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Terror von Rechts

Terror von Rechts

Titel: Terror von Rechts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patrick Gensing
Vom Netzwerk:
weitgespanntes Unterstützernetzwerk mit doppeltem Boden. Die Kontakte verliefen auf freundschaftlicher Basis, die Netzwerke dahinter funktionierten auf mehreren Ebenen: Es gab Organisationen wie den parlamentarischen Arm der Bewegung und Kameradschaften, dazu kamen subkulturelle Strukturen wie Blood & Honour, die sogar international auftreten. Ohne Unterstützer konnten die Rechtsterroristen ihre Morde und Überfälle nicht finanziert und geplant haben, hilfreiche Instrumente wie
Google Maps
existierten damals noch nicht. Der ehemalige Neonazi Ingo Hasselbach wies darauf hin, dass die rechtsextreme Szene schon länger »in einem Zellensystem funktioniert« habe. »Gerade was den Untergrund angeht, das war immer gewollt und auch so konzipiert von der NSDAP/ AO [NSDAP-Aufbauorganisation, Anm. d. A.] aus den USA heraus, die dafür Handbücher angelegt haben, dass man als einzelne Zelle in einer Stadt agiert, aber trotzdem auf ein großes Netzwerk zurückgreifen kann. Das ist immer so angedacht gewesen. So sind die Leute ausgebildet worden. So haben wir damals angefangen uns damit auseinanderzusetzen.« Auch für Hasselbach ist klar, dass eine einzelne Neonazi-Zelle »nicht unabhängig von einer Unterstützung auch von außen agieren [kann]. Das ist unmöglich. Das ist nicht zu schaffen, weil man wirklich gewisse Strukturen einhalten muss.« 36
    Übrigens war der »führerlose Widerstand« auch im
Weissen Wolf
Nummer 20 Thema, der Artikel hieß »Leaderless Resistance« (dt.: Führerloser Widerstand). Ein weiterer Beitrag in dem Petereit-Fanzine beschäftigte sich mit einem Klassiker der NS-Literatur: »Alte Bücher neu gelesen – Herman Löhns
Der Wehrwolf
«. Der Mann schrieb sich allerdings Hermann Löns und hatte im Jahr 1910 das Buch
Der Wehrwolf
veröffentlicht, worin er den Kampf von bodenständigen Bauern gegen marodierende Banden während des Dreißigjährigen Krieges glorifizierte. Der Roman wurde in der NS-Zeit zum Bestseller und zum Namensgeber für die Wehrwolf-Gruppen, die nach der Invasion der Alliierten aus dem Untergrund losschlagen sollten. Ein Selbstverständnis, das viele Neonazis bis heute teilen. Und es finden sich noch weitere Inhalte, die Hinweise geben, dass die Macher des Fanzines vom NSU zumindest gewusst haben könnten. So würdigt der
Weisse Wolf
den 2003 verstorbenen ehemaligen NPD-Landeschef Hans Günter Eisenecker. Es waren unter anderem Recherchen des
Nordkuriers
, die ergeben hatten, dass Beate Zschäpe Kontakte zu Eisenecker unterhielt. Das Blatt wollte vom Innenministerium wissen, welche Erkenntnisse der Inlandsgeheimdienst in dieser Sache hatte, erhielt aber – auch nach einer Klage – keine Auskunft. Eisenecker kam aus Westdeutschland nach Mecklenburg-Vorpommern, war mehrere Jahre Landeschef der NPD. Nach seinem Tod folgte ihm Stefan Köster in diesem Amt, heute Fraktionskollege von Petereit, der wie Eisenecker aus Nordrhein-Westfalen stammt und schon unter Eisenecker Pressesprecher gewesen sein soll. Eisenecker hatte die NPD im Verbotsverfahren verteidigt und war sogar NPD-Bundesvize, er vertrat auch den Hamburger Neonazi Jürgen Rieger, Finanzier der NPD und der rechtsextremen Bewegung, der vor laufender Kamera über Mordanschläge auf Politiker und Journalisten spekulierte. Auch Eisenecker machte aus seinen Zielen und der Angst vor dem »Volkstod« keinen Hehl: »Wir wollen nicht bewahren, wir wollen dieses System überwinden, weil davon das Überleben unseres Volkes abhängt.« Eisenecker, der eine Kanzlei in Mecklenburg-Vorpommern betrieb und sich als Szene-Anwalt einen Namen machte, vertrat auch die Kameradschaft Oberhavel, die im Jahr 1997 verboten wurde, weil sie sich ohne jede Einschränkung zum Nationalsozialismus, zu Adolf Hitler und anderen NSDAP-Funktionsträgern bekannt hatte. Der ehemalige Anführer dieser Neonazi-Gruppierung, Karsten G., stand später vor Gericht, da er versucht haben soll, im September 2003 einen türkischen Imbiss niederzubrennen, in dem sich zur Tatzeit mehrere Menschen aufhielten. Karsten G. war wiederum im Märkischen Heimatschutz (MHS) aktiv, der immer wieder mit NPD-Funktionären aus Thüringen in Verbindung gebracht wird, die ebenfalls Kontakte zum NSU-Netzwerk gehabt haben sollen. Auch Eisenecker hatte in seiner Zeit als NPD-Chef in Mecklenburg-Vorpommern offenkundig indirekt Kontakt zu den untergetauchten Neonazis. Gemeinsam mit dem der NSU-Mittäterschaft verdächtigten Carsten S. aus Jena (er zog später nach Düsseldorf) reiste Ralf

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