Terror von Rechts
die Strategie der NPD, mit der militanten Neonazi-Szene zu kooperieren, noch honoriert.
Der Politikwissenschaftler Butterwegge erklärte zu der Funktion der Partei: Die organisatorische Schlüsselbedeutung der NPD liege in ihrer Scharnier- beziehungsweise Brückenfunktion, also der Vermittlung zwischen Nationalkonservatismus, Deutschnationalismus und militantem Neofaschismus, der offenbar fließende Übergänge zum Rechtsterrorismus aufweise. Insofern würde ein Verbot zweifellos die »richtige« Partei treffen, deren Kader besonders in Ostdeutschland nicht zu unterschätzende Rekrutierungserfolge unter – meist männlichen – Jugendlichen verzeichneten. Der NPD-Vorsitzende Apfel spreche von »seriöser Radikalität«, was, so Butterwegge weiter, »nur ein Kosename für besser getarnte Brutalität ist. Da sind Neonazis in Nadelstreifen am Werk, die ihr Gedankengut erfolgreicher unter das Volk zu bringen hoffen, indem sie gemäßigter auftreten, ohne ihre Kontakte zu den militanten Neonazi-Gruppierungen, den Freien Kameradschaften und den Autonomen Nationalisten zu kappen. Apfel wirkt janusköpfig und dürfte weiterhin den Spagat versuchen: einerseits rechtspopulistisch zu argumentieren, sich als ›Kümmerer‹ der sozial Benachteiligten zu profilieren, und andererseits die militanten Neonazis bündnispolitisch zu integrieren.«
Der Politikwissenschaftler Christoph Weckenbrock betonte zudem im Gespräch mit dem Autor, seit dem Ende des NPD-Verbotsverfahrens habe sich doch einiges verändert: »Man ging damals wie selbstverständlich davon aus, dass es der NPD nicht gelingen könne, in ein deutsches Parlament einzuziehen. Dies hat sich als eine schwere Fehleinschätzung herausgestellt. Die NPD sitzt mittlerweile in zwei deutschen Landtagen, hat in Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern sogar das Kunststück vollbracht, erneut in die Parlamente einzuziehen, was auf ein gewisses Stammwähler-Potential der Partei und nicht gerade erfolgreiche Arbeit der demokratischen Fraktionen schließen lässt. Dass die Sachsen-NPD nach ihrem Wiedereinzug in den Landtag nun sogar auf staatliche Stiftungsgelder hoffen darf, zeigt zusätzlich, dass der Finanzfluss in die rechtsextreme Infrastruktur bereits verstörende Ausmaße angenommen hat. Den Wahlerfolgen auf Landesebene ist eine verstärkte kommunale Verankerung der NPD in Ostdeutschland vorangegangen, die in Regionen wie der Sächsischen Schweiz bereits weit fortgeschritten ist. In vielen strukturschwachen Gebieten besetzt die NPD gezielt auch den vorpolitischen Raum und wird zunehmend als eine normale Partei und echte Alternative im Parteiensystem wahrgenommen.«
Und damit wird ein mögliches Verbot bei vielen Menschen, die die NPD als normale Partei sehen, das Misstrauen gegen den demokratischen Rechtsstaat noch weiter verstärken. So weit hätte es nie kommen brauchen, wäre das erste Verfahren nicht aufgrund der Zusammenarbeit des Geheimdienstes mit Neonazis gescheitert.
Der fragwürdige oder quasi unseriöse Umgang mit dem Thema Rechtsextremismus wird auch durch einen weiteren Vorschlag deutlich, der immer wieder in der Öffentlichkeit kursiert. Demnach soll die NPD von der Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden. Der NPD müsse sofort der Geldhahn zugedreht werden, tönte beispielsweise CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt Anfang 2012. Es sei ein untragbarer Zustand, dass sich die NPD aus staatlichen Mitteln mit rund einer Million Euro im Jahr finanziere. »Demokratiefeindliche Parteien müssen von der staatlichen Parteienfinanzierung ausgeschlossen werden«, fügte er in der
Augsburger Allgemeinen
hinzu. So weit, so simpel. Die fixe Idee, zugelassene Parteien einfach aus der staatlichen Parteienfinanzierung auszuschließen, ist allerdings weder neu noch mehrheitsfähig, rechtsstaatlich vertretbar, praktikabel oder unterstützenswert. Bereits im Jahr 2008 hatte Niedersachsen mit einem Gutachten für Diskussionen gesorgt. Demnach sollte es möglich sein, der NPD per Verfassungsänderung den Geldhahn zuzudrehen. Für die NPD wäre dies ein harter Schlag, da sie einen beträchtlichen Teil ihrer Einnahmen aus dieser Quelle erzielt. Dem Vorschlag zufolge sollte der Bundestagspräsident entscheiden können, welche Parteien staatliche Gelder bekommen und welche nicht. Experten bezweifelten allerdings umgehend die Verfassungsmäßigkeit dieser Konstruktion. Der Politikwissenschaftler Christoph Weckenbrock sagte im Gespräch mit dem Autor, er halte den Vorschlag für
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