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Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1

Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1

Titel: Tessy und die Hörigkeit der Malerin - 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lara Wolf
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getroffen, als es mancher Fotograf vermocht hätte.“ Grün-braune Augen. Er lächelte sanft. Charlotte lächelte zurück. Sie war geschmeichelt und wusste, dass er es mitbekam. Na und?
    „Mein Name ist übrigens Philipp Sommer.“ Er wandte sich zu seinem Begleiter um. „Und das ist mein Mitarbeiter und Freund Simon Koch. Ich führe ein Antiquitätengeschäft und bin schon allein deshalb an Kunst interessiert. Gibt es noch mehr Bilder von Ihnen?“
    Mit einer winzigen, bei oberflächlicher Betrachtung kaum wahrnehmbaren Handbewegung gab Philipp Simon zu verstehen, dass er das Gespräch mit Charlotte alleine fortsetzen wollte. Sie tat, als hätte sie die kleine Geste nicht bemerkt und lächelte Simon freundlich zu, als der sich knapp entschuldigte und Richtung Weinausschank davonging.
    „Ja, es gibt einige Bilder von mir“, nahm Charlotte den Faden wieder auf. „Aber offensichtlich bin ich nicht begabt genug oder treffe nie den richtigen, gerade angesagten Geschmack, denn für die Kunstakademie hat es bisher nie gereicht. So übe und lerne ich in der Zeit, die mir neben meinem Job bleibt, wo immer sich die Gelegenheit ergibt.“
    Sie setzten sich, und Charlotte ertappte sich dabei, wie sie ihn länger ansah, als unbedingt nötig gewesen wäre, selbst als Malerin. Er hatte zarte Linien unter den Augen, und manchmal verfestigte sich sein Mund und wirkte hart, eigenwillig.
    „Würden Sie mich malen?“ fragte er.
    „Ja, natürlich. Gerne.“
    „Eine Bedingung.“ Er beugte sich zur ihr vor. „Keine Schmeicheleien. Direkt, ehrlich, schonungslos. Ich weiß, dass ich keine Zwanzig mehr bin und brauche auch nicht die Illusion der ewigen Jugend.“
    Charlotte nickte. Sie war beeindruckt. Entweder war Philipp der geborene Charmeur, oder er meinte es ehrlich und war eines der letzten interessanten Exemplare der Gattung Mann. Sie griff zu Block und Stift und skizzierte Kopf und Oberkörper in wenigen Minuten. Merkwürdigerweise stimmte die fertige Zeichnung nicht mit dem Bild überein, das sie im Kopf hatte, und das passierte ihr selten. Dem Gesicht fehlte die Wärme. Der abgebildete Mann wirkte entschlossen und energisch. Charlotte betrachtete es nachdenklich, bevor sie es an Philipp weiterreichte. Der lächelte.
    „Ein kämpferischer Typ“, stellte er fest. „Darf ich Sie einladen?“ Philipp legte seine Hand für einen Moment mit leichtem Druck auf ihre. „Zu einem späten Kaffee oder Espresso?“
    Er ist verdammt attraktiv, dachte sie, er interessiert mich, und er weiß es. Nach dem Herzklopfen und den weichen Knien zu urteilen, interessiert er mich sogar sehr. Vor ihrem inneren Auge sah sie plötzlich in beeindruckend deutlichen Bildern, wie Philipp ihr ohne großes Vorspiel an die Wäsche ging, das Höschen zerriss, ihr schmutzige Worte ins Ohr flüsterte …
    Sie atmete tief durch. „Ja, gerne.“
    Er nickte, als hätte er nichts anderes erwartet, und in seinen Mundwinkeln entdeckte sie ein feines, ironisches Lächeln. „Heute Abend noch? Oder sind wir artig und sittsam und schlafen eine Nacht darüber?“
    Wir sind keine kleinen Kinder mehr, schien er damit sagen zu wollen, sondern zwei erwachsene Menschen, die mit ihren Bedürfnissen umgehen können, aber ich bin so freundlich und überlasse dir die Entscheidung. Kleines Mädchen oder Frau, die weiß, was sie will und dazu steht? Charlotte spürte ein zartes Vibrieren, das sich über ihren Körper ausbreitete.
    Sie hob das Kinn. „Artig und sittsam hat noch nie zu mir gepasst.“
     
    Sie fuhren zu ihm. Die Wohnung über dem Antiquitätengeschäft in Schmargendorf war dezent und teuer eingerichtet. Philipp bevorzugte ungewöhnliche Kombinationen aus Stahl und Holz, dazu dunkle Blau- und Grüntöne. Er servierte den Espresso auf der Terrasse, wo Charlotte in einem Korbsessel Platz genommen hatte. Sie tranken schweigend. Er ließ sie nicht aus den Augen, und genau in dem Moment, in dem Charlotte ein mulmiges Gefühl beschlich, lächelte er plötzlich.
    „Erzähl mir von dir“, sagte er, wie selbstverständlich zum Du übergehend, und stellte seine Tasse ab.
    „Ach, es gibt nicht viel zu erzählen“, erwiderte sie seltsam erleichtert. „Das Wichtigste weißt du schon.“
    „Das kann ich mir nicht vorstellen – hast du denn gar keine Vergangenheit?“
    Charlotte lachte. „Meinst du Ehen, Scheidungen, Kinder und so weiter? Nun, in der Hinsicht habe ich in der Tat keine Vergangenheit. Einige Freunde, Affären, ein bisschen Liebeskummer. Das war es

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