Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)
die Feier vergessen kann. »Ich hab es eilig, ich will unbedingt auf die Party von ’nem Kumpel.«
»Ich habe aber mit Hugo ausgemacht, dass ich ihn mitnehme. Da stehe ich zu.«
»Wenn wir jetzt zurückfahren, dann kostet uns das enorm viel Zeit, bis wir bei Hugo sind. Und dann fahren wir wieder in denselben Stau. Dann kann ich die Party vergessen. Und darauf habe ich überhaupt keinen Bock.«
»Aber ich habe es Hugo versprochen.«
»Ich habe meinem Kumpel Peter auch versprochen, zu seiner Geburtstagsfeier zu kommen. Ruf Hugo doch an, und erklär’ ihm die Situation. Sag, dass es dir unendlich leidtut, aber dass wir jetzt leider vorbeigefahren sind und keine Lust auf denselben Stau haben.«
»Nein, auf keinen Fall, so ein Arschloch bin ich nicht.«
»Aber mir gegenüber verhältst du dich wie ein Arschloch. Ich hatte dir gleich gesagt, dass ich’s eilig habe. Deshalb bin ich dir ja auch bis Harburg entgegengekommen, Mann.«
»Jetzt reg dich nicht so auf. Ich bin der Fahrer, und ich sage, dass wir den Hugo jetzt abholen.«
»Das ist echt richtig scheiße von dir.« Florian ist total sauer. Er hatte sich so auf die Party gefreut. Nur weil dieser Penner keine Schilder lesen kann, versaut er ihm den schönen Abend.
An der nächsten Ausfahrt fährt das Wohnmobil ab und kehrt um. Schmollend verschränkt Florian die Arme, Günther schaut er gar nicht mehr an, stattdessen dreht er sich demonstrativ zur Seite. Eine Viertelstunde später sieht er wieder das Ausfahrtsschild »Göttingen«, doch diesmal auf der anderen Autobahnseite. Hoffentlich steht der Kerl wirklich gleich an der Ausfahrt.
Doch kurz nach der Ausfahrt kramt Günther im Handschuhfach. Es dauert ein bisschen, bis er sein Navi gefunden und an die Frontscheibe gepappt hat. »Wofür brauchst du denn ein Navi? Du hast doch gesagt, dass dieser Hugo gleich bei der Ausfahrt auf uns wartet.« Kleinlaut gibt Günther zu, dass das nicht wahr ist. »Er hat mir gesagt, dass er in der Nähe der Autobahn wohnt. Dort holen wir ihn ab.« So ein Lügner, was ist denn das für eine Pfeife? Florian schüttelt den Kopf. Das nächste Mal fährt er wieder Bahn, da hat er Ruhe vor solchen Pennern.
Günther versucht, das Navi einzuschalten. Doch es bleibt schwarz. Mehrmals drückt er auf den »On«-Schalter, aber nichts tut sich. »Äh, ich fürchte, dass mein Navi den Geist aufgegeben hat.« Auch das noch. Und wie sollen sie jetzt Hugo finden? Das kann dauern, denn keiner von beiden war jemals in Göttingen. »Ruf Hugo doch wenigstens an. Der soll da hinkommen, wo wir sind. Dann können wir endlich weiterfahren.« Florian versucht, an Zeit zu retten, was noch zu retten ist. Doch Günther schüttelt den Kopf, er will Hugo abholen – wie versprochen. Aber anrufen ist natürlich trotzdem sinnvoll.
Falsch gedacht. Eine Dreiviertelstunde irren Günther und Florian durch Göttingen, ohne die Elburger Straße zu finden, wo Hugo wohnen soll. Alle zehn Minuten ruft Günther ihn an. Er sagt ihm, wo sie sich gerade befinden, Hugo versucht, sie zu sich zu führen. Doch vergeblich. Erst nach 45 Minuten finden sie die Elburger Straße. Florian versucht, ruhig zu bleiben, doch innerlich kocht er. Die Geburtstagsparty mit seinen Jungs kann er todsicher vergessen.
Endlich stehen sie vor Hugos Haus. Doch der steht noch nicht mal vor der Tür, um auf sie zu warten. Günther muss ihn rausklingeln, nach fünf Minuten stapft er gemächlich zum Wohnmobil und steigt ein. Das kann doch alles nicht wahr sein. Hat es denn hier niemand eilig? Florian muss sich auf die Zunge beißen, um nicht auszurasten. Zumal genau das eintritt, was er vorausgesehen hat. Das Wohnmobil fährt zurück auf die Autobahn und reiht sich wieder hinten in den Stau ein. Noch eine halbe Stunde vergeht, bis sie endlich wieder normal weiterfahren können.
Florian hat jetzt genug von Günther. Er schnallt sich vom Beifahrersitz ab und geht nach hinten. »Was machst du denn da?« Günther ist verwundert. »Erst fährst du an der Ausfahrt vorbei, dann irren wir fast eine Stunde durch Göttingen, weil du dein Navi nicht bedienen kannst, und schließlich stehen wir wieder im selben Stau. Sorry, aber ich hab jetzt echt keine Lust mehr auf dich.« Sprachlos starrt ihm Günther hinterher. Florian legt sich auf eine Bank im hinteren Teil des Wohnmobils. Sehr schnell pennt er ein. Wenigstens etwas.
Kurz vor Ingolstadt wacht er wieder auf. In Harburg hatte er Günther angeboten, ihn am Rasthof Ingolstadt aussteigen zu lassen.
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