Testament liegt im Handschuhfach: Unterwegs mit der Mitfahrzentrale (German Edition)
Einer seiner Kumpels könne ihn von dort problemlos abholen – und Günther muss dann nicht umständlich durch die Innenstadt kurven. Doch mittlerweile ist es zwei Uhr morgens. Florian weiß: Von seinen Kumpels auf Peters Geburtstagsparty kann jetzt keiner mehr fahren. Und Florian hat auch keine Lust mehr darauf, Günther einen Gefallen zu tun. Der hat ihm den ganzen Mist eingebrockt, jetzt soll er ihn auch nach Hause fahren. Schließlich hat er Hugo auch mitten in Göttingen abgeholt.
Doch Günther denkt gar nicht daran, den Plan zu ändern. Stattdessen hält er am Rasthof Ingolstadt an. »Ich kriege dann 30 Euro von dir«, sagt er zu Florian. Der kann es nicht fassen. Nicht nur, dass Günther ihm nicht mal angeboten hat, ihn direkt nach Hause zu fahren. Er verlangt auch noch den vollen Fahrpreis trotz der ganzen Verspätung. Denn statt der kalkulierten sieben Stunden sitzt Florian bereits dreieinhalb Stunden mehr in dem Wohnmobil. Sein ganzer Ärger flammt sofort wieder auf. Was ist dieser Günther für ein Vollidiot? Na, warte, der bekommt schon noch sein Fett weg …
Florian packt seinen Rucksack, fingert 5 Euro aus seinem Geldbeutel und drückt sie Günther in die Hand. »Hier. Sei froh, dass du überhaupt was von mir bekommst. Du hast mir den ganzen Abend versaut.« Verwirrt glotzt Günther ihn an. »Für den Stau konnte ich doch nichts …« – »Am ersten Stau hattest du wirklich keine Schuld, aber du bist dafür verantwortlich, dass wir an der Ausfahrt vorbeigefahren sind, umdrehen mussten und dann wieder in denselben Stau gefahren sind. Und dann bist du auch noch zu blöd, ein Navi zu bedienen. Du hast mir die Party versaut. Und dann bietest du mir nicht mal an, mit dem Fahrpreis runterzugehen. Nicht mal nach Hause fährst du mich mitten in der Nacht. Sorry, da hast du nichts anderes verdient!«
Entschlossen macht Florian die Tür auf und geht. Günther mosert, doch es ist zwecklos. Von Florian kriegt er nix mehr. Wütend lässt Günther den Motor wieder an und fährt Richtung München. Derweil ruft sich Florian ein Taxi. Für acht Euro bringt es ihn nach Hause. Insgesamt hat er für die Fahrt nun 13 statt 30 Euro gezahlt. Immerhin, grinst Florian, so billig ist er von Hamburg noch nie nach Hause gekommen.
Die Hälfte ihres Umzugs hat Doro schon geschafft. Immerhin, Bett, Schrank und Schreibtisch stehen bereits in ihrer kleinen Studentenbude in der WG in Göttingen. Sie hat die Möbel auseinandergebaut und mit dem VW-Bus eines Freundes transportiert. Die Kisten mit Büchern und Klamotten und der Schreibtischstuhl haben nicht mehr reingepasst. Auch ihre beiden Katzenbabys mussten erst mal bei Mama in Paderborn bleiben. Egal, denkt sich Doro. Leih’ ich mir den Wagen eben in zwei Wochen noch mal und schaff’ dann den Rest nach Göttingen.
Doch Doro hat die Rechnung ohne ihre Mutter gemacht. Die setzt ihrer Tochter plötzlich die Pistole auf die Brust. Entweder sind Kisten, Stuhl und Katzen in zwei Tagen weg, oder sie steckt die Kätzchen ins Tierheim und wirft die Kisten auf den Müll. Doro bettelt. Nur noch zwei Wochen, dann kann sie sich den VW-Bus von Dirk ausleihen. Vorher geht’s nicht, weil er gerade damit in Spanien ist. Doch ihre Mutter bleibt hart. Sie will endlich wieder Platz im Keller, schon viel zu lange hatte Doro ihren Kram dort. Schließlich stehen die Sachen schon seit einem Jahr da, als sie zu einem Erasmus-Austausch nach Rom aufbrach. Jetzt reicht’s der Frau Mama.
Es ist Sonntagabend im erzkatholischen Paderborn, für den nächsten Tag hat sie schon eine Mitfahrgelegenheit – aber nur für sich selbst, nicht für die Möbel. Und ein eigenes Auto, mit dem sie ihr Zeug und die Katzenbabys transportieren könnte, hat sie auch nicht. Morgen einen Transporter mieten? Kommt nicht in Frage. Der kostet mehrere hundert Euro, die kann sie sich nicht leisten. Hhm, hatte ihr Fahrer Jörg nicht am Telefon gesagt, dass er außer ihr keine weiteren Mitfahrer hat …?
Doro schaut auf ihr Gepäck: Vier große Umzugskisten, ein Stuhl, ein Körbchen mit ihren beiden Lieblingen und ein Katzenklo. Könnte gerade so in ein Auto reinpassen … Sie muss es einfach versuchen. Vielleicht muss sie diesen Jörg ordentlich belabern oder sogar angraben. Egal. Hauptsache, er macht ihren Umzug. Am Telefon hatte Jörg schon gesagt, dass er im Priesterseminar in Paderborn ist. Perfekt. Da wird er sie doch nicht einfach mit ihrem ganzen Zeug stehen lassen. Wo bliebe denn da die Barmherzigkeit? Und
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