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Terrorist

Terrorist

Titel: Terrorist Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Updike
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Bordstein hinauf, aber er spürt es kaum. Er ist in eine andere Größenordnung, auf eine andere Ebene versetzt. Charlie ist damit beschäftigt, seine Zigarette in dem Aschenbecher im Armaturenbrett auszudrücken, und sagt nichts zu dem Geholper.
    Nach ein paar Querstraßen haben sich Ahmeds Augen daran gewöhnt, zum linken Außenspiegel zu huschen, der die Längsseite des Fahrzeugs erfasst, und dann durch das Beifahrerfenster zum rechten. Der orangefarbene, in Chrom gerahmte Anblick der eigenen Flanke von Excellency beunruhigt Ahmed nicht mehr, sondern wird ein Teil von ihm, wie die Schultern und Arme, die in seiner peripheren Wahrnehmung auftauchen, wenn er eine Straße entlanggeht. Seit seiner Kindheit fliegt er manchmal im Traum Flure entlang oder einen Meter hoch über Gehwege hinweg, und manchmal erwacht er dann mit einer Erektion oder, noch beschämender, mit einem großen feuchten Fleck auf dem Schlitz seiner Schlafanzughose. Vergeblich hat er im Koran sexuellen Rat gesucht. Darin ist von Unreinheit die Rede, jedoch nur in Hinblick auf Frauen, ihre Menstruation, das Stillen von Säuglingen. In der zweiten Sure hat er die rätselhaften Worte gefunden: Eure Frauen sind euch ein Saatfeld. Geht zu eurem Saatfeld, wo immer ihr wollt! Und legt euch einen Vorrat an! Und fürchtet Gott! Ihr müsst wissen, dass ihr ihm begegnen werdet. Im Vers davor hat er gelesen, dass Frauen eine Plage sind. Darum haltet euch während der Menstruation von den Frauen fern, und kommt ihnen nicht nahe, bis sie rein sind! Wenn sie sich dann gereinigt haben, dann geht zu ihnen, so wie Gott es euch befohlen hat! Gott liebt die Bußfertigen. Und er liebt die, die sich reinigen. Im Lastwagen fühlt Ahmed sich rein, über die Niederungen der Welt, ihre Straßen voller Hundekot und umhergewehter Papier- und Plastikfetzen erhaben; solange er in den Spiegeln den orangefarbenen Kastendrachen hinter ihm fliegen lässt, fühlt er sich rein und frei.
    «Nicht rechts überholen», warnt ihn Charlie plötzlich in scharfem Ton. Ahmed bremst ab und merkt erst jetzt, dass er dabei war, Autos auf der Spur links von ihm zu überholen, jenseits der Fahrbahnmarkierung, einer ununterbrochenen Folge schmutziger New-Jersey-Nägel.
    «Warum heißen die eigentlich New-Jersey-Nägel?», fragt er. «Wie heißen sie denn in Maryland?»
    «Nicht ablenken, Medizinmann. Du kannst nicht dahocken und träumen, wenn du einen Laster fährst. Dein Verhalten entscheidet über Leben oder Tod, mal ganz zu schweigen von den Reparaturen, die fällig werden, wenn du Mist baust, und von den Versicherungsprämien, die dann in die Höhe schießen. Du mampfst hier keine Hot Dogs und quatschst in kein Handy, wie’s die Leute in ihren Autos machen. Du bist größer, also musst du besser sein.»
    «Echt?» Ahmed versucht, den Älteren, seinen libanesisch-amerikanischen Bruder, mit einem Scherz aus der verdüsterten Stimmung zu holen. «Sollten die Autos nicht mir aus dem Weg gehen?»
    Charlie kapiert nicht, dass Ahmed ihn neckt. Durch die Windschutzscheibe fixiert er stur die Straße und sagt: «Sei doch nicht so blöd, Junge: Sie können’s nicht. Es ist wie mit Tieren. Ratten und Kaninchen misst du nicht mit gleicher Elle wie Löwen und Elefanten. Du misst den Irak nicht mit gleicher Elle wie die USA. Wer größer ist, hat gefälligst besser zu sein.»
    Diese politische Bemerkung kommt Ahmed sonderbar vor, eine Spur unpassend. Aber er steckt mit Charlie unter einer Decke und unterwirft sich willig, wohin die Fahrt auch gehen soll.
     
    «Das war der Himmel», sagt Jack Levy. «So ist das Leben eigentlich gemeint. Das hatte ich ganz vergessen, und nie hätte ich erwartet, dass mich jemand daran erinnert.» So vorsichtig, wie es die Umstände verlangen, und ohne Beth’ Namen auszusprechen, zollt er seiner Frau gleichsam Tribut, die vor langer Zeit ihrerseits Gelegenheit hatte, ihm zu zeigen, wie das Leben eigentlich gemeint ist.
    Teresa Mulloy, die nackt neben ihm liegt, pflichtet ihm bei: «Ja, das ist wahr», setzt dann jedoch zum eigenen Schutz hinzu: «Nur hält es nicht an.» Ihr rundes Gesicht mit den ein wenig vorquellenden Augen ist erhitzt, sodass ihre Sommersprossen, hellbraun auf rosigem Hintergrund, nahezu verschwinden.
    «Was hält schon an?», fragt Jack. Es gefällt ihr nicht, dass er einer so gleichmütigen Bemerkung zustimmt. Nun errötet sie so tief wie stets, wenn sie sich getadelt fühlt; sie wird sich ihrer Wehrlosigkeit in diesem aussichtslosen Abenteuer

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