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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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durchatmen will. Im Obergeschoss stehen die Schlafzimmermöbel, die Betten und Nachttische und Kommoden, die Toilettentische für die Dame des Hauses, die Schränke für Wohnungen, in denen es zu wenig Stauraum gibt, Chaiselongues, damit die Dame mal die Füße hochlegen kann, Polstersesselchen und Hocker für die gleichen Momente der Entspannung, Stehlämpchen, die ein weicheres Licht geben, passend zu dem, du weißt schon, was in einem Schlafzimmer so laufen sollte.»
    Vielleicht sieht Charlie, dass Ahmed rot wird, denn er sagt unwirsch: «Neu, gebraucht – da unterscheiden wir nicht so genau. Das Preisschild sagt alles, und der Zustand des Stücks natürlich. Möbel sind nicht wie Autos; sie haben keine großen Geheimnisse. Was du siehst, das kriegst du. Aber jetzt zu dem Punkt, wo du und ich ins Spiel kommen: Ware für mehr als hundert Dollar liefern wir innerhalb des Bundesstaats kostenlos ins Haus. Das finden die Leute toll. Nicht dass bei uns sehr viele Kunden aus Cape May hereinschauen, aber allein die Vorstellung, dass sie etwas umsonst kriegen, finden die Leute toll.»
    «Und Teppiche», sagt Habib Chehab. «Die Leute wollen nun mal Orientteppiche, als ob Libanesen aus Armenien kommen würden oder aus dem Iran. Also führen wir im Untergeschoss eine Auswahl, und jeder Teppich, der im Geschäft liegt, ist zu kaufen. Wir reinigen ihn, bevor er an den Kunden geht. An der Reagan Avenue gibt’s zwar auch reine Teppichhändler, aber die Leute glauben an unsere günstigen Preise.»
    «Sie glauben an uns, Papa», sagt Charlie. «Wir haben einen guten Ruf.»
    An Ahmeds Nase dringt die Aura von Sterblichkeit, die von diesem gedrängten Wust von Wohngegenständen ausgeht, die Polster, Teppiche und Stofflampenschirme in sich aufgesogen haben, der Geruch organischen Menschenlebens mit seinen vielleicht gerade mal erbärmlichen sechs Stellungen und Bedürfnissen, die sich zwischen den mit Spiegeln voll gepflasterten Wänden in einer verzweifelten Vielfalt von Stilen und Profilen wiederholen, die jedoch immer auf das gleiche alltägliche Elend hinauslaufen, mit seiner Abnutzung und Langeweile, mit seinen abgeschlossenen Räumen, den Fußböden und Zimmerdecken, die konstant Endlichkeit markieren, mit der stummen, stickigen Hoffnungslosigkeit eines Lebens ohne Gott als nahem Gefährten. Das Schauspiel ruft in Ahmed eine Empfindung wach, die in den Falten seiner Kindheit vergraben gelegen hat – das falsche Kaufglück, die Versuchung, die von dem trügerischen Überfluss an Produkten ausgeht. Mit seiner Mutter ist er damals die Rolltreppen hinaufgefahren und durch die Parfumwogen auf den Gängen des letzten, dahinsiechenden Kaufhauses der Innenstadt gestreift; oder, im Trab, um mit den energischen Schritten der Mutter mitzuhalten, und verlegen ob ihrer Sommersprossen, die zu seinem lohfarbenen Teint so schlecht passten, über geteerte Parkplätze in die riesigen Hallen hastig hochgezogener Hangars im Kastenstil, in denen sich unter unverkleideten Eisenträgern abgepackte Waren stapelten. Bei solchen Einkaufstrips, gezielt nur unternommen, um ein bestimmtes, nicht mehr reparierbares Haushaltsgerät oder ein Stück von Ahmeds Jungenkleidung zu ersetzen, aus dem er unerbittlich herausgewachsen war, oder um – bevor der Islam ihn gegen derlei immun machte – ein lang begehrtes elektronisches Spiel zu erstehen, das in der Saison darauf bereits veraltet sein würde, wurden Mutter und Sohn von allen Seiten bedrängt von attraktiven, ingeniösen Dingen, die sie nicht brauchten und sich nicht leisten konnten; potenzielle Besitztümer, die andere Amerikaner offenbar mühelos erwarben, die sie selbst aber vom Gehalt einer alleinstehenden Schwesternhelferin unmöglich abzwacken konnten. Ahmed hatte vom amerikanischen Überfluss gekostet, indem er von unten daran leckte. Wie Teufel kamen sie ihm vor, all die vielen protzigen Packungen, die langen Ständer mit der fadenscheinigen Mode des Tages, die Regale, voll mit mörderischen chipgesteuerten Trickfilmen, Filmen, die die Massen zum Kauf anstacheln, zum Konsum, solange die Welt noch über Ressourcen verfügt, die sich konsumieren, am Futtertrog verschlingen lassen, bevor der Tod die gierigen Münder für immer schließt. Bei all dieser Verlockung Bedürftiger zum Schuldenmachen stand unter dem Strich der Tod, er war die Theke, auf der die dahinschwindenden Dollars landeten. Eil dich, kauf jetzt, denn die reinen, schlichten Freuden des Jenseits sind hohle Märchen.
    Auch bei

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