Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders

Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders

Titel: Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wolf
Vom Netzwerk:
Das klang verdammt melodramatisch. „Man hat sie fertiggemacht und ins Papenfuhlbecken geworfen. Das könnt ihr mir glauben. Guckt euch in einem der alten Fabrikgebäude in der Nähe der Gedenkstätte Hohenschönhausen um. Und guckt euch dort ganz genau um.“
     
    Carola Stein blickte einen Moment ins Leere. Dann ließ sie sich zeigen, wo im Computersystem die Tonaufnahme lag und rief Dirk Hanter an. Vielleicht hatte der Kollege trotz seiner Aufbruchstimmung noch ein paar Stunden Zeit, um sich zumindest am Rande mit dem Fall zu beschäftigen.
     

Fünftes Kapitel
     
    Lautes Summen und Stechen war das Erste, was sie fühlte. Als steckte ihr Kopf in einem Bienenstock. Dezente Übelkeit das Zweite. Verwirrung und Orientierungslosigkeit. Sie konnte ihre Hände nicht bewegen. Warum waren sie gefesselt? Mit dem Öffnen der Augen kehrte die Erinnerung zurück. Der alte pfeifende Mann auf dem Friedhof, der gar kein alter Mann gewesen war und sie ausgetrickst hatte wie eine Anfängerin. Wann würde sie je lernen, im richtigen Moment den Rückzug anzutreten? Timing. Es fehlt mir am Timing, dachte sie, aber das sollte ich später diskutieren, mit wem auch immer. Wenn es noch ein Später gab.
     
    Tessy versuchte, den dröhnenden Kopfschmerz und das dumpfe Angstgefühl zu ignorieren, während sie vorsichtig den Blick schweifen ließ. Sie saß mit dem Rücken an einen Holzstapel gelehnt auf einer zerschlissenen Decke. Es war zugig, kalt und düster – ein verwaister Dachboden, auf dem neben tausenderlei anderem, längst vergessenem Kram alte Schränke, Regale und Kommoden verstaut waren. Ein Nest für Ratten, dachte Tessy. Zwei- und vierbeinige.
     
    „Wer bist du?“
     
    Tessy schrak zusammen. Erst jetzt nahm sie die Gestalt wahr, die zwischen zwei Schränken regungslos im Halbdunkel auf einem alten Küchenstuhl saß und sie anstarrte. Der Erpresser. Der alte Mann. Der Biker, Bus- und U-Bahnfahrer. Endstation Turmstraße. Da war noch alles in Ordnung gewesen. Sie schluckte. „Das könnte ich dich auch fragen, oder? Warum…“
     
    Der Mann sprang auf und war mit drei großen Schritten bei ihr. Tessy zuckte zusammen, als er sich zu ihr herunterbeugte, sie am Kragen ihrer Jacke packte und mit zusammengebissenen Zähnen schüttelte, bis ihre Ohren klingelten. „Erzähl mir bloß keinen Scheiß, hörst du? Ich bin nicht bescheuert, und ich hab kein Problem damit, dir noch eins überzubraten!“
     
    Tessy stöhnte, und ihr Herz flatterte. Sie war kurz davor, in Panik auszubrechen. „Schon gut, hör auf – sonst platzt mir der Schädel, und ich kann dir gar nichts mehr erzählen“, gab sie dennoch schnoddrig zurück.
     
    Verblüffenderweise ließ er sie sofort los und musterte sie einen Augenblick angestrengt. Dann drehte er sich um, zog seinen Stuhl heran und platzierte ihn direkt vor Tessy. Er setzte sich und nestelte ein Handy aus seiner Manteltasche. Es gehörte Tessy, wie sie sofort erkannte.
     
    „Was hast du mit Brandner zu schaffen? Und bitte – erspar mir dumme Sprüche und Märchen.“ Er hielt ihr das Display vors Gesicht, auf dem die SMS an ihren Auftraggeber aufleuchtete.
     
    Es ist nicht sinnvoll, in einer ausweglosen und gefährlichen Situation zu lügen und sich selbst unnötig in Gefahr zu bringen, überlegte Tessy. Er hat eine passable Rechte und ist ziemlich sauer, aber wie ein kaltblütiger Killer sieht er nicht aus. Vielleicht habe ich eine Chance.
     
    „Also?“
     
    „Ich bin Privatdetektivin“, erklärte Tessy schließlich unumwunden. „Ich sollte nach der Geldübergabe an dir dranbleiben.“
     
    Er betrachtete sie abwartend und nickte dann langsam. Durch eine Dachluke fiel ein Sonnenstrahl und erhellte für einen Moment sein Gesicht. Es war schmal und bleich. Kummervoll. Er hatte braune Augen und fast mädchenhaft lange Wimpern.
     
    „Aber eine Adresse hast du nicht durchgegeben“, meinte er in feststellendem Ton und klang zufrieden. „Zumindest nicht per Handy. Die SMS jedenfalls erlaubt keine großartigen Schlussfolgerungen.“
     
    Glücklicherweise, dachte Tessy. Vielleicht wäre er sonst wesentlich unfreundlicher… Oder hätte längst das Weite gesucht. Was hielt ihn eigentlich davon ab? Neugier?
     
    „Machst du häufiger solche Jobs?“
     
    „Ich bin Privatdetektivin“, wiederholte Tessy erstaunt. „Natürlich mache ich auch solche Jobs.“
     
    „Was zahlt er dir?“
     
    „Ein paar tausend.“
     
    Er trat ihr gegen die Füße – das war keine freundliche Geste,

Weitere Kostenlose Bücher