die Band Gigi & die braunen Stadtmusikanten sein. Unterlagen, die dem NDR vorliegen, zeigten zudem, dass ein Macher des Plattenlabels offenbar Uwe Mundlos schon seit Jahren gekannt haben soll. 43
Das LKA Sachsen prüfte im Jahr 2010 den Tonträger und schlug diesen zur Indizierung vor – aber das Lied »Döner-Killer« wurde dabei nicht genannt. Auch der Name eines weiteren Musikproduzenten aus Chemnitz, der ebenfalls zum Blood-&-Honour-Netzwerk gezählt wird, tauchte im Zusammenhang mit den NSU-Ermittlungen auf.
Ein wichtiger Strippenzieher mit guten internationalen Kontakten im Rechtsrock-Geschäft ist seit vielen Jahren Thorsten Heise, NPD-Funktionär, über Jahre der wichtigste Kameradschaftsführer in Südniedersachsen – bis er nach Thüringen übersiedelte. Angeblich sollen die Rechtsterroristen geplant haben, auf Heises Anwesen in Thüringen unterzukommen.
Zehn Morde, drei Terroristen und ein braunes Netzwerk, das bislang erst ansatzweise ausgeleuchtet werden konnte. Die Verbindungen und Strukturen werden noch ganze Bücher füllen können, zum gegenwärtigen Zeitpunkt kann nur angedeutet werden, wie groß und arbeitsfähig die Strukturen waren. Auffällig sind besonders die verschiedenen Ebenen des Netzwerks: feste politische Organisationen wie die NPD tauchen auf, Vorfeldorganisationen wie die HNG, vor allem für die interne Vernetzung wichtig, und dazu als informelle Struktur Blood & Honour, die von Russland über Ungarn und Deutschland bis in die Beneluxstaaten und nach Skandinavien reicht.
Die Bedeutung der Musiknetzwerke kann also im Zusammenhang mit dem NSU gar nicht hoch genug eingeschätzt werden, dies gilt für die Vernetzung, die Finanzierung durch Konzerte und Festivals in der ersten Zeit nach dem Abtauchen sowie auch die mögliche Propaganda nach innen und die Mobilisierung. Doch in Sachsen, wo die Rechtsterroristen über viele Jahre lebten, sieht man hier kaum einen Klärungsbedarf. Die Linkspartei hatte beantragt, wegen der offenkundigen Verbindungen zwischen NSU-Netzwerk und Blood & Honour die Aktivitäten des Musiknetzwerks seit 1995 im Freistaat zu untersuchen. Sachsens Innenminister Markus Ulbig antwortete darauf im März 2012, »das – zu großen Teilen auf die Vergangenheit ausgerichtete – Thema des Antrags betrifft einen sehr speziellen Ausschnitt aus dem Bereich ›rechtsextremistische subkulturelle Szene‹. Ich gebe insoweit zu bedenken, dass der von der Fraktion Die Linke zusammengestellte Fragenkatalog sehr umfassend ist und sehr ins Detail gehende Fragen enthält. Die gewünschten Informationen liegen zusammengefasst nicht vor. Die Abfassung eines Berichts, wie ihn die Fraktion Die Linke wünscht, würde deshalb umfassende Recherchen in den Datenbeständen und Akten von Polizei und Verfassungsschutz erfordern.«
Andere Behörden müssten beteiligt, Spezialwissen zusammengetragen und aufbereitet, »Erkenntnisse, die nur außerhalb des Freistaats vorhanden sind, beschafft und ausgewertet werden«. Mit anderen Worten: Das Innenministerium müsste seine Aufgaben erledigen. Daher fügte Markus Ulbig hinzu, die Regierung setze derweil andere Prioritäten. Den Kampf gegen links vielleicht?
HILFLOS GEGEN RECHTS?!
Wenn der parlamentarische Arm zuschlägt
Während die ehemaligen Kameraden aus dem Thüringer Heimatschutz durch das Land zogen, Menschen erschossen und Banken ausraubten, versuchte sich der mittlerweile inhaftierte Ralf Wohlleben am »Kampf um die Parlamente«, wie es im NPD-Jargon heißt. Er trat 2005 als NPD-Kandidat bei der Bundestagswahl an. Ein Wähler stellte damals auf
abgeordnetenwatch.de
folgende Frage an Wohlleben: Neben den Neonazis gebe es »in unserem geliebten Land leider auch Rechtsterroristen, die Sprengstoff horten, Bomben bauen, Frauen entführen, um Informationen über die antifaschistische Szene zu bekommen, Schlägerskins die in Gruppen
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