Tesarenland (German Edition)
einiger Zeit zu der Leiche umdrehe, ist der Tesar verschwunden. Zurück bleiben der Körper des Mannes und ich. Ich verstehe nicht, warum er mich ignoriert hat. Er hat mich bemerkt, er hat mich direkt angesehen und ist einfach gegangen. Ich denke nicht länger über diesen Umstand nach, eine Antwort werde ich sowieso nie finden.
Die Sonne senkt sich langsam und ich möchte hier nicht mehr umherirren, wenn es dunkel wird. Es wird Zeit, dass ich meinen kleinen seelischen Zusammenbruch von mir streife und endlich wieder auf die Bein komme. Ich darf den Grund für all die Qualen der letzten Tage nicht vergessen; Kayla.
Ein lauter Knall lässt mich zusammenzucken. Er kam von irgendwo aus der Stadt. Ich weiß nicht, was dieses Geräusch verursacht hat, aber danach ist es wieder ruhig. Totenstill.
Ich rapple mich auf und gehe wahllos in eine Richtung. Irgendwo wird mich diese Straße schon hinführen. W enn ich einfach nur immer am Waldrand entlanglaufe, entdecke ich vielleicht bald etwas, das mir bekannt vorkommt. Nach einer Weile sehe ich ein flaches Gebäude, von dem ich glaube, dass ich es schon einmal gesehen habe. Ich laufe darauf zu und dann fällt mein Blick auf einen Schneehaufen und ich weiß, hier hat Kayla sich übergeben. Ich kann die rostfarbenen Flecken im Schnee noch sehen. Ich überlege, wie Luca mit uns gelaufen ist, aber ich merke schnell, dass ich mich nicht erinnern kann. Ich hatte mit Kaylas Gewicht zu kämpfen, da habe ich mir nicht den Weg gemerkt. Hätte ich gewusst, dass mir das mein Leben retten könnte, hätte ich es getan. In meinem Hals drückt ein Kloß so groß wie eine Faust. Wenn ich nicht befürchten müsste, dass die Tesare mich hören, dann würde ich gern schreien. Aber ich würde mich auch gern einfach hier an Ort und Stelle hinlegen und darauf warten, dass Luca kommt, oder der Tod, oder einfach irgendwer.
Aber dann fällt mir meine Schwester ein, und ich nehme mich zusammen, denn sie ist wichtiger als mein Selbstmitleid. Wieder frage ich mich, was, wenn Luca tot ist? Dann hat sie nur noch mich. Tief durchatmen und dann einen Fuß vor den anderen. Ich schaffe das, muss ich. Für meine kleine Schwester, die sich auf mich verlässt. Also laufe ich los, immer gerade aus. Immer der Nase nach. Ich halte mich geduckt, nahe an den Wänden, so wie ich es bei Luca gesehen habe.
Und tatsächlich, irgendwann stehe ich vor den Treppen, die hinunter in die Dunkelheit führen. Erleichtert steige ich nach unten, nur um festzustellen, dass ich hier falsch bin. Hier sieht es ganz anders aus. Der Gang ist länger, sogar das Skelett eines Autos steht hier unten. Ich bin falsch. Heulend lehne ich mich gegen das Auto. Ich möchte nur noch aufgeben. Mich einfach hier hinsetzen und an nichts mehr denken.
18.Kapitel
»Suchst du nach mir ?«, höre ich Lucas dunkle Stimme plötzlich neben mir. »Oder nach dem?« Er hält mir die Karte, die Roland gezeichnet hat unter die Nase.
Mit dem Ärmel meiner Jacke wische ich mir über das Gesicht. »Du? Wie kommst du hier her ?«
Luca schnaubt verächtlich. »Das sollte ich wohl dich fragen. Was hast du dir dabei gedacht ?«
»Ich …« Zuerst will ich ihm sagen, was ich hier draußen gemacht habe, aber dann entscheide ich mich dagegen, schließlich ist er schuld. »Wenn du nicht so stur wärst, wäre ich gar nicht hier«, werfe ich ihm vor. Wütend reiße ich ihm die Karte aus der Hand. Mir ist klar, ich kann sie nicht lesen. In meinen Augen sind da nur Striche und Kästchen, aber ich will nicht, dass Luca denkt, er hätte mich schon wieder gerettet. Ich will ihm zeigen, dass ich auch gut ohne ihn zurechtkomme, auch wenn die Szene eben überhaupt nicht so aussah. Aber ich habe doch recht, wenn er sich nicht so angestellt hätte, wäre ich gar nicht erst in diese Situation geraten. Und diese Tatsache macht mich noch wütender auf ihn. Ich gehe auf die Treppen zu, während ich so tue, als würde ich die Karte studieren.
»Wo willst du jetzt hin ?«, fragt Luca. Er hat sich noch keinen Schritt weiter bewegt. Noch immer lehnt er an dem Auto, die Augenbrauen hochgezogen und die Arme abwehrend verschränkt. Er schmunzelt mich an und wartet auf meine Antwort.
»Dorthin«, sage ich und wedele mit dem Stück Papier.
Luca lacht. »Wenn du meinst. Ich jedenfalls nehme diesen Weg.« Er deutet noch tiefer in die Dunkelheit. »Hier unten gibt es nicht so viele Aliens wie da oben«, sagt er abfällig.
»Okay«, sage ich nur und klinge dabei
Weitere Kostenlose Bücher