Tessy 02: Tessy und die Lust des Mörders
eigentlich einen Auftrag für Sie?“, wechselte Bohl plötzlich das Thema. „Er wollte einen zuverlässigen Schnüffler für ein delikates Problem. Da dachte ich gleich an Sie.“ Er zeigte ein leises Lächeln.
„Ja, er hatte einen Auftrag“, meinte Tessy zögernd. „Aber ich werde ganz sicher nicht noch einmal für ihn arbeiten.“
Bohl starrte sie mit zusammen gezogenen Brauen schweigend an, während er ihren Worten nachzulauschen schien. Sie nickte ihm zu. „Noch mal: danke.“ Damit wandte sie sich um und verließ den Club.
Am Straßenrand wartete Carola Stein in ihrem Wagen. Sie ließ die Scheibe herunter, und Tessy nannte ihr die Adresse.
„Gut. Ich kümmere mich um alles Weitere. Mein Kollege fährt Sie nach Hause, und dort bleiben Sie auch, klar?“
„Gern geschehen, Frau Hauptkommissar“, entgegnete Tessy in ironischem Ton.
Die Stein sagte nichts dazu, ließ die Scheibe wieder hoch und gab Gas. Tessy sah ihr kopfschüttelnd nach, bevor sie in den Polizeiwagen stieg, der sie nach Hause brachte.
Zehntes Kapitel
Brandner wusste, dass er observiert wurde, seitdem er am frühen Abend nach Hause gefahren war. Der Polizeibeamte stellte sich noch nicht einmal besonders dumm an, aber Brandner hatte einen siebten Sinn dafür entwickelt, ob ihm jemand folgte, noch dazu im Auto.
Er wartete eine gute halbe Stunde, bis er seine Villa in Dahlem durch den Hinterausgang wieder verließ. Der Trick war so wirkungsvoll wie einfach. Der Polizist war alleine und hatte sich entschieden, den Vordereingang im Auge zu behalten. Sehr wahrscheinlich ging er davon aus, dass sein Tun unbemerkt geblieben war. Brandner hatte in mehreren Zimmern das Licht eingeschaltet, außerdem lief der Fernseher. Bis der Beamte merkte, dass er genarrt worden war, hatte Brandner sich längst abgesetzt.
Er lief eine Nebenstraße herunter und hielt ein Taxi an, das ihn zum Potsdamer Platz fuhr, wo er sich aus seinem Autosalon einen unauffälligen Audi holte, um in die Nollendorfstraße zu fahren. Er war aufgeregt. In seinen Fingern juckte es. Er würde die Nutte fertig machen, soviel stand fest, und er würde sich Zeit lassen mit ihr. Er bekam einen vielversprechend harten Ständer.
Brandner parkte in einer Nebenstraße und griff nach seinem Handy. Sascha hatte ganze Arbeit geleistet, und es wurde Zeit, ihn abzulösen. Es klingelte dreimal, viermal, dann schaltete sich die Mobilbox ein. „Sascha hier. Nach dem Piep könnt ihr loslegen. Oder auch wieder auflegen. Egal.“
Brandner runzelte die Stirn. Dann verzog er den Mund. Wahrscheinlich war Sascha gerade mitten in einer Nummer und wollte sich nicht stören lassen. Verständlich. Das hatte er sich verdient. Fick sie ordentlich durch, mein Freund, dachte er, während er ausstieg und zur Hausnummer achtundvierzig ging. Gleich hört der Spaß auf.
Der Hausflur war dunkel, die Eingangstür stand einen schmalen Spalt auf. Es roch nach Urin. In einigen Wohnungen brannte Licht. Brandner schlüpfte nach kurzem Zögern in den Flur und blieb einen Moment stehen, um zu lauschen. Einige alltägliche Geräusche drangen an sein Ohr – Musikfetzen, ein pfeifender Wasserkessel, ein streitendes Paar, Kinderstimmen, Telefonklingeln. Brandner lief leise die Treppe hinauf. An jedem Absatz blieb er kurz stehen und horchte. Die Vorfreude verlieh ihm Flügel und ein flatterndes Herz. Nichts war so aufregend wie die Angst in den Augen einer Frau, die er sich gerade nahm.
Unterm Dach gab es nur eine Wohnung. Brandner schlich näher und hielt das Ohr behutsam an die Tür. Musik. Sascha mochte Musik, erinnerte er sich. Außerdem übertönte sie die Schreie der Nutte. Er legte die Hand auf die Klinke. Die Tür war nicht abgeschlossen … Einen Augenblick lang dachte er daran, sich umzudrehen und so schnell wie möglich davonzulaufen. Es war nicht Saschas Art, unvorsichtigerweise die Tür offen zu lassen. Andererseits – was sollte in der Zwischenzeit schon Besonderes passiert sein?
Drei Herzschläge später siegte die Neugier. Er trat in den Flur. Stille. Nein, ein leises Stöhnen oder Flüstern. Er ging auf Zehenspitzen weiter und schob die nächste Tür auf. Ein gequältes Knarzen ertönte. Er blickte in ein Wohnzimmer.
Die Frau saß auf dem Sofa, gefesselt, halbnackt und übel zugerichtet. Sie blickte ihm mit großen, ängstlichen Augen entgegen. Brandner atmete tief durch. Er lächelte erleichtert. Was für ein schöner Anblick.
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