Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Terror

Terror

Titel: Terror Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dan Simmons
Vom Netzwerk:
Silence einige Monate zuvor in das Igludorf gekommen waren, damit ihr die Frauen bei der Geburt von Tulugaq helfen konnten, hatte es ihn nicht überrascht zu erfahren, dass der Inuktitut-Name seiner Frau Silna war. Es leuchtete ihm ein, dass sie zugleich den Geist Silas, der Göttin der Lüfte, und Sednas, der Göttin des Meeres, verkörperte. Ihren geheimen silam-inua-Namen wollte oder konnte sie ihm nicht mit ihren Fadenspielen und Träumen mitteilen.
    Seinen eigenen geheimen Namen kannte er. In jener ersten Nacht des Elends, nachdem ihm der Tuunbaq seine Zunge und sein voriges Leben genommen hatte, hatte er seinen geheimen Namen geträumt. Aber er würde ihn nie verraten, nicht einmal Silna, die er in seinen Gedankenbotschaften beim Liebesspiel und in ihren gemeinsamen Träumen immer noch Silence nannte.
     
     
    Das Dorf hieß Taloyoak und hatte ungefähr sechzig Einwohner, die hauptsächlich in Zelten und Iglus lebten. Es gab sogar einige schneebedeckte Erdhäuser an den Klippen, auf deren Dächern im Sommer Gras wuchs.
    Die Leute hier hießen Ulikataliks, was er als »Männer mit Umhängen« verstand, obwohl die äußeren Felle, die sie auf den Schultern trugen, eher Ähnlichkeit mit den Wollschals der Engländer hatten als mit echten Umhängen. Der Häuptling war ungefähr
Mitte fünfzig wie Taliriktuq und eigentlich sehr stattlich bis auf die Tatsache, dass er keine Zähne mehr hatte, was ihn viel älter aussehen ließ. Er hieß Ipiinnaq, was Asiajuq mit »der Schmutzige« übersetzte. Allerdings war Ipiinnaq, soweit Taliriktuq das sehen und riechen konnte, nicht schmutziger als die anderen und sogar sauberer als manche von ihnen.
    Ipiinnaqs wesentlich jüngere Frau trug den Namen Higilak, was »Eishaus« bedeutete, wie Asiajuq grinsend erklärte. Aber Higilaks Benehmen den Fremden gegenüber war keineswegs kalt. Zusammen mit ihrem Mann empfing sie Taliriktuqs Gruppe voller Herzlichkeit und verwöhnte die Gäste mit warmem Essen und Geschenken.
    Als Festmahl bekamen sie Umingmak, Moschusochsensteak, serviert. Taliriktuq schmeckte es sehr gut, doch Silna, Asiajuq, Qaumaniq und die anderen konnten es nur mühsam hinunterwürgen, weil sie zu den netsilik gehörten, dem »Volk der Seehunde«. Nach den Begrüßungszeremonien und dem Essen brachte Taliriktuq mit seinen Zeichen das Gespräch auf die Geschenke der kabloona.
    Ipiinnaq räumte ein, dass sein Volk solche Schätze besaß, aber er wollte sie ihnen erst zeigen, nachdem Silna und Taliriktuq dem Dorf ihre Zauberkräfte vorgeführt hatten. Die meisten Bewohner waren noch nie in ihrem Leben Geistherrschern der Lüfte begegnet. Ipiinnaq hatte zwar vor Jahrzehnten Silnas Vater Aja kennengelernt, doch der war kein silam inua gewesen. Höflich fragte der Häuptling Silna und Taliriktuq, ob sie nicht ein wenig um das Dorf fliegen und sich in Robben, wenn auch bitte nicht in Bären verwandeln könnten.
    Daraufhin erklärte Silna mit ihren von Asiajuq übersetzten Fadenzeichen, dass dies leider nicht möglich sei, dass sie jedoch den gastfreundlichen Ulikataliks gern jene Stelle im Mund zeigen würden, wo ihnen der Tuunbaq die Zunge genommen hatte, und dass ihr kabloona-Gemahl bereit sei, ausnahmsweise die
Narben sehen zu lassen, die er vor mehreren Jahren in einem schrecklichen Kampf mit bösen Geistern davongetragen hatte.
    Damit waren Ipiinnaq und sein Volk vollauf zufrieden.
    Nachdem die Jahrmarktsdarbietung vorbei war, schnitt Taliriktuq mit Asiajuqs Hilfe wieder das Thema der kabloona-Geschenke an.
    Sogleich nickte Ipiinnaq und klatschte in die Hände, um einige Jungen nach den Schätzen auszusenden. Als sie diese brachten, wurden sie reihum weitergereicht:
    Mehrere Stücke Holz, eines vom abgenutzten Griff eines Marlspiekers.
    Goldknöpfe, die das Ankermotiv der Royal Navy trugen.
    Ein Teil eines liebevoll bestickten Männerunterhemds.
    Eine Golduhr, die Kette, an der sie vielleicht gehangen hatte, und eine Handvoll Münzen. Die Initialen auf der Rückseite der Uhr lauteten CF D V – Charles Frederick Des Voeux.
    Ein silbernes Schreibetui mit den Initialen EC auf der Innenseite.
    Ein Goldorden, den Sir John Franklin von der Admiralität erhalten hatte.
    Silberne Gabeln und Löffel mit den Wappen verschiedener Offiziere.
    Ein kleiner Porzellanteller mit dem bunten Emailleschriftzug SIR JOHN FRANKLIN.
    Ein Chirurgenmesser.
    Ein tragbares Mahagonipult, das der Mann, der es in Händen hielt, wiedererkannte, weil es einmal ihm gehört hatte.
    Haben wir wirklich

Weitere Kostenlose Bücher