Terrorist
geliebten Mercedes eines Verstorbenen gemeißelt sind; inmitten von Kiefernwäldern und an Bergstraßen liegen einige Herrenhäuser, in denen es angeblich spukt, und Irrenanstalten, was Ahmed flüchtig in den Sinn kommt, als der Tag allmählich verblasst.
Excellencys Scheinwerfer treffen auf dichte Reihen von Strandhütten mit struppigen Vorgärten, in denen auf sandigem Boden schütteres Gras wächst. Motels und Nachtbars machen mit Neonschildern auf sich aufmerksam, deren defekte Röhren in der Dämmerung sirren. Mit kunstvollen Drechselarbeiten verzierte Villen, einst als Sommerresidenzen für große, wohlhabende Familien mit zahlreichen Dienstboten errichtet, müssen sich nun damit bescheiden, Gästezimmer oder Logis und Frühstück anzubieten. Selbst im August ist dies kein überlaufener Ferienort. An dem, was die Hauptstraße zu sein scheint, sind hier und da Restaurants mit Sperrholzplatten verrammelt; sie werben noch für ihre Austern und Muscheln, Krabben und Hummer, servieren sie aber nicht mehr fangfrisch. Von den ausgebleichten Planken, die hier als Gehweg dienen, glotzen Grüppchen von Leuten auf Ahmeds hohen orangefarbenen Kasten, als wäre sein Auftauchen ein Ereignis; wie sie da in allen möglichen Kombinationen von Badeanzügen, Strandtüchern, abgerissenen Shorts und T-Shirts, mit hedonistischen Sprüchen und Witzeleien bedruckt, herumstehen, sehen sie wie Flüchtlinge aus, die nicht mehr Zeit hatten, ihre Habseligkeiten zusammenzuraffen. Die Kinder unter ihnen tragen hoch aufragende Schaumstoffhüte, und Gestalten, die ihre Großeltern sein könnten, haben jeden Gedanken an Würde aufgegeben und machen sich in eng anliegenden, grell bunten und gemusterten Sachen lächerlich. Gebräunt und Überernährt, wie sie sind, tragen einige von ihnen in fröhlicher Selbstverhöhnung die gleichen grotesken Schaumgummihüte wie ihre Enkel, gestreifte Zylinder wie in den Büchern von Dr. Seuss oder Kopfbedeckungen in Form eines aufgerissenen Haimauls oder eines Hummers, der mit riesigen, handschuhartigen Scheren um sich greift. Teufel! Die mächtigen Bäuche der Männer hängen und die monströsen Hintern der Frauen wackeln beängstigend, wenn sie in prallen Laufschuhen den Gehweg entlangtrotten. Nur noch ein paar Schritte vom Tod entfernt, trotzen diese alten Amerikaner allem, was sich ziemt, und takeln sich auf wie Kleinkinder.
Auf der Suche nach der Adresse des letzten Lieferauftrags des Tages lenkt Ahmed den Lastwagen durch ein Raster von Straßen abseits des Strands. Dort gibt es weder Bordsteine noch Gehwege; die Ränder der geteerten Fahrbahn zerbröseln in verdorrten Grasflecken. Die kleinen, schindelverkleideten Katen stehen dicht an dicht; alles deutet daraufhin, dass zu ihrer Instandhaltung nur das Notwendigste geschieht und dass sie nur für die Saison vermietet werden. Etwa die Hälfte davon weisen Anzeichen dafür auf, dass sie bewohnt sind – Licht, ein flimmernder TV-Bildschirm. In manchen Vorgärten haben Kinder knallbunte Strandspielsachen herumliegen lassen; hinter dem Drahtgespinst der Veranden warten Surfbretter, aufblasbare Nessies und Schaumkopffiguren auf das nächsten Herumtollen in den Wellen.
Wilson Way, Nummer 292. Von außen lässt nichts vermuten, dass die Kate bewohnt ist; die Fenster nach vorne sind durch geschlossene Jalousien uneinsehbar gemacht, und daher fährt Ahmed zusammen, als die Haustür, schon Sekunden nachdem er das Glockenspiel der Klingel ausgelöst hat, aufspringt. Ein großer Mann mit einem schmalen Kopf, der durch die dicht beieinander stehenden Augen und das kurz geschorene schwarze Haar noch schmaler erscheint, steht hinter der Fliegentür. Im Gegensatz zu den Scharen in Strandnähe trägt er keine sonnenfreundliche Kleidung, eine graue Hose und ein langärmeliges, an den Handgelenken und am Hals geschlossenes Hemd in der unbestimmbaren Farbe von Ölflecken. Sein starrer Blick ist nicht freundlich. Sein ganzer Körper wirkt auf drahtige Weise gespannt; sein Bauch ist bewundernswert flach.
«Mr.» – Ahmed wirft einen Blick auf seinen Lieferschein – «Karini? Ich habe für Sie eine Lieferung von Excellency Wohnbedarf in New Prospect.» Er schaut erneut auf den Lieferschein. «Ein Puff in mehrfarbigem Leder.»
«In New Prospect», wiederholt der flachbäuchige Mann. «Nicht Charlie?»
Ahmed versteht nicht gleich. «Ah – ich fahr jetzt den Laster. Charlie hat im Büro zu tun, er soll sich mit den Abläufen da vertraut machen. Sein Vater ist
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